Ob zweijährige Kündigungsfrist oder Kündigungsbegründung, ob freie Betriebsveräußerung innerhalb einer Markenorganisation oder unparteiische Schiedsgerichte: Mit diesen Schutzbestimmungen für Autohändler ist es ab 1. Juni 2013 vorbei. Mit dem Ende der Kfz-GVO drohen außerdem massive Behinderungen des Mehrmarkenhandels, und zwar nicht nur für zukünftige, sondern auch für bestehende "Multi-Franchise-Betriebe".

Wie gegensteuern? Die EU-Richtlinien für Handelsvertreter sollten auf die Autobranche ausgeweitet werden, lautet die neue Forderung der Händlervereinigung CECRA: "Wir wollen einen reibungslosen Übergang", sagten Präsident Jean-Paul Bailly und Generaldirektor Bernard Lycke beim "Automotive Dealer Day", einer Mitte Mai in Verona abgehaltenen Branchentagung.

"Lauter gehört werden"

Bislang sind die Händler auf eine Mauer der Ablehnung gestoßen. Das ist auch dem Holländer Jaap Timmer, Vertreter der Markenbetriebe innerhalb der CECRA und gleichzeitig Opel-Händlersprecher, bewusst: "Wir wollen verhandeln, nicht kämpfen. Doch wir sind keine Sklaven." Timmer will daher "nichts unversucht lassen, um sicherzustellen, dass die Stimme der Händler in Brüssel lauter gehört wird als in den vergangenen Jahren".

Unsichere Aussichten

Welche handfesten Auswirkungen der Wegfall der Kfz-GVO haben könnte, zeigt das Beispiel von "Autopolis": Unter diesem Namen hat Ed Goedert in Luxemburg ein Autohaus aufgebaut, das mit 12 Marken 4.500 Neufahrzeuge und 1.500 Gebrauchte absetzt. "Unser Name ist unsere größte Stärke", bringt Goedert seine Philosophie auf den Punkt. Zwar erfüllt man alle Standards -doch was tun, wenn sich die Autobauer künftig entscheiden, mit vier oder fünf leichter kontrollierbaren "Kleinen" zusammenzuarbeiten?

Auch ohne GVO-Ende werde das wirtschaftliche Umfeld immer schwieriger, ergänzt der britische Branchenexperte Dr. Andrew Tongue. Das gelte vor allem für den lebensnotwendigen Servicebereich: Gegenüber 2008 werde die Zahl der Werkstattdurchgänge bis 2015 in Deutschland um 17, in Frankreich um 20 und in Italien gar um 23 Prozent zurückgehen.

"Kein Druck von außen"

Ist das GVO-Ende ein Musterbeispiel für ebenso erfolgreiches wie rücksichtsloses Lobbying seitens der Autohersteller? Keineswegs, versicherte Dr. Stephan Simon von der EU-Wettbewerbskommission, der sich in Verona mit bemerkenswerter Offenheit der Diskussion stellte: "Vor unserer Entscheidung hat es keinerlei Druck von außen gegeben." Simon will sich in die Diskussionen zwischen Händlern und Herstellern nicht unmittelbar einbringen, bietet sich aber an, bei der Gesprächsanbahnung behilflich zu sein.

Der Spielraum für derartige Verhandlungen sei aber eingeschränkt, machte auch Marc Greven, Chefjurist der Herstellervereinigung ACEA, deutlich: So könnten sich die Autobauer zwar einen freiwilligen "Verhaltenskodex" mit zweijähriger Kündigungsfrist und Schiedsgericht vorstellen, nicht aber ein darüber hinausreichendes Entgegenkommen.

Die CECRA wünscht sich dagegen Vereinbarungen wie den Ersatz aller bei Vertragsende nicht amortisierten Investitionen. Viel Zeit, dies umzusetzen, bleibt nicht mehr: Das ist auch den Händlervertretern bewusst.