Im Vorjahr ist der Umsatz von AVL weltweit um 28 Prozent auf 830
Millionen Euro gewachsen. Ein Gespräch mit AVL-Chef Helmut List zum
runden Geburtstag.
Seit 33 Jahren ist Helmut List Vorsitzender der Geschäftsführung der
AVL List GmbH in Graz. Vor wenigen Wochen feierte er seinen 70.
Geburtstag. In einem Alter, wo andere längst in Pension sind, ist von
Müdigkeit nichts zu spüren. Die Frage, wie lange er noch mit voller
Energie im Unternehmen tätig sein wolle, kostet List nur ein Lächeln.
"DieArbeit macht viel Spaß, und ich glaube, dass ich noch Einiges
beitragen kann", meint er ausweichend. Schon jetzt fälle nicht er
allein die Entscheidungen, das Unternehmen habe eine starke
Führungsmannschaft: "AVL wird aber auf jeden Fall eigenständig sein
und auch über meine Zeit hinaus im Familienbesitz bleiben."
So gut wie jeder Autohersteller der Welt lasse das eine oder andere
Projekt bei AVL entwickeln, sagt List -ganz egal ob
Verbrennungsmotoren, Hybridoder Elektroantriebe oder Getriebe: " Es
gibt kein Unternehmen auf der Welt, das all diese Dinge in diesem
Umfang anbieten kann." Von den globalen Kunden komme etwa die Hälfte
aus dem Automobilbereich. "Doch es gibt natürlich auch Kunden, die
Großmotoren für Schiffe oder stationäre Anlagen herstellen. Die 10
größten globalen Kunden machen die Hälfte unseres Umsatzes aus."
Welcher Motor wird sich durchsetzen?
List glaubt, dass zumindest mittelfristig Verbrennungs-und
Elektroantrieb nebeneinander existieren werden, und zwar in diversen
Mischformen: Er spricht von "fünf Elementen": Verbrennungsmotor,
Getriebe, Elektromotor, Batteriesystem und Regelungssystem. "Alle
Arten dazwischen sind denkbar, also Leicht-oder Vollhybrid,
Elektroantrieb mit oder ohne Range Extender. Man kann Motoren und
Getriebe kombinieren, kann mehr Drehmoment dem E-Motor zuordnen oder
auch dem Verbrennungsmotor. Da sind wir erst am Anfang."
Ob es für diese doch recht teure Technik finanzielle Anreize geben
müsse, wollen wir von List wissen: "Kein Staat kann es sich leisten,
alle alternativen Antriebe zu fördern. Aber Elektroantriebe müssen
mit staatlichen Förderungen jenen Aufwind finden, mit dem sie dann
sukzessive ausgeweitet werden können." Bei Verbrennungsmotoren gebe
es noch viel Potenzial: "Diesel haben einen Wirkungsgrad von 32
Prozent, doch von der Physik her könnten wir auch 68 Prozent
erreichen. Aber 50 Prozent sollten realisierbar sein."
"Sonderkonjunktur" für AVL
Mit weltweit 5.250 Mitarbeitern - davon etwa die Hälfte in Österreich
-habe AVL mittlerweile eine Größe und Kompetenz erreicht, wo man
viele Dinge anders anpacken könne als bisher. So habe man in den
vergangenen zehn Jahren weltweit in Kooperation mit örtlichen
Universitäten einzelne Technical Center aufgebaut, um Projekte nahe
am Kunden entwickeln zu können. Anzeichen für eine neuerliche
Wirtschaftskrise bemerkt List derzeit nur ansatzweise: "Wir sehen,
dass bei einigen Kunden sehr wohl Sparprogramme eingeleitet werden,
doch wir sehen noch keine Verlangsamung für uns." Er glaubt, dass es
für AVL sogar so etwas wie eine "Sonderkonjunktur" geben werde, da
die CO2-Reduktion überall eine hohe Priorität besitze und AVL hier
eine hohe Kompetenz habe.