InÖsterreich wurde aufgrund der EU-Richtlinie für den
Verbrauchsgüterverkauf im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB)
eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren fixiert. In Brüssel wird
darüber nachgedacht, diese Frist auf vier Jahre zu verlängern.
Dies
führt zu Protesten der Wirtschaft.Dabei wird übersehen, dass in
Österreich durch das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) schon bisher -
vor allem im Autohandel- vielfach eine fünfjährige
Gewährleistungsfrist gilt. Nur wissen das die meisten nicht.
Nach§16 KSchG gelten für "Abzahlungsgeschäfte" mit einem Kaufpreis
bis zu 25.000 Euro Sonderregelungen, insbesondere hinsichtlich der
Gewährleistung: § 23 KSchG verlängert die Gewährleistungsfrist über
die im §933 ABGB vorgesehene (zweijährige) Frist hinaus bis zur
Fälligkeit der letzten Teilzahlung. Der Gewährleistungsanspruch
bleibt somit bis zur Zahlung der letzten Rate aufrecht. Bis dahin
kann er gegen die eingemahnten oder eingeklagten noch ausständigen
Raten die "Einrede" der Mangelhaftigkeit des gekauften Autos - egal
ob neu oder gebraucht - einwenden.
§ 18 KSchG bestimmt, dass Umgehungen dieser Regelung unwirksam sind.
§ 19 legt dazu fest, dass es bei Kauf und Finanzierung des Autos auf
die "wirtschaftliche Einheit" dieser beiden Verträge ankommt. Der
Kauf kombiniert mit Leasing wird daher wirtschaftlich weitgehend mit
dem normalen Ratenkauf nach §16 gleichgesetzt. In der Regel laufen
die Leasingverträge fünf Jahre, daraus ergibt sich zwangsläufig auch
eine Gewährleistungsanspruch von fünf Jahren.
Für den Konsumenten birgt das KSchG einen weiteren Vorteil: Er kann
diese "Einrede" der mangelhaften Erfüllung des Kaufvertrages nicht
nur gegen den Autoverkäufer erheben, sondern auch gegen die
Leasinggesellschaft im Autohandel vielfach eine Tochtergesellschaft
des Kfz-Herstellers. Das hat den Nebeneffekt, dass sich der Konsument
nicht unbedingt auf den - oft schuldlosen - Autoverkäufer einschießen
muss. Er teilt seinem Leasinggeber einfach mit, dass er offene
Leasingraten mit den Reparaturkosten aus seinem
Gewährleistungsanspruch saldiert hat. Der muss sich dann allenfalls
knapp vor Auslaufen des Leasingvertrages -somit weit nach den
normalen zwei Jahren des ABGB - mit Produktionsfehlern des ihm
nahestehenden Produzenten herumschlagen.
Derösterreichische Gesetzgeber hat mit dem KSchG die "Verbraucher"
besonders wohlwollend behandelt. Aber auch in anderen 27 EU-Ländern
wurde die Gewährleistungsfrist weit über die zwei Jahre der
EU-Richtlinie ausgedehnt: In England etwa auf fünf Jahre, in Irland
auf bis zu sechs Jahre, in Hollandfür die Lebensdauer eines
Produktes. Aus der Sicht der EU schafft dies Wettbewerbsverzerrungen
und zwischenstaatliche Handelsbarrieren.
Bereits in einem Richtlinienvorschlag aus dem Jahr 2008 wurde daher
statt der bisherigen Mindestharmonisierung aus dem Jahr 1999 eine
Vollharmonisierung vorgeschlagen. In allen Ländern haben dann
ausnahmslos die gleichen Gewährleistungsvorschriften zu gelten.
Nationale Extrawürste über die EU-Richtlinie hinaus zugunsten der
Verbraucher - wie etwa im österreichischen KSchG - sollen künftig
ausgeschlossen sein. Um einen Aufschrei der Konsumentenschützer
vorzubeugen, sollen von Haus möglichst hohe Standards mit möglichst
langen Fristen eingeführt werden. Die Vorschläge schwanken zwischen
vier und zehn Jahren. Der Applaus der Verbraucherverbände ist damit
vorprogrammiert.
Der Handel hat damit keine Probleme - vorausgesetzt allerdings, dass
in einer derartigen Richtlinie auch der Gewährleistungsregress bis
hin zum Hersteller festgeschrieben wird. Andernfalls besteht die
Gefahr, dass die Gewährleistungskosten beim Endverkäufer -also dem
Autohaus- hängen bleiben. Dieser Mehraufwand muss zwangsläufig bei
den "normalen" Service- und Reparaturarbeiten auf die Kunden
übergewälzt werden, womit der Konsument die Kosten der vollmundig
versprochenen Verlängerung der Gewährleistungsfrist selbst zu
berappen hätte. Was kaum im Sinne der "Erfinder" dieses neuen
Gesetzesvorschlages gelegen sein dürfte.