Ein Jahr vor der offiziellen Eröffnung wagten die beiden Pioniere die erste Fahrt über den unfertigen Verlauf der Panoramastraße – ein waghalsiges Abenteuer in den Alpen!

Der Salzburger Landeshauptmann Franz Rehrl (1890–1947), der von 1922 bis 1938 im Amt war, gilt als die treibende politische Kraft hinter dem Bau der Großglockner Hochalpenstraße. Er erkannte früh die touristische Bedeutung der Verbindung von Hochkultur und alpiner Naturschönheit: Die Gäste der Stadt Salzburg sollten über die Großglockner Hochalpenstraße die atemberaubende Bergwelt erleben können. Darüber hinaus war Rehrl ein begeisterter Autoliebhaber. Bereits 1934 – ein Jahr vor der offiziellen Eröffnung dieser außergewöhnlichen Panoramastraße im Hochgebirge – kündigte er an, als erster Mensch die Hohen Tauern mit einem Automobil überqueren zu wollen.
Straßenplaner und Ingenieur Franz Wallack stand diesem Vorhaben zunächst skeptisch gegenüber, da zu diesem Zeitpunkt am Mittertörltunnel gerade einmal ein Fußweg aus dem Fels gesprengt worden war. Doch unter Hochdruck wurde an der Befahrbarkeit der Straße gearbeitet. In seinen Memoiren hielt Wallack augenzwinkernd fest: „Er soll nur kommen, und wenn irgendwo nicht alles klappt, dann werden wir die Kiste tragen – sofern sie nicht zu schwer ist.

Mit einem umgebauten „Steyr 100“ über Stock und Stein

Landeshauptmann Franz Rehrl setzte seinen Plan erfolgreich um. Da die „Straße“ zu dieser Zeit noch weitgehend aus grobem Untergrund bestand, ließ er seinen eigenen „Steyr 100“ eigens für die bevorstehende Erstbefahrung umbauen. Ein glücklicher Zufall war dabei die Breite des Fahrzeugs: Mit nur 1,58 Metern passte es gerade so durch die engste Stellen der Straße, die lediglich 1,65 Meter maß – nur knapp sieben Zentimeter Spielraum!

 Am 22. September 1934 war es schließlich so weit: Noch auf dem Rohbau der Großglockner Hochalpenstraße überquerte Landeshauptmann Rehrl, begleitet von Straßen-Ingenieur Franz Wallack, als erste Menschen das Tauernmassiv mit einem Automobil. Am Steuer seines umgebauten „Steyr 100“ meisterte Rehrl die abenteuerliche Fahrt über den groben Unterbau der Straße von Heiligenblut über das Hochtor und zurück. Die halsbrecherische, aber gleichzeitig äußerst werbewirksame Fahrt dauerte knapp sieben Stunden – fünf Stunden von Ferleiten nach Heiligenblut und fast zwei Stunden für die Rückfahrt.
Diese sportliche Herausforderung, die vor allem das fahrerische Können des Landeshauptmanns unter Beweis stellte, ging in die Geschichte ein. Weniger als ein Jahr später, am 3. August 1935, wurde die Großglockner Hochalpenstraße offiziell für den Publikumsverkehr eröffnet.

 Nach der erfolgreichen Erstbefahrung am 22. September 1934 wurden die Bauarbeiten fortgesetzt und intensiviert. Der Winter stellte eine weitere Herausforderung dar, da die Bauarbeiten in den hohen Lagen nur in den kurzen Sommermonaten durchgeführt werden konnten. Doch im August 1935 konnte die Straße schließlich offiziell eröffnet werden, und der Traum einer alpinen Verbindung zwischen Salzburg und Kärnten war Wirklichkeit geworden.

Die Großglockner Hochalpenstraße hat sich seither zu einer der bekanntesten Touristenattraktionen in Österreich und Panoramastraßen der Welt entwickelt und symbolisiert den Triumph der Technik über die Herausforderungen der Natur im alpinen Raum. Die Erstbefahrung 1934 bleibt ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte dieses Projekts und der Erschließung der Alpen.

 Austellungs-Tipp: Die Replika des original „Steyr 100“, in dem LH Franz Rehrl und Ing. Franz Wallack die Erstüberquerung des Tauernmassivs gewagt haben, ist in Österreichs höchster Automobilausstellung auf der Kaiser-Franz- Josefs-Höhe zu sehen. Das Besucherzentrum ist täglich von 10:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Wie zu allen anderen Ausstellungen entlang der Großglockner Hochalpenstraße ist der Eintritt frei.