Seit 33 Jahren ist Helmut List Vorsitzender der Geschäftsführung der AVL List GmbH in Graz. Vor wenigen Wochen feierte er seinen 70. Geburtstag. In einem Alter, wo andere längst in Pension sind, ist von Müdigkeit nichts zu spüren. Die Frage, wie lange er noch mit voller Energie im Unternehmen tätig sein wolle, kostet List nur ein Lächeln. "DieArbeit macht viel Spaß, und ich glaube, dass ich noch Einiges beitragen kann", meint er ausweichend. Schon jetzt fälle nicht er allein die Entscheidungen, das Unternehmen habe eine starke Führungsmannschaft: "AVL wird aber auf jeden Fall eigenständig sein und auch über meine Zeit hinaus im Familienbesitz bleiben."

So gut wie jeder Autohersteller der Welt lasse das eine oder andere Projekt bei AVL entwickeln, sagt List -ganz egal ob Verbrennungsmotoren, Hybridoder Elektroantriebe oder Getriebe: " Es gibt kein Unternehmen auf der Welt, das all diese Dinge in diesem Umfang anbieten kann." Von den globalen Kunden komme etwa die Hälfte aus dem Automobilbereich. "Doch es gibt natürlich auch Kunden, die Großmotoren für Schiffe oder stationäre Anlagen herstellen. Die 10 größten globalen Kunden machen die Hälfte unseres Umsatzes aus."

Welcher Motor wird sich durchsetzen?

List glaubt, dass zumindest mittelfristig Verbrennungs-und Elektroantrieb nebeneinander existieren werden, und zwar in diversen Mischformen: Er spricht von "fünf Elementen": Verbrennungsmotor, Getriebe, Elektromotor, Batteriesystem und Regelungssystem. "Alle Arten dazwischen sind denkbar, also Leicht-oder Vollhybrid, Elektroantrieb mit oder ohne Range Extender. Man kann Motoren und Getriebe kombinieren, kann mehr Drehmoment dem E-Motor zuordnen oder auch dem Verbrennungsmotor. Da sind wir erst am Anfang."

Ob es für diese doch recht teure Technik finanzielle Anreize geben müsse, wollen wir von List wissen: "Kein Staat kann es sich leisten, alle alternativen Antriebe zu fördern. Aber Elektroantriebe müssen mit staatlichen Förderungen jenen Aufwind finden, mit dem sie dann sukzessive ausgeweitet werden können." Bei Verbrennungsmotoren gebe es noch viel Potenzial: "Diesel haben einen Wirkungsgrad von 32 Prozent, doch von der Physik her könnten wir auch 68 Prozent erreichen. Aber 50 Prozent sollten realisierbar sein."

"Sonderkonjunktur" für AVL

Mit weltweit 5.250 Mitarbeitern - davon etwa die Hälfte in Österreich -habe AVL mittlerweile eine Größe und Kompetenz erreicht, wo man viele Dinge anders anpacken könne als bisher. So habe man in den vergangenen zehn Jahren weltweit in Kooperation mit örtlichen Universitäten einzelne Technical Center aufgebaut, um Projekte nahe am Kunden entwickeln zu können. Anzeichen für eine neuerliche Wirtschaftskrise bemerkt List derzeit nur ansatzweise: "Wir sehen, dass bei einigen Kunden sehr wohl Sparprogramme eingeleitet werden, doch wir sehen noch keine Verlangsamung für uns." Er glaubt, dass es für AVL sogar so etwas wie eine "Sonderkonjunktur" geben werde, da die CO2-Reduktion überall eine hohe Priorität besitze und AVL hier eine hohe Kompetenz habe.