Chrysler

Die Marke mit dem wohl stärksten Österreichbezug. Mit dem schlicht Minivan genannten Minivan erfand Chrysler in den 1980ern eine ganze Fahrzeugklasse mit, die vielleicht auch für Europa interessant sein könnte. Warum also nicht gleich vor Ort bauen? Bei Magna in Graz wurde man bei der Partnersuche fündig, und die 1990er wurden zum bahnbrechenden Erfolg. Verkäufer gingen dank der hohen Nachfrage selten mit weniger als 50.000 Schilling monatlich nach Hause, die Vorsteuerabzugsregelung schien dank der „Lex Chrysler“ zudem wie auf den Voyager zugeschnitten. In diesem Fahrwasser versuchten die Amerikaner, weitere Modelle in Europa zu lancieren, doch all die Neon, Saratoga und Vision versagten klaglos. Das Ende kam in den frühen 2000ern, als die Europäer mehr und mehr Minivans auf den Markt brachten. Als die Produktion des PT Cruiser Diesel in Graz nach nur einem Monat wieder eingestellt wurde, weil es günstiger war, diese in Mexiko zu fertigen und dann zu importieren, schien das Ende besiegelt. Die Chrysler Corporation ging an Fiat, und der letzte Voyager durfte unter dem Namen Lancia noch vergeblich auf Käufer warten.

Daewoo/Chevrolet

In Europa als Hersteller Fuß fassen, kann man auf unterschiedlichste Art und Weise. General Motors tat dies zum Beispiel, indem sie die insolvente südkoreanische Firma Daewoo schluckte und deren Modelle einfach unter neuem Label bei uns weiterverkaufte. Das passt zum wirren Auftreten in der alten Welt, mit dem Daewoo bei uns anfing. So bediente man sich zu Beginn bei FSO aus Polen, um mit Polonez-Pick-ups, die ihrerseits wieder auf noch älteren Fiats basierten, Fuß zu fassen. Spätere Modelle wie der Nexia, der Lacetti oder der Kalos waren allesamt preislich mehr als weit unten angesiedelt, konnten bei der Technik aber auch nicht mit der teureren Konkurrenz aus Japan oder Europa mithalten. Cool auch die Offroader Korando oder Musso, doch alle hätten sie einmal rundumerneuert werden müssen, als Chevrolet die neuen Logos draufklebte. Nachdem selbst der geliftete Matiz nicht fruchten wollte, holte man zu Beginn der 2010er-Jahre sogar den Camaro offiziell nach Europa, doch Stückzahlen konnten damit natürlich auch keine erzielt werden.

Daihatsu

Daihatsu gibt es noch, aber nicht mehr in Europa. Der Grund: Deren Philosophie funktioniert nicht mehr mit der hiesigen Spaßgesellschaft – und den strengen Gesetzesbestimmungen. Daihatsu sah sich selbst als Kleinwagenspezialist. Simple Technik, simpler Preis – ein bestechendes Konzept, das vor allem in den 1980ern voll aufging. Alle zehn Sekunden lief damals ein Charade vom Band, die Cuore konnten ebenso schnell und billig gefertigt werden. Selbst die späteren Modelle wie etwa der Terios waren zwar schon solider, im Grunde aber immer noch nach der „Gut genug ist gut genug“-Philosophie gefertigt worden. Das reichte aber nicht mehr. Auch in den untersten Segmenten machte sich immer mehr Luxus breit, und kreative Ansätze wie der Materia oder der Winz-Roadster Copen waren im kleinwagenverrückten Japan noch beliebt, nicht jedoch in der alten Welt. 2013 zog man sich schließlich ganz aus Europa zurück, 2016 übernahm der strategische Partner Toyota die restlichen Aktien und machte aus Daihatsu eine Hundert-Prozent-Tochter. Kein Wunder also, dass der letzte Charade von 2011 baugleich mit dem damaligen Yaris war.

Dodge

Im Vergleich zu anderen Marken ist der Auftritt von Dodge in Österreich nur eine Fußnote – aber eine ambitionierte. Die Strategie der Chrysler-Tochter in den 2000er-Jahren: Leistbare Modelle aus den USA nicht einfach nur importieren, sondern für den EU-Markt entsprechend adaptieren. Daher auch der für unsere Gefilde noch unbekannte Name. Als Partner wählte man VW und übernahm deren Pumpedüse-TDI, die bei den Wolfsburgern zu dem Zeitpunkt durch modernere Commonrail--Motore abgelöst wurden. Auch Österreich profitierte von dem Deal, da die Abstimmung der Technik bei Bosch in Wien passierte. So oder so trafen weder Nitro, Avenger noch Caliber den Geschmack der heimischen Käufer. Wenn Ami, dann auch mit Ami-Technik, könnte man sagen, zumal man ja – wie gesagt – beim Mitbewerb deutlich leisere Selbstzünder bekam. Das Ende kam spontan nach der Übernahme der Chrysler Corporation durch Fiat. Um interne Konkurrenz gleich -auszuschalten, beendete man das Dodge-Engagement in Europa 2010.

Infiniti

Ungefähr zur gleichen Zeit wie Toyota brachte auch Nissan seinen Nobelableger heraus: Infiniti. In Übersee-Märkten genießen deren Modelle einen hervorragenden Ruf, gelten als ähnlich hochwertig wie deutsche Nobelmarken. Doch in Europa wollte das Konzept nicht greifen. Sowohl die Limousine G37 als auch die SUVs EX oder FX waren vom Namen als auch von der Designsprache zu weit weg von den Geschmäckern am alten Kontinent, an der hochwertigen und langlebigen Technik sowie den fairen Preisen lag es definitiv nicht. Mitte der 10er-Jahre versuchte man noch mit Dieselmotoren und dem glücklosen Q30 – eine qualvoll umgemodelte Mercedes B-Klasse – Modelle und Versionen zu lancieren, die bei uns beliebt sind und waren. Für die Kehrtwendung war die Marke aber noch zu unbekannt und die Formgebung zu bizarr, sodass man 2020 die Reißleine zog, als die Stückzahlen sich bei uns im Bereich von plusminus zehn bewegten.

Lancia

In der Vor- und Nachkriegszeit galt Lancia als innovative Technikermarke mit bestechendem Design. Leider verlor man bei all der technischen Verliebtheit die Finanzen aus den Augen, sodass Ende der 1960er Fiat Hausherr wurde. Anfangs lief es vielversprechend: Mit dem Stratos wollte man mit Rallyeerfolgen das Image boosten, und die Beta-Plattform versprach neue Modelle mit gleicher Technik – und endlich Profit. Horrende Fertigungsprobleme und Rost an allen Ecken und Enden verpassten den Italienern aber ein schlechtes Image, zudem waren alle späteren Lancia nur mehr Derivate schnöder Fiat-Technik und die Neuausrichtung der Marke – weg von Sportlichkeit, hin zu Luxus – kam beim Publikum überhaupt nicht gut an. Der Thesis von 2001 fand entsprechend kaum Käufer und aus reiner Not brachte man nach der Übernahme von Chrysler durch Fiat US-Modelle unter Lancia--Label auf den Markt. 2015 zog man die Reißleine, nur mehr der überaltete Kleinwagen Ypsilon läuft für den Heimmarkt von den Bändern. Die neue Konzernmutter Stellantis verspricht ein baldiges Elektro-Comeback.

MG Rover

Zuerst wurde aus Austin und Morris die British Motor Corporation. Als der Eigentümer Pressed Steel übernahm, der Hersteller praktisch aller Karossen britischer Hersteller, wurden alle Marken unter einem Dach vereint, British Leyland entstand. Der riesige Laden machte einen Überblick über die Finanzen unmöglich, dazu kamen Machtspiele, Fertigungsprobleme und unzuverlässige Technik. Zudem spielten die Gewerkschaften ein brutales Spiel mit Streiks, sogar wenn die neuen Arbeitsmäntel nicht gefielen. Gerade Jaguar, Mini und Land Rover spielten noch Geld in die Kassen – also stieß man diese Kronjuwelen zuerst ab. Übrig blieb MG Rover, und die Modelle 25 und 75 waren über ein Jahrzehnt im Programm, was selbst den treuesten Käufern reichte. Das Ende kam 2005: Eine mögliche Partnerschaft mit chinesischen Herstellern endete in der Insolvenz, die ehemaligen Verhandlungspartner aus Fernost übernahmen. Dieser Tage erlebt die Marke MG, gesteuert vom chinesischen SAIC-Konzern, eine erfolgreiche Renaissance mit E- und Hybridautos.

NSU

Die Neckarsulmer waren bekannt für ihre innovativen Lösungen und hatten ein hervorragendes Image. Der Wankel Spyder, natürlich auch der Prinz (vor allem als heißer TT) hatten keine Konkurrenz weit und breit, doch manchmal kann man sich an technischen Speerspitzen die Finger aufspießen. Felix Wankels Rotationskolbenmotor galt in den 1960er-Jahren als letzter Schrei, und NSU verschrieb sich vollends dem Konzept. Das Flaggschiff RO80 war eine Limousine, die rein optisch weit ihrer Zeit voraus war. Langer Radstand, glatte Linien, luftige Fahrerkabine, da passte der Wankelmotor perfekt dazu. Leider hielt dieser aber nicht, doch ist es falsch, dass die Leute deswegen von dem Wagen Abstand hielten. Er verkaufte sich blendend, doch die zahlreichen Tauschmotoren, die man innerhalb eines Serviceaufenthalts teils heimlich verbaute, ließen die Finanzdecke schnell schrumpfen. Der K70 mit Hubkolbenmotor hätte die nötigen Geldmittel gebracht, doch zu diesem Zeitpunkt übernahm schon Volkswagen die Bude.

Saab

Es gab nie einen Saab, der nicht robust oder langlebig war. Schon der 96 aus den 1950ern war schnell und sparsam, die späteren 99, 900 und 9000 waren allesamt teuer und ewig haltbar. Der 9000 zeigt aber, woran es bei Saab stets krankte: am Grundverständnis für wirtschaftliches Handeln. Als Gemeinschaftsprojekt mit Fiat geplant, teilte sich der 9000 vieles mit dem Thema und dem Croma. Das reichte den Jungs aus Trollhättan aber nicht, also strickten sie erst die halbe Karosserie um und beschäftigten sich intensiv mit den Motoren. So kam das Auto im Endeffekt teurer als eine komplette Eigenentwicklung. GM übernahm den Laden, und das finanzielle Aus kam aufgrund eines Entwicklungsauftrags. Für die GM-Tochter Cadillac sollte man den Kombi BLS entwickeln. Die Auftraggeber waren aber nicht ganz zufrieden, versprochene Zahlungen blieben aus.

Xedos

Die Idee, luxuriösere Modelle unter einem eigenen Namen auf Exportmärkten zu etablieren, war in den 1990ern ein kleiner Boom. Toyota machte es mit Lexus vor und Mazda wollte es mit Xedos gleichtun. Es gab UFO-mäßig gezeichnete Modelle wie den Xedos 6 oder den Xedos 9, Händler wurden mit vollmundigen Versprechen ins Boot geholt, die für gutes Geld schicke Schauräume locker machten. Der Plan ging aber nicht auf. Die Zielgruppen -durchwegs pragmatisch orientierte Käufer, die Mazda wegen des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses schätzten – verstand nicht, warum man mehr Geld für die gleiche Technik ausgeben sollte. 1992 gestartet, probierte man mit preiswerteren Versionen, Boden gutzumachen, doch man erzielte einfach nicht ausreichende Stückzahlen. Somit beließ man es 2002 – just zu dem Zeitpunkt, als der damals neue Mazda6 nicht nur die Nomenklatur, sondern auch viele Designelemente der ehemaligen Nobeltochter übernahm.