Von den Restwertsorgen der deutschen Nachbarn ist derösterreichische
Fahrzeughandel bislang verschont geblieben. Das Schlimmste könnte
jedoch noch bevorstehen.
In Deutschland hat die Abwrackprämie zwar den Neuwagenmarkt
angeheizt, doch die Restwerte der Gebrauchten sind in den Keller
gefallen. Händler, die bei Leasinggeschäften Fixkalkulationen gewährt
haben, sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Verzweifelte Hilferufe
an die Hersteller, sogar eine Klage gegen den für die Wertermittlung
von Leasingrückläufern zuständigen Prüfkonzern Dekra sind die Folge.
Doch so mancher Händler wird den Ausgangs des Prozesses nicht mehr
erleben: Fünf Jahre lang würden die Restwerte unter dem Niveau von
2008 bleiben, warnt Michael Bergmann, Chef des Marktbeobachters
EurotaxSchwacke.
Seinösterreichischer Kollege Henrik Kinder schätzt die Situation
wesentlich gelassener sein: "Auch 2010 wird unser Gebrauchtwagenmarkt
in absoluten Zahlen stabil sein." Das stütze die Preise, sodass
lediglich in der Ober- und Luxusklasse "gewisse Restwertanpassungen"
nötig sein würden. Österreichals Insel der Seligen?
"Jeder hat Millionen verloren"
Renato Eggner, Operations Manager von Lease-PlanÖsterreich, zeichnet
ein ganz anderes Bild:
"Die Fuhrparkmanager haben im vergangenen Jahr europaweit
Millionenverluste gemacht. Ab der Mittelklasse gab es massive
Einbrüche, in der Oberklasse haben wir durchschnittlich 4.000 bis
5.000 Euro pro Fahrzeug verloren." Als führender unabhängiger
Flottenmanager sieht sich LeasePlan in der Lage, die Verluste
wegzustecken. Doch so manchem kleineren Anbieter könnte schon bald
die Luft ausgehen. Eggner untermauert den dramatischen Einbruch der
Restwerte mit Daten aus dem eigenen Unternehmen, das mit 4.000 Autos
pro Jahr einer der größten österreichischen Gebrauchtwagenvermarkter
ist. Anfang 2007 war ein "fuhrparkspezifisches Fahrzeug" der Kompakt-
bis Oberklasse nach vier Jahren und 120.000 bis 150.000 KilometerLaufleistung knapp 37 Prozent des Neupreises wert. Im Sommer wurde
ein Spitzenwert von mehr als 43 Prozent erreicht, 2008 war von einem
steilen Absturz geprägt. Anfang 2009 ließen sich nur noch etwas mehr
als 33 Prozent erzielen. Seither geht es leicht aufwärts, doch für
Eggner ist das nur einZwischenhoch: Wir rechnen mit einer
Stabilisierung auf dem Niveau des zweiten Quartals." Das würde knapp
35 Prozent des Listenpreises entsprechen.
Keine Entwarnung
Bedeutet die Krise der Fuhrparkmanager zwangsläufig eine Krise des
Fahrzeughandels? "Einige Unternehmen, die im Gegensatz zu uns keine
ausgeprägte Direktvermarktung betreiben, haben
Rücknahmevereinbarungen mit Händlern abgeschlossen. Die werden es im
Endeffekt sehr oft ausbaden müssen", sagt Eggner. Deutsche
Verhältnisse in Österreich?
Nicht ganz, beruhigen Händlervertreter. Von einer branchenweit
üblichen, vom Fahrzeughandel getragenen Restwertgarantie kann
hierzulande nämlich keine Rede sein. "Das wird maximal von einzelnen
Betrieben praktiziert", sagt Dr. Josef Lamberg, Obmann des
VW-Händlervereins. Ähnlich äußert sich BMW-Händlersprecher Dr.Rudolf
Weinmann, dessen Markenkollegen in Deutschland zur Verzweiflungsklage
gegen Dekra gegriffen haben.
Für eine Entwarnung ist es dennoch zu früh, denn der
Gebrauchtwagenmarkt funktioniert nach dem Prinzip der
kommunizierenden Gefäße: Die Krise unterscheidet weder zwischen
Fuhrparkmanagern und Autohändlern, noch macht sie an der Staatsgrenze
halt. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis Gebrauchtwagen zu
Kampfpreisen, die sich über andere Kanäle nicht mehr absetzen lassen,
auch das Kerngeschäft der Autohäuser beeinträchtigen.