AUTO-Information: Was waren die Gründe für die Neuausrichtung von Jaguar Land Rover?
Alexander Loose: Wir hatten vor allem mit Jaguar hohe Volumen-Ambitionen. Doch die Corona--Pandemie hat unsere Strategie rückblickend fundamental verändert. In der Pandemie hat sich die Produktion reduziert, während die Begehrlichkeit gestiegen ist. Plötzlich befanden wir uns in einer -Situation, in der die Nachfrage den Ton angab.
Aus diesen Erfahrungen haben wir „Modern Luxury“ als unsere Strategie definiert, mit einer neuen Positionierung der Marken. Dabei war klar, dass Volumen nicht das vorrangige Ziel ist. Wir bauen wunderschöne Autos und wollen diese auch wertstabil in den Markt bringen. Es ist also das einzig Richtige, die Marken so zu positionieren, wie sie es verdienen.
Die Strategie ist es also, dass wir mit modernen Luxusautos die Begehrlichkeit nach unseren Fahrzeugen noch weiter ausbauen. Das wollen wir steuern, indem die Produktion flexibel der Nachfrage angepasst ist und kein -Überangebot -entsteht.
Wie sieht die Umsetzung aus?
Loose: Rund um diese Idee beziehungsweise Positionierung haben wir eine neue Markenwelt aufgebaut, weg vom Volumen, der Kunde steht im Mittelpunkt und der Fokus liegt ganz klar auf der Kundenloyalität. Dieser Ansatz von „Modern Luxury“ verändert uns komplett: Die Modelle, aber auch das Pricing, wir sind exklusiver, das kann auch zu -Wartezeiten führen. Dem Handelspartner ermöglicht das neue Strategien. Jedenfalls möchten wir eine hohe -Begehrlichkeit bei unseren Kunden schaffen.
Was bedeutet das für den Händler?
Loose: Wir müssen das Konzept von modernem Luxus in der kompletten Customer Journey abbilden, vom Hersteller über den Handelspartner inklusive dem Customer Service. Für die Umsetzung haben wir vom Hersteller klare Vorgaben bekommen. Die Realisierung liegt aber an uns als Importeur in den Ländern Österreich, Tschechien und Slowakei. Hier haben wir mit den Experten Florian Kunert und Andreas Winkler zwei Profis für die Umsetzung bei unseren Partnern engagiert. Schließlich müssen die Prozesse angepasst werden, die Wichtigkeit der -Kundenbetreuung wird neu sensibilisiert.
Jaguar soll schon 2025 rein elektrisch sein, Land Rover wird ebenfalls gerade elektrisiert. Was bedeutet die Elektromobilität für eine Luxusmarke?
Loose: Durch den Elektroantrieb wird das Feld neu gemischt: Wenn alles elektrisch angetrieben ist, -vermischen sich die Märkte, abheben kann man sich dann verstärkt über die Marke und den Service. Mit unseren Produkten und unserer Strategie fürchten wir uns nicht. Der Markenwert hat eine ganz große Kraft, darüber hinaus müssen wir uns mit dem Service abheben.
Wie genau?
Loose: Wir dürfen den Kunden nicht mehr getrennt als Neuwagen- beziehungsweise Gebrauchtwagenkunden einerseits und als Service-Kunden andererseits sehen. Wir müssen vielmehr die komplette Customer Journey abbilden.
Florian Kunert: Wir sehen hier einen Hersteller, der das komplette Angebot, den kompletten Service aus Kundensicht aufbaut; der nicht Kauf- und Serviceprozesse unterscheidet, sondern alles in einem ganzheitlichen Kundenerlebnis betrachtet und entwickelt. Da geht es um Begehrlichkeit beim Kauf und um Dienstleistungen beim Service. Der Kunde trennt nicht zwischen Verkauf und Service.
Wie ist die Umsetzung abgelaufen?
Kunert: Die Veränderung, sowohl beim Hersteller und Importeur wie auch beim Händler, kann nur über Coachings und Trainings funktionieren, und zwar Schritt für Schritt. Man muss große Vorhaben in kleinen Schritten umsetzen. So sind die Workshops zuerst mit dem Serviceleiter, dann mit der Mannschaft erfolgt. Trainings, Workshops und Coachings müssen jeden Mitarbeiter erreichen, der im Kundenkontakt steht, das muss in den Köpfen -verankert werden.
Loose: Wir waren mit unseren Märkten Österreich, Tschechien und Slowakei so etwas wie ein Pilot--Importeur, sind mit Eigeninitiative vorangegangen. Wir wollten mit unseren starken Partnern die Reise so schnell wie möglich starten, die anderen -europäischen Länder ziehen jetzt nach.
Wieso hat man ein hohes Tempo vorgelegt?
Kunert: Die neue Strategie wurde den Händlern im März präsentiert, und im April haben Andreas Winkler und ich mit den Workshops gestartet. Wir müssen rasch agieren, brauchen dringend Veränderungen, auch bei den Betrieben. Vielen Händlern ist nicht ansatzweise klar, was sich mit der Elektromobilität ändert. Wenn die Unternehmen nichts tun, werden sie verlieren. Wir müssen fragen, was wir dem Kunden noch Gutes tun können, um für das Unternehmen Zusatzerträge generieren zu können. Dabei ist das Wording besonders wichtig: Es geht um eine Zusatzdienstleistung für den Kunden, die berühmte Extrameile und um Wertschätzung.
Können Sie uns Beispiele nennen?
Kunert: Die Kernbotschaft in unseren Workshops, Trainings und Coachings ist das grundsätzliche Mindset: Wir müssen alles durch die Kundenbrille sehen und uns überlegen, was für den Kunden wichtig ist, was er brauchen könnte. Die Beispiele sind recht trivial, das beginnt etwa bei Reifen. Es geht aber auch um Schadenabwicklung, Kleinschäden oder Aufbereitungsangebote, Hol- und Bringservice und vieles mehr.
Entscheidend ist, wir müssen wertschätzend mit der Zeit des Kunden umgehen: Was kann ich dem Kunden abnehmen, wie kann ich dem Kunden das Leben angenehmer machen? Dafür dürfen wir als Kfz-Betrieb auch ein gutes Geld verlangen.
Der Kern der Strategie ist, dass Kundenbindung und Kundenerlebnis deutlich mehr Ertrag bringen. Wir müssen pro Kunden mehr Geld verdienen. Denn die erfolgreiche Kundenbetreuung wird nur funktionieren, wenn es dem Händler gut geht. Mit der Elektromobilität und dem Direktvertrieb befinden wir uns im größten Wandel in der Geschichte des Automobils.
Loose: Die Kundenbetreuung und die Zusatzangebote und Zusatzerträge sind keine Raketenwissenschaft, es ist vielmehr eine Realisierung der Basics, die in den vergangenen Jahren vielleicht etwas verloren gegangen ist. Insgesamt brauchen wir mehr Touchpoints mit den Kunden. Dazu müssen wir die Einstellung unserer Mitarbeiter und der Betriebe anpassen. Die Herausforderung ist intern genauso groß wie bei den Handelspartnern.
Braucht es in Zukunft überhaupt noch Händler?
Loose: Für die noch persönlichere Betreuung unserer Kunden setzen wir voll auf unsere Vertragspartner. Wir gehen gemeinsam mit unseren Handelspartnern in die neue Zukunft, es gibt für uns kein Vertriebsmodell am Handel vorbei, wir arbeiten konsequent mit unseren Partnern.
Ein kleineres Netz wie bei Jaguar bedingt aber auch größere Distanzen vom Kunden zum Händler?
Loose: Natürlich braucht es dafür auch Lösungen, wie zum Beispiel Hol- und Bringservice, aber wir gehen davon aus, dass unsere Kunden auch weiter in den Betrieb kommen möchten, dass persönliche Beziehung sogar noch wichtiger wird. In Zeiten der zunehmenden Digitalisierung bleibt das Persönliche, die individuelle Betreuung, das Unterscheidungsmerkmal. Hier kann sich der Handelspartner positionieren.
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Dipl.-Wirtsch.Ing. Florian Kunert wird beim A&W WERKSTATT-FORUM am 29. Februar auf der Bühne sein.