Im 20. Jahrhundert ist die Automobilindustrie zu einem der weltweit größten und wichtigsten Wirtschaftszweige geworden. Daran hat sich bis heute nichts geändert, doch auf die Konzernlenker komme harte Arbeit zu, meint Thompson:"Die grüne Welle, die vor rund vier Jahren losgetreten wurde, wird nicht an Wucht verlieren. Mittlerweile ist sie aber nur mehr einer von mehreren, miteinander verknüpften Aspekten", sagt der Stratege, der nach seiner Offizierskarriere in der US Army bei Federal Mogul, Continental, Honeywell und Webasto tätig war.

Die Spieler

Wer macht das Rennen? "Wie immer wird das davon abhängen, wie intelligent die Spieler ihre Karten ausspielen", so Thompson. Einer der Wettbewerber hat einige Asse im Ärmel: Volkswagen. Während GM noch immer auf der Intensivstation liegt und Toyota vor Kurzem am Rande des PR-Abgrunds gewandelt ist, gingen die Wolfsburger aus den vergangenen Monaten gestärkt hervor.

"VW geht nun daran, den Vorsprung im Rennen um die unangefochtene weltweite Marktführerschaft abzusichern", sagt Thompson. Neben den Schlagworten Porsche, MAN und Suzuki verweist er vor allem auf die starke Position , die der Konzern in den "Emerging Markets" hat.

Entscheidung im Osten

"Das Schlüsselwort in der heutigen Autoindustrie lautet BRIC", so Thompson. "Brasilien, Russland, Indien und China werden in den nächsten fünf bis zehn Jahren für 85 Prozent des Wachstums verantwortlich sein." Wer in diesen Ländern stark ist, hat die Nase vorn: Das habe VW sehr früh erkannt und produziere beispielsweise schon 20 Modelle in neun chinesischen Werken.

Wie groß das Potenzial ist, zeigt die Tatsache, dass Experten für das Jahr 2050 einen weltweiten Bestand von 3,2 Milliarden Autos prognostizieren. Derzeit sind es erst 800 Millionen. Doch schon 2020 soll jeder zehnte Chinese ein eigenes Auto haben und 2025 wird das Reich der Mitte laut dem Branchendienstleister "Global Insight" beinahe fünf Mal so viel Treibstoff verbrauchen wie im Jahr 2000.

Europäische Überkapazitäten

In Europa sieht die Situation ganz anders aus: Einer Produktionskapazität von 18 Millionen Stück standen 2009 nur rund 14 Millionen Verkäufe gegenüber, und das teilweise nur dank der teuren Abwrackprämie in Deutschland. "Radikale Restrukturierungen würden angebracht erscheinen, doch die einzige bislang angekündigte Schließung betrifft das Opel-Werk in Antwerpen, das im vergangenen Jahr gerade einmal 90.000 Autos produziert hat", sagt Thompson. "Die große Frage ist, welcher Konzern sich am besten anpassen kann, wenn man den extremen wirtschaftlichen, politischen und gewerkschaftlichen Druck bedenkt."

Neues Denken nötig

Elektrisierung, Vernetzung, Emissionen, Sicherheit und globale Integration: Das sind die Schlüsselthemen, denen sich die Mitspieler laut Thompson stellen müssen. Konkret würden drei Aspekte über Erfolg oder Scheitern entscheiden: "Erstens werden Autos klüger, müssen aber immer noch an die Marktbedürfnisse angepasst werden. Zweitens orientieren sich die Entwicklungs-und Produktionsprozesse immer noch an Normen aus den Neunzigerjahren. Vernetzte Forschungs- und Entwicklungsteams könnten beispielsweise den Zeitraum bis zur Markteinführung signifikant verkürzen, doch die Autofirmen investieren anderswo."

Als dritten Punkt nennt Thompson Allianzen und Kooperationen -nicht nur mit anderen Autobauern, sondern auch mit Zulieferern und Kunden: "Während die Gesellschaft immer stärker soziale Netzwerke nützt, fokussiert sich die Fahrzeugindustrie immer noch darauf, bessere Autos zu bauen, anstatt ihre Vorteile aus besser informierten und vernetzten Kunden mit ihrem neuen Erwartungshorizont zu ziehen." Der moderne Endverbraucher, ist Thompson überzeugt, weiß genau, was er will: Und er will es genau "jetzt".