Wie bringt man den Kunden vom Interesse an einem Fahrzeug oder einer Serviceleistung zum Abschluss? Der Weg zur Antwort dieser Frage wird als „Customer Journey“ bezeichnet. Es geht darum, dem Kunden so viele Kontaktpunkte wie möglich zu bieten, um mit dem eigenen Unternehmen zu interagieren. Und im besten Fall bekommt er bei jedem Punkt etwas mehr Info zu seinen Interessen oder seiner speziellen Frage. Im Marketing ist die „Customer Journey“ fast schon ein alter Hut. Wenngleich sie sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Während man vor einigen Jahr noch hauptsächlich über Printmedien und der eigenen Werbung in oder am Autohaus den Kunden in den Betrieb gelockt hat, gibt es heutzutage zahlreiche weitere Kontaktpunkte. Das Internet bzw. die Digitalisierung hat es den Kunden ermöglicht, sich bereits vorab zahlreiche Informationen zu beschaffen. Durch die Fülle an Infos im Internet ist es aber auch ungleich schwieriger geworden, den Kunden tatsächlich abzuholen bzw. in den Betrieb zu bringen. Der Schlüssel zum Erfolg ist Multi-Channel-Marketing, wie Dr. Kristina Kampfer, Stv. Studiengangsleitung und zuständig für den Bereich Automotive an der FH Kufstein Tirol, berichtet: „Ich muss es heutzutage als Autohaus und Werkstatt schaffen, verschiedene Kanäle zu bespielen und überall die gleiche Sprache zu sprechen.“ Als Beispiel gibt Kampfer hier den US-Technologieriesen Apple an. „Es ist egal, ob ich eine Apple-Werbung auf einem Plakat, auf einer Webseite, in den sozialen Medien oder im Geschäft sehe. Ich weiß ich bin bei der Marke Apple und alle Werbeformen sprechen die gleiche Sprache.“
Versprechen auch einhalten
Was Kampfer beobachtet, ist, dass die Versprechen der Internetseite oft nicht eingehalten werden. Dabei geht es vor allem um die Sichtbarkeit als Kunde. „Eine aktuelle Studie zeigt, dass eines der größten Probleme der Kunden die Sichtbarkeit ist. Viele fühlen sich im Geschäft dann austauschbar. Sie beklagen mangelnde Wertschätzung, die aber gerade in Zeiten wie diesen besonders wichtig ist.“ Denn „die Kunden sind der größte Schatz, den man als Autohaus oder Werkstatt hat“, sagte zum Beispiel Wolfgang Wurm, Teil der Geschäftsführung bei der Porsche Holding, beim Tag der oberösterreichischen Kfz-Wirtschaft Anfang des Jahres. Dem pflichtet auch Kampfer bei. „Die Händlermarke ist entscheidend bei der Wahl durch den Kunden. Und wenn ich dem Kunden ein gutes Gefühl gebe, wenn er in das Autohaus kommt, wird er wieder kommen und auch bei mir kaufen.“ Helfen können dabei verschiedene Tools.
Mein Freund die KI
Eine aktuelle Studie, die Kampfer zitiert, zeigt zum Beispiel, dass ein Online-Konfigurator für die meisten Kunden kaufentscheidend ist. „Dabei geht es nicht nur um Neufahrzeuge, wo die Konfiguratoren vom OEMs zur Verfügung gestellt werden. Auch im Gebrauchthandel ist die Vorauswahl an potenziellen -Autos enorm wichtig.“ Ein weiterer Punkt ist die digitale Vereinbarung von Probefahrten oder aber auch die schnelle und professionelle Beantwortung von Kundenanfragen. „Die junge Generation interessiert sich nicht mehr für Geschäftszeiten. Wenn am Sonntagnachmittag eine Frage auftaucht, will sie die so schnell wie möglich beantwortet haben“, so Kampfer.
Hier kommt die künstliche Intelligenz ins Spiel. Denn während man bei Chatbots noch an den ersten Gehversuchen aus den 2000er-Jahren denkt, haben sich diese deutlich gewandelt. Heute kann ein guter KI-Chatbot dem Kunden wahrscheinlich mehr -Fragen schneller beantworten als je zuvor. „Die KI könnte ein Gamechanger für die Branche sein, wenn man sie richtig nutzt“, ist Kampfer überzeugt. Gerade in Autohäusern, die wenig Ressourcen haben, könnten „Chatbots schnell reagieren und die Experience verbessern“. Ein weiterer Punkt sind die Daten, die der Kunde zur Verfügung stellt. „Diesen Schatz gilt es zu heben, denn darin gibt es enorm viel Potenzial“, sagt die FH-Dozentin. Das sagt auch Jens Monsees, CEO des Software-as-a-Service-Herstellers Infomedia: „Apple weiß über Carplay mehr als wir über unsere Kunden. Hier muss man ansetzen, sonst werden sich weitere Drittanbieter zwischen Händler und Kunden positionieren.“
Keine Angst vorm Online-Handel
Eine Angst, die man in der Branche noch immer hat, ist der Online-Handel. „22 Prozent aller Autokäufe passieren online“, erzählt Kampfer. Und sie glaubt das wird sich ändern: „Es wird drastisch ansteigen. Denn die Generation bis 45 Jahre wird online massiv für den Autokauf nutzen. Wahrscheinlich sogar die Hälfte aller Käufer.“ Angst müsse man davor aber nicht haben, ist sich Kampfer sicher: „Wenn man seinen Online-Auftritt entsprechend aufstellt, Kundendaten nutzt, um Zubehör oder Dienstleistungen zu verkaufen, wird man auch in Zukunft gut wirtschaften können.“ Und sie ergänzt: „Man muss sich in den Kunden hineinversetzen, ihn wertschätzen und die technischen Mittel nutzen, die es gibt.“