Das Wiener Bezirksgericht für Handelssachen wird nun zu klären haben (14C 258/2011f), ob die Vorstellungen der Autofahrer vom Konsumentenschutz gedeckt sind oder nicht. Anlassfall ist ein altes Modell des Hyundai Santa Fe, für das der Importeur eine Rückrufaktion gestartet hat, da der Rost an deren Hinterachsen knabbert.Insgesamt dürften davon noch rund 150 Stück auf den heimischen Straßen unterwegs sein.

Deren Besitzer wurden vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz mit Schreiben vom 17. November 2010 informiert, dass "eine Kontrolle der Hinterachse bei allen Santa Fe-Modellen im Produktionszeitraum 2000 bis 2003" notwendig sei. Wörtlich hieß es: "Die Bestandteile der Hinterachsen müssen auf Korrosion überprüft werden, um festzustellen, ob ein vorzeitiges Altern vorliegt. Da es sich um einen wesentlichen Bestandteil des Fahrzeuges handelt, könnte sich Korrosion nachteilig auswirken." Höflich wurde um eine Kontaktaufnahme als "Mithilfe im Zuge dieser wichtigen Qualitätsverbesserung" ersucht: "Die kostenlose Kontrolle sowie der eventuell notwendige Austausch dieser Teile erfolgt durch die Hyundai-Vertragswerkstätte."

Geld zurück?

Der davon betroffene Naoufel Tabib fuhr mit seinem Auto zur Werkstätte seines Vertrauens. Diese stellte als Subwerkstätte der Firma Fraenkel und Kirchner fest, dass beide Querlenker durchgerostet waren. Der eine ließ sich problemlos austauschen. Beim anderen musste die gesamte -komplett verrostete -Antriebseinheit herausgeschnitten und erneuert werden, mit Antriebswelle, Radlager, Radnabe, Gehäuse und Ankerplatte. Dafür wurden Tabib im Zuge der Rückrufaktion 50 Prozent der Ersatzteilkosten (691,18 Euro) in Rechnung gestellt, die er knirschend zahlte, da ihm andernfalls das reparierte Auto nicht ausgefolgt worden wäre. Diesen Betrag will er nunmehr mithilfe seines Anwaltes Dr. Bernhard Krause von Hyundai oder von der Werkstätte wieder zurück bekommen.

Zwischen den Stühlen

Hyundais Rechtsbeistand Dr. Karl Schleinzer bestreitet, dass die Denzel-Tochter mit dieser Sache etwas zu tun habe. Sie sei bloß Generalimporteur -verantwortlich für den Rückruf sei aber der Hersteller, die Hyundai Motor Company in Korea. Diese habe die Aktion angeordnet. Der Kläger Tabib sei mit der Denzel-Gruppe nie in irgendeinem Vertragsverhältnis gestanden, es liege somit "mangelnde passive Klagslegitimation" vor.Wenn er Geld zurück zu bekommen habe, dann nur von der Werkstätte, welche die Arbeit durchgeführt habe.

Deren Hausanwalt Dr. Werner Schostal verweist darauf, dass im Rückrufschreiben ausdrücklich nur von einer kostenlosen Kontrolle, jedoch nicht von einem kostenlosen Austausch die Rede war: "Der Kläger hätte für das Kfz im damaligen Zustand nie ein Pickerl erhalten. Die normalen Mängelbehebungskosten hätten ca. 3.500 bis 4.000 Euro ausgemacht." Der Kunde habe die Möglichkeit genutzt, dass ihm in Kulanz 50 Prozent auf die Ersatzteile gewährt worden seien. Die Arbeitszeit -fast 10 Stunden -sei ihm überhaupt nicht in Rechnung gestellt worden. Darüber hinaus habe der Kunde auf Kosten der Werkstätte eine Woche lang einen Ersatzwagen bekommen. Insgesamt habe der Betrieb durch diesen Rückruf bei Tabib ein Defizit von 1.009,60 Euro erlitten, das dem Kunden nicht verrechnet worden sei. Dieser Betrag sei gegen die Klagsforderung aufzurechnen.

"Verletzung einer Warnpflicht"

Aus Sicht des Kundenanwalts Dr. Bernhard Krause ist es völlig ohne Relevanz, welche Kosten beim Rückruf entstehen und welche der Importeur einer Werkstätte bei einem Rückruf ersetzt -oder nicht. Der Betrieb wäre verpflichtet gewesen, bei Übernahme des Fahrzeuges ausdrücklich darauf zu verweisen, dass "damit Kosten erwachsen würden". Diese Pflichtgelte auch für den Importeur, denn nach §3 des Produktsicherheitsgesetzes haften für Qualitätsmängel alle, die ein Produkt in Verkehr gesetzt haben. Aus dem Hyundai-Schreiben habe ein Kunde keinesfalls entnehmen können, dass damit Kosten auf ihn zukämen. In 99 Prozent aller Fälle würden Rückruf-Reparaturen kostenlos erfolgen, es liege somit die Verletzung einer Warnpflicht vor.

In der Klemme

Der Rückruf-Experte des ÖAMTC Robert Czarnecki sieht die Hersteller und Importeure bei der Formulierung des Rückrufs in einer Klemme: Verweist er auf die damit verbundenen Kosten, dann kommen zahlreiche Besitzer älterer Autos nicht in die Werkstätte. Sie nehmen angesichts einer im Verhältnis zum Wert des Fahrzeuges teuren Reparatur ein Unfallrisiko in Kauf. "Wenn dann wirklich etwas passiert, kann der Hersteller verantwortlich gemacht werden", bevorzugen deshalb fast alle Importeure, Rückrufe tatsächlich "kostenlos" zu machen. Eine gesetzliche Verpflichtung besteht nach Czarneckis Beurteilung dazu allerdings nicht. Da das nicht der Fall ist, sollten "loyale Hersteller schon auf derartige Kosten verweisen".

Eine Sache der "Gebundenen"

In den USA ist Derartiges nicht erforderlich. Dort wurden 2008 durch eine starke Konsumenten-Lobby die Befugnisse der Verbraucherschutzbehörde (Consumer Product Safety Commission -CPSC) stark erweitert. Dort kann ein Kunde anlässlich eines Rückrufes nur zur Kasse gebeten werden, wenn er vorher ausdrücklich auf die bei der Reparatur anfallenden Kosten aufmerksam gemacht wurde. Damit hat er die Möglichkeit, diese Arbeiten bei einerbilligeren Konkurrenz durchführen zu lassen.

Im Fall Tabib ist jedoch kaum anzunehmen, dass eine freie Werkstätte bereit gewesen wäre, diese Hinterachsreparatur zu den vom Importeur vorgegebenen Konditionen durchzuführen. Derartige "Geschäfte" überlässt man von Herzen gern den vom Hersteller gebundenen Vertragspartnern.