Mit diesen Fragen hat sich die Europäische Kommission anlässlich der Einführung der damals neuen Kfz-GVO im Jahr 2002 auseinandergesetzt. Acht Jahre später erhebt sich nun die Frage, ob das Ende dieser GVO den Kfz-Herstellern die Möglichkeit gibt, ihren Vertragswerkstätten Bezugspflichten aufzuerlegen.

Freie Wahl für Werkstätten

Generell gilt die auslaufende Kfz-GVO nur für Pkws und Lkws, nicht jedoch für den Zweiradbereich. Für diesen gilt nur die sogenannte Schirm-GVO, die den Herstellern von Haus aus eine wesentlich straffere Bindung ihrer Vertriebspartner ermöglicht. Mit der branchenspezifischen Kfz-GVO 1400/2002 wurde die Sicherung des Wettbewerbes auf demErsatzteilmarkt angestrebt. Dafür enthält sie eine Reihe von Kernbeschränkungen, die es den Kfz-Herstellern und Importeuren verbieten, den Bezug von Originalersatzteilen und qualitativ gleichwertigen Produkten zu beschränken. Den Vertragswerkstätten steht es somit frei, diese Waren von jedem Lieferanten ihrer Wahl zu kaufen. Im Leitfaden zur bisherigen Kfz-GVO wurde in der Frage 2 klargestellt, dass "bestimmte Waren wie Schmieröle und Lacke sowie generische Produkte wie Schrauben, Muttern zwei -oder mehr -Einsatzbereiche haben können". In der Praxis gelten sie nur dann als Ersatzteile im Sinne der GVO, wenn der Käufer eine Kfz-Werkstätte betreibt. Sind Tankstellen, Supermärkte oder Heimwerkergeschäfte die Abnehmer, gelten Schmieröle nicht als Ersatzteile.

Ölbezug ohne Behinderungen

SobaldÖl als Ersatzteil gilt, darf nach der Zielsetzung der bisherigen Kfz-GVO die Freiheit des Ölbezuges nicht durch Garantiebestimmungen der Autohersteller unterlaufen werden. In Frage 37 wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass die für eine Garantie vorgeschriebenen Servicearbeiten auch von freienWerkstätten durchgeführt werden können, ohne dass der Kunde seinen Garantieanspruch gegen den Hersteller verliert. Es muss nur sichergestellt sein, dass die Arbeiten technisch einwandfrei erledigt werden. Alles andere würde den "wirksamen Wettbewerb mit dem zugelassenen Netz hindern".

Damit wurde gleichzeitig klargestellt, dass der Kfz-Hersteller denÖlbezug nicht behindern darf. Der Garantieanspruch eines Pkw-Kunden bleibt daher so lange aufrecht, solange das von der Werkstätte verwendete Öl die technischen Spezifikationen des Herstellers erfüllt. Sobald dieser ein Öl überprüft und freigegeben hat, gibt es auf den Ölbezug der Kunden keinen Einfluss mehr. Dies gilt auch für verlängerte Garantien, die über die zweijährige Gewährleistungsfrist hinausgehen.

Wichtige Marktanteilsgrenze

Ob das auch nach derÄnderung der GVO für den Werkstättenbereich so bleibt, ist derzeit noch unklar. Die Schirm-GVO trifft dafür jedenfalls keine spezielle Regelung. Die Möglichkeit einer weitgehenden Bindung der Vertriebspartner -auch beim Ölbezug -gibt es unter der Schirm-GVO allerdings nur dann, wenn der Marktanteil des Kfz-Herstellers und seines gebundenen Netzes beim Servicegeschäft unter 30 Prozent liegt. Die Kommission geht davon aus, dass alle Autobauer bei den spezifischen, markengebundenen Servicearbeiten über dieser Quote liegen.

Garantiebedingungen, mit denen dem Kunden die Verwendung eines bestimmtenÖls eines bestimmten Herstellers aufgezwungen wird, obwohl es gleichwertige und freigegebene Konkurrenzprodukte gibt, dürften somit rechtswidrig bleiben. Sollte dem Kunden wegen seiner Ölauswahl der Garantieanspruch verweigert werden -was immer wieder vorkommt -, kann er diesen gegen den Garantiegeber einklagen. Zu einem derartigen Prozess hat es bisher jedoch noch niemand kommen lassen.