Nach einer Begrüßung durch puls-Geschäftsführer Dr. Konrad Weßner sowie der Branchengrößen Prof. Hannes Brachat und Helmut Peter durfte Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbands der Deutschen Automobilindustrie, gleich in die Zukunft führen. Unter dem Titel „Brauchen starke Automarken starke Händler?” sprach Müller vor allem darüber, wie die Digitalisierung und E-Mobilität die Autobranche verändern und wie starke Händler sich durch die schwierige Zeit als Schnittstelle und Partner zwischen Hersteller und Kunden etablieren können.
Weiters sprachen Lars Bialkowski, Geschäftsführer von Stellantis Deutschland, und Marc Meiling von Stellantis Financial Service über die Herausforderungen für einen Konzern wie Stellantis.
"Man muss sexy sein!"
Am Nachmittag des ersten Tages beim 20. puls Automobilkongress gab es ein unterhaltsames Panel unter dem Titel „Impulse der next Generation”. Allen voran der Vortrag von Matthias Prußeit, Geschäftsführer der Autowelt Prußeit, brachte vor allem erstaunte Gesichter. Denn Prußeit sprach in seinem Impulsvortrag darüber, wie man 25% mehr Umsatz generieren kann. Und das ohne Digitalisierung und KI. „Wir brauchen A-Mitarbeiter. Und diese bekommt man nur, wenn man als Händler interessant ist. Man muss sexy sein”, war eine der Kernbotschaften. Für den erst 26- jährigen Verkaufsleiter bei der Audi AG in Berlin, Kenneth Strübing, ist der Weg klar: „Wir sind in der Transformation, aber wir brauchen Geld, um etwas zu verändern. Das müssen wir schon jetzt verdienen und wir können nicht erst darauf warten, wie sich die Zukunft verändert.”
Mut, ist das, was für Felix Walter, Geschäftsführer des Autozentrums Walter/Pforzheim (D), zählt. Denn „Man muss mutig sein und die Wege gehen, die sich jetzt auftun. Und wer da mutig ist, kann auch etwas Unkonventionelles probieren”, so Walter, der selbst einen mittlerweile sehr erfolgreichen YouTube- Kanal gestartet hat.
"Verkäufer im Agentursystem entscheidend"
Den Blick aus zwei verschiedenen Richtungen ermöglichten im Anschluss die beiden Vorträge von Christina Dost, Geschäftsführerin der Auto Peter GmbH sowie Christian Rönsch, Geschäftsführer der May & Olde, die jeweils bereits als Agenten auftreten. Dost für Mercedes und Rönsch für Mini und künftig auch BMW. Und beide sind sich einig, dass der Händler und noch mehr der einzelne Verkäufer künftig im Agentursystem den Unterschied ausmachen werden.
"Jene, die viel mit Nachlässen gearbeitet haben, die waren skeptisch. Aber jetzt, wo es kein Feilschen mehr gibt, finden es viele gut und sind motiviert”, so Dost. Für Rönsch ist die Kundenbindung ein wichtiger Erfolgsfaktor: „Der Kunde hat im Agentursystem mehr Wert.” Ein Beispiel aus der Praxis zeigt zudem, dass man sich als Autohändler im Agentursystem nicht vor dem Online-Absatz fürchten muss. „In Italien wurden 30.000 Minis im Agentursystem verkauft und davon nur 1% über den Online-Vertrieb”, erklärt Rönsch.
Dezentralisierung vorgelebt
Mit Spannung erwartet wurde der Vortrag von Gerhard Schürmann, CEO der Emil Frey Holding AG. Er zeigt, dass selbst so eine große Gruppe nicht zwangsläufig zentralisiert geführt werden muss. „Wir haben zum Beispiel 40 verschiedene DMS in der Gruppe, weil sie funktionieren und für jeden das bietet, was er braucht. Wir müssen zudem in jedem Land anders planen und handeln, allein wegen der Gesetzgebung. Ein zentralisiertes System aus der Schweiz heraus würde da nicht funktionieren.“ Zudem habe die Emil-Frey-Gruppe insgesamt 26.000 Mitarbeiter, nur etwa 30 davon in der Zentrale in der Schweiz. Zum Thema Agentursystem sagt Schürmann, dass man bei der Emil-Frey-Gruppe kein Versuchskaninchen sein wolle: „Denn die neigen dazu, zu sterben.“ Man wolle sich ansehen, wie das Agentursystem angenommen wird und funktioniert. „Ich sage nicht, dass das Agentursystem nicht funktioniert. Wenn es das tut, dann machen wir es auch. Das ist dann schnell eingeführt.“
"Bin von einigen OEMs persönlich enttäuscht"
Im Zuge der Diskussion und Einführung des Agentursystems aber auch in Sachen generelle Stimmung ist Emil-Frey-CEO Gerhard Schürmann mit manchen Herstellern unzufrieden: „Ich bin von einigen OEMs persönlich enttäuscht, dass da der Wert der Händler so geringgeschätzt wird.“ Der Vorwurf, dass Händler oft sehr ineffizient arbeiten würden, weißt Schürmann zurück: „Ich bin der gegenteiligen Meinung. Ich sage wird sind das effizienteste Glied in der Kette. Weil wir genau zwischen dem OEM und dem Kunden sind und uns alle ans Leder wollen.“ Mit einem Gerücht rund um das Thema E-Autos aus China wollte Schürmann auf der Bühne ebenfalls aufräumen: „Wenn ich mir den Markt ansehe, dann kann ich nicht bestätigen, dass chinesische E-Autos einfach billig sind. Das sehe ich nicht. Sie haben alle ihren Preis und die Realität ist, dass China-E-Autos nicht billig sind. Sie werden uns nicht überschwemmen, aber sie sind Konkurrenten.“
Kundendaten als das neue Gold
Im Kongress-Block „Das digitale Autohaus“ sprach Jens Monsees, CEO von Infomedia über das neue Gold in der Autobranche: die Kunden- und Fahrzeugdaten. Und Monsees kritisiert, dass sich die Händler und auch Hersteller viel zu wenig um diese Daten bemühen: „Apple weiß mehr über unsere Kunden, als wir selbst. Alleine durch Carplay weiß Apple wo wir arbeiten, wo wir wohnen, wo wir zum Sport gehen, wo unsere Eltern leben und wo wir am liebsten einkaufen gehen.“ Die Daten, so Monsees, wären da. Allerdings werden sie nicht genutzt. Und damit verschließen sich die OEMs und Händler aber einem wichtigen Geschäftszweig. „Wenn ich weiß wie mein Kunde lebt, dann weiß ich auch, welche Dienste oder Produkte ich ihm anbieten kann.“
Von der anderen Seite berichtet Christian Richter, Director für Global Automotive bei Google. Er sieht in der KI die Zukunft und gibt zu bedenken: „Die Daten sind da, allerdings geht es darum, wie ich die KI in mein Unternehmen einbaue, damit es mir den Arbeitsalltag erleichtert.“ Nicht nur in diesem Panel, sondern über die gesamte Veranstaltung hinweg waren sich alle einig, dass die KI keinen Arbeitsplatz kosten wird, sondern die Autohändler und Verkäufer besser und effizienter machen wird.