Europaweit sinken Neuwagenverkäufe und Händlererträge. Dennoch kann
die Trendwende gelingen: Das bewies beim "European Car Dealer Day" in
Verona der Vergleich mit den USA.
Totgesagte leben länger: Das gilt auch für die US-Autoindustrie.
Heuer werde der Pkw-Markt auf 14,9 Millionen und bis 2015 gar auf
16,9 Millionen Stück klettern, berichtete Albert Gallegos, Funktionär
der Händlervereinigung NADA, seinen staunenden europäischen Zuhörern.
"Auch die Profitabilität wird in den nächsten Jahren weiter wachsen",
so Gallegos. Im Jahr 2000 habe ein durchschnittlicher US-Händler
einen Gewinn von 455.924 Dollar erwirtschaftet. Im Krisenjahr 2008
sei dieser Wert zwar auf 277.045 Dollar eingebrochen, doch 2011
bereits auf 738.000 Dollar gestiegen.
Europa im Minus
Am alten Kontinent sieht die Situation anders aus. "Europaweit
rechnen wir heuer mit einem Minus vonüber 7 Prozent", sagte Jaap
Timmer, holländischer Mehrmarkenhändler und Aufsichtsrat bei Opel.
Darüber hinaus steht Timmer den "European Car Dealers" vor -einer
Interessenvertretung für Markenbetriebe, die seit dem Vorjahr die
italienische Fachmesse "Automotive Dealer Day" für ein
internationales Gipfeltreffen nützt.
Rezepte für mehr Ertrag
"Der Markt wird kleiner, die verkauften Autos werden kleiner. Das
schlägt sich auf die Margen nieder", schilderte Timmer die
europäische Realität. Daher sind einerseits die Hersteller gefordert:
Sie belasten den Handel beispielsweise mit baulichen Standards, deren
Wirkungslosigkeit in den USA sogar wissenschaftlich belegt wurde.
Andererseits können die Händler selbst gegensteuern, indem sie die
"gewaltigen Chancen" des Internets nutzen, berichtete Trevor Finn aus
seinem Firmenalltag: Der CEO der britischen Handelsgruppe Pendragon
ließ eine marken-und modellunabhängige Suchmaschine für Gebrauchte
und ein Onlineportal zur Serviceterminvereinbarung entwickeln.
Neufahrzeuge präsentiert er auf seinen Homepages nicht mit den
Herstellerpreisen, sondern immer mit besonders vorteilhaften eigenen
Angeboten.
Albert Still, Gründer der AVAG Holding, setzt zur Krisenbewältigung
auf "Risikodiversifizierung bei Märkten und Marken." Außerdem wird
weiter expandiert -Chancen zur Übernahme angeschlagener Konkurrenten
gebe es schließlich genug, so Still, der eine klare Volumenstrategie
verfolgt: "Wenn wir im Autohandel Geschäfte machen wollen, brauchen
wir hohe Stückzahlen und niedrige Kosten."
"Keine Vision für die Zukunft"
Die beste Strategie kann freilich an den politischen
Rahmenbedingungen scheitern. Genau davor warnte Ford-Manager Dr.
Wolfgang Schneider: "Regulierung rauf, Schutz runter und keine Vision
für die Zukunft" lautet seine ernüchternde Analyse der derzeitigen
EU-Politik. Hinzu komme das massive Ungleichgewicht zwischen Angebot
und Nachfrage: Bis 2015 werde europaweit eine Pkw-Produktion von 22
Millionen Stück einem Absatz von lediglich 14,5 Millionen Stück
gegenüberstehen.
"Die Politik muss anerkennen, dass wir Restrukturierungen brauchen,
um wieder eine vernünftige Wettbewerbsfähigkeit zu erlangen", so
Schneider. Bisher seien die dringend nötigen Werksschließungen aber
"gesellschaftlich nicht akzeptabel" - ganz im Gegensatz zu den USA,
wo der Strukturwandel auch Stückzahldruck vom Autohandel genommen
hat. (HAY)