Das Geschäftsmodell Autohaus ist derzeit im größten Wandel seiner Geschichte. Inflation, Zinssteigerungen, drohende Rezession sowie massive Kaufzurückhaltung lassen den österreichischen Markt auf ca. 250.000 Neuzulassungen schrumpfen. So gibt es vielerorts einen Auftragsrückgang von 50 Prozent und mehr, während E-Autos langsam den Ertrag schmälern und das bisherige Kerngeschäft über kurz oder lang infrage -stellen.
Der klassische Neuwagenhandel wird durch den Direktvertrieb abgelöst und der Preis stellt dann kein Differenzierungsmerkmal mehr dar. Die Digitalisierung etabliert neue Marktteilnehmer mit Auto-Abos, neuen Mobilitätsformen, Software--Lösungen u. v. m. Die neuen Generationen haben ein anderes Konsumentenverhalten (z. B. nutzen statt besitzen), sind als Arbeitnehmer anders zu behandeln und die Bevölkerungspyramide spitzt den Fachkräftemangel zu.

Einzige Konstante sind die Kunden
Die einzige Konstante sind die KUNDEN – die Existenzberechtigung unserer gesamten Branche! Jetzt gilt es mehr denn je, die Kunden zu verstehen und ein ganzheitliches Kundenerlebnis zu schaffen, das eben nicht mehr zwischen Verkauf und Service unterscheidet.
Somit sollten sich alle Prozesse an der Kunden--BEZIEHUNG ausrichten, dem Kern von CRM. Überlegen Sie sich, wie Sie die Kundenreise und die Beziehung zu Ihren Kunden noch persönlicher gestalten, ja sogar zu einem Kundenerlebnis machen und beziehen Sie Ihre Mitarbeiter aktiv ein. Aktives Stammkunden-Management mittels Karteiarbeit, gezielte Kaufreife-Selektionen, Kommunikation mit Fokus auf echten Kunden-Mehrwert sowie das Etablieren zusätzlicher Dienstleistungen und Ertragsbringer (z. B. rund um E-Mobilität) sind dabei unerlässlich – immer als eigenständige Autohaus-Marke und als verlässlicher Mobilitätsdienstleister in Ihrer Region.
Wie nehmen Sie Ihre Mitarbeiter am besten auf diese Reise mit? Es beginnt mit Employer Branding im Fight for Talents, zeitgemäßer Führung nach dem Leadership-Ansatz sowie voller Ausrichtung auf die Kunden und es „endet“ Monat für Monat mit einer modernen erfolgsorientierten Entlohnung, die Ihre Mitarbeiter zu „Unternehmern im Unternehmen“ macht.

Persönliche Verbindung zum Kunden
Es gilt, eine starke persönliche Verbindung zu den Kunden aufzubauen, einen echten Unterschied zu machen, nicht mehr vergleichbar zu sein und auf Basis dieses Vertrauens letztendlich auch mehr Ertrag pro Kunde zu erzielen!
Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Schnittstelle zwischen Verkauf und Service, die in den meisten Autohäusern mehr schlecht als recht funktioniert, so ehrlich muss man sein.
Ohne Informationen aus dem Service-Bereich können Sie gar nicht wissen, wo Ihr Kunde aktuell mit seinem Fahrzeug steht. Ist er noch in der Nutzenphase oder bereits in der Wiedermotorisierungsphase? Die meisten Verkäufer können diese Frage nicht beantworten!

Rundum-Sorglos-Pakete, Auto-Abo & Co
In Zeiten von E-Autos muss man viel früher ansetzen: Sind Kauf, Leasing, Kredit & Co. der richtige Weg, um sich aus Kundenperspektive auf das neue unbekannte Terrain der E-Mobilität zu begeben? Oder nutzen Sie neue Finanzierungsformen wie Auto-Abos, um es den Kunden leicht, flexibel und sorgenfrei zu machen, sich mit E-Autos anzufreunden? Mit dem positiven Nebeneffekt, attraktive Jungwagen für den GW-Platz selbst zu „züchten“ und eben nicht mehr am Markt vorbei in Form von Kurzzulassungen. Und diese Abo-Autos kommen in der Regel in Ihre Werkstatt.
Verkaufen Sie Ihren Kunden immer Rundum-Sorglos-Pakete in Form von Serviceverträgen und Garantie-Verlängerungen, wie das z. B. im E-Auto-Vorreiter-Land Norwegen längst Standard ist, um die durch E-Autos fehlenden Werkstatterträge zu kompensieren und die Kunden an das Autohaus zu binden? Und verkaufen Sie die notwendigen Wallboxes, Stromspeicher und PV-Anlagen inklusive Installation gleich dazu?
Agieren Sie angesichts langer Lieferzeiten immer vorausschauend bei Leasing-Ausläufern und nehmen die Kundenperspektive ein, um einen echten Mehrwert zu bieten? Schaffen Sie Kundenerlebnisse und dank Zielgruppen-Selektionen ausgesuchte unvergleichliche Events, die in Erinnerung bleiben oder laden Sie noch immer nach dem Gießkannen--Prinzip alle Kunden zu einer Hausmesse ein, um danach nicht zu wissen, wer jetzt eigentlich „reif“ für ein neues Auto war und wer nicht?
Wissen Ihre Verkäufer, ob und wann die Kunden in die Werkstatt kommen und nutzen jede dieser -Kontaktmöglichkeiten aktiv mit Kundenmehrwert?

Proaktiver Service-Kontakt
Zum Service-Bereich: Werden Kunden proaktiv aufgrund von Fahrzeugdaten, Pickerl & Co. oder auch ganz banal mit Hinblick auf Räderwechsel bzw. saisonale Aktionen kontaktiert oder überlassen Sie dieses Geschäft den regionalen Reifenhändlern und freien Werkstätten und wundern sich, dass Ihre Kunden nur mehr zum Service innerhalb der -Garantiezeit kommen?
Wie funktioniert bei Ihnen eine Terminvereinbarung? Werden Kunden-Telefonate immer wertschätzend geführt? Stellen Sie wichtige Zusatzfragen, die Ertrag bringen und beim Kunden den Wert des Dienstleistungsspektrums erhöhen? Gehen Sie wertschätzend mit der Zeit Ihrer Kunden um und bieten individuell angepasste Termine oder auch Hol- & Bring-Service an oder wird einfach der Standard-Prozess nach „Schema F“ gelebt?
Gibt es bei Ihnen eine konsequente Annahme am Fahrzeug (3 bis 5 Minuten) mit der Möglichkeit für Zusatzgeschäfte, etwa bei Karosserie und Lack, Smart Repair, Reinigung, Anschlussgarantie etc., was auch auf die Kundenbeziehung einzahlt?
Haben Sie wirklich eine Top-Reparaturqualität oder sollte das mittels Endkontrolle noch einmal überprüft werden? Ist die Rechnung ausgestellt, sobald das Auto abholbereit ist und wird diese dem Kunden ausführlich inkl. kostenloser Dienstleistungen erklärt, sodass er den Wert Ihrer Arbeit erkennen kann?
Bedanken Sie sich für sein Vertrauen und seinen Besuch, wenn er 3-, 4-, ja teilweise 5-stellige Service--Rechnungen bezahlt? Oder wird der Kunde eher wie eine Nummer behandelt? Bleiben Sie auch nach dem Werkstatt-Aufenthalt in Kontakt, sind interessiert und analysieren das Loyalitätsverhalten Ihrer Kunden?
Solange Sie nicht all diese Fragen voller Überzeugung mit „JA“ beantworten können, liegt für engagierte Autohäuser das Geld förmlich auf der Straße, und das relativ krisensicher. 

Dipl.-Wirtsch.Ing. Florian Kunert ist Teilnehmer einer Podiumsdiskussion am A&W-Tag am 17. Oktober in der Wiener Hofburg: www.aw-tag.at