Wie lange die Automobilkrise noch dauern wird, vermochte keiner der
Teilnehmer des AmCham Germany Automotive Day konkret zu sagen.
Sicher war man sich nur darin, dass das künftige Konzept der Branche
"Vernunft" heißen müsse. Dazu gehört laut Wolfgang Schneider von Ford
Europe, dass Überkapazitäten schnellstens abgebaut werden. Außerdem,
so Prof. Stefan Bratzel, Leiter Center of Automotive der
Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach, müssten in einemstagnierenden Markt bei gleichzeitig hoher Wettbewerbsintensivität
die Kosten deutlich gesenkt werden. Wie Schneider betont, hat Ford
sein Unternehmen vor diesem Hintergrund bereits frühzeitig
restrukturiert und 25 Prozent der weltweiten Überkapazitäten
abgebaut. Auch sei die Trennung von den Ford Premiummarken aufgrund
des hohen Finanzbedarfs sowie von den Mehrheitsverhältnissen an Mazda
in den USA ein richtiger Schritt gewesen. Die Tatsache, dass sich
Ford vor drei Jahren mit preiswertem Cash in Höhe von 20 Milliarden
Euro eingedeckt habe und heute bei kleinen Benzin sparenden und
umweltfreundlichen Fahrzeugen breit aufgestellt sei, sei ebenfalls
von Vorteil.
"Autoindustrie hat zu spät reagiert"
Gleichwohl kritisiert der Ford Europa Manager die Branche, dass man
zu spät auf die Umstellung von einer spaßgetriebenen hin zu einer
nachhaltigen Mobilität reagiert habe. Ziel sei die
NullEmissionen-Mobilität. Allerdings werde die Entwicklung von
Elektroautos noch lange Zeit dauern und mindestens das Doppelte an
Kosten verschlingen. Dennoch, so Schneider: "Wir müssen jetzt
anfangen. Die Gesellschaft fordert Elektroautos." Gewinner der neuen
E-Technologie könnten laut Bratzel dabei die Chinesen sein. Für Prof.
Jan-Welm Biermann von der RWTH Aachen werden effiziente
Verbrennungsmotoren aufgrund erprobter Prozesse jedoch noch lange am
Markt bestehen bleiben. Daher, so Biermann: "Wir sollten das eine
nicht lassen, das andere weiterverfolgen und unsere Entwicklungen
gegenüber der Öffentlichkeit richtig verkaufen." Wichtig sei zudem,
dass die Technik für den Kunden bezahlbar bleibe.
Ernstes Fazit
"Die Automobilindustrie befindet derzeit in einer kreativen
Zerstörung mit viel Visionen und wenig Konkretem", so Hans-Rudolf
Röhm, Global Manager von Deloitte. "Überleben wird nur der Anbieter,
der sich an sein Umfeld am besten anpasst", resümiert er.
Deloitte-Ausblick: "Eine neueÄra"
Die Automobilindustrie erfindet sich in einem grundlegenden Wandel
neu.
Die Branchenkonsolidierung setzt sich fort.
Kooperationen werden eine immer wichtigere Rolle spielen.
Im Jahr 2020 werden maximal zehn Hersteller 90 Prozent des
Weltmarktes beliefern.
Für 2015 wird mit einem weltweiten Absatz von 70 Millionen Fahrzeugen
gerechnet. Ein Großteil davon entfällt auf kleine, energieeffiziente
und kostengünstige Stadtautos.
Der Löwenanteil dieser Fahrzeuge wird in China und Südamerika
produziert, während Anbieter in Nordamerika, Westeuropa und Japan
neue Konzepte finden müssen, um ihren Marktanteil, beispielsweise
durch neue Antriebskonzepte zu halten.
Für die Branche bleibt das Verbraucherverhalten entscheidend.
Autokäufer in Industrieländern werden sich "wertbewusst", also für
"grüne Fahrzeugkonzepte" oder "viel Sicherheit und Qualität"
entscheiden.
Viele sehen im Elektroantrieb die Zukunft des Automobils.
In den aufstrebenden Märkten wird jedoch der Verbrennungsmotor in
effizienterer Form weiter eine dominante Rolle spielen.