Weitere Klarheit schafft nunmehr ein Urteil des deutschen Bundesgerichtshofes (VIII ZR 17/09), zumal die Judikatur des BGH vielfach auch von österreichischen Gerichten berücksichtigt wird.

Einen vom Hersteller zu bezahlenden Ausgleichsanspruch gibt es nur für jene Stammkunden, die innerhalb von fünf Jahren nach dem Erstkauf neuerlich ein markengleiches Auto gekauft haben. Dafür ist der gekündigte Händler beweispflichtig. An das Vorliegen der Stammkundeneigenschaft dürfen laut BGH jedoch nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Somit werden auch Neuwagenkäufe von Familienmitgliedern zu diesen Neuwagenkäufen hinzugerechnet. Auch Verkäufe von Kurzzulassungen zählen als Neuwagengeschäfte mit Stammkunden: "Von Neuwagenverkäufen kann nur dann nicht gesprochen werden, wenn das Fahrzeug bereits gebraucht war", so der BGH.

Dem Provisionsverlust des Händlers wird ein Prognosezeitraum von fünf Jahren zugrunde gelegt. Berechnungsbasis ist der Roherlös (auf Basis der vorgegebenen Listenpreise), von dem vorweg 29 Prozent für "händleratypische Leistungen" abzuziehen sind. Hinzu kommen danach sämtliche vom Hersteller bezahlten Bonifikationen, was bisher oft umstritten war.

Für sämtliche die künftigen Provisionen des Händlers mindernden Verluste ist der Importeur beweispflichtig. Der BGH hat dabei -zusätzlich zu dem Abschlag von 29 Prozent von den Händler-Bruttopreisen -weitere 2,5 Prozent für "verwaltende Tätigkeiten" in Abzug gebracht. Weiters wurden 25 Prozent für die "Sogwirkung der Marke"(in diesem Fall Volvo) in Anschlag gebracht. Bei Fortsetzung der Geschäftsverbindung als Vertragswerkstätte ist aus Billigkeitserwägungen ein weiterer Abschlag von 5 Prozent vorzunehmen. Bleibt der gekündigte Händler als Vermittler oder Agent für die Marke tätig, wurden weitere 5 Prozent vom Rohausgleich in Abzug gebracht.

Ausösterreichischer Sicht ist besonders von Interesse, dass der BGH bereits seit Jahren bei seiner Berechnung keinen Abschlag für das "Abwanderungsrisiko" vornimmt. Es handelt sich dabei um das Risiko, dass ein Teil der vom Händler geworbenen Stammkunden bei dessen Markenwechsel zu dieser neuen Marke abwandert. Aus der Sicht des BGH gleicht sich dieses Risiko jedoch mit der Wahrscheinlichkeit aus, dass die im letzten regulären Geschäftsjahr für die Marke neu gewonnenen Kunden teilweise Stammkunden werden. Der BGH saldiert somit diese "potenziellen Stammkunden" mit dem "Abwanderungsrisiko" und kann somit beides unberücksichtigt lassen.

InÖsterreich hat das Oberlandesgericht Linz bereits vor Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass für den Hersteller nicht nur die bereits existenten Stammkunden, sondern auch die "potenziellen Stammkunden" einen über das Vertragsende hinaus wirkenden Wert darstellen. Eine Tatsache, mit der sich der Oberste Gerichtshof (OGH) bisher allerdings nicht beschäftigt hat.

Österreichs Händler und Importeure haben weiters das Problem, dass aus der Sicht des OGH die Berechnung des Ausgleichsanspruches stets "eine Frage des Einzelfalles" ist. Es steht somit im freien Ermessen der Untergerichte, welcher Berechnungsmethode sie im Einzelfall den Vorzug geben. Danach stehtes im freien Ermessen des OGH, ob er sich mit dieser Ausgleichsermittlung auseinander setzt -oder nicht. Das macht jeden Prozess zu einem für die Betroffenen recht schwer kalkulierbaren Risiko. Das klärende Urteil des BGH wird aber zweifellos auch in Österreich zu einer Stärkung der Position des Handels führen.