AUTO-Information: Mit dem ID. GTI Concept, der auf der IAA Mobility in München präsentiert wurde, zeigt Volkswagen zum ersten Mal Emotionen bei einem Elektroauto …
Imelda Labbé: Das ist eine Neuinterpretation, wir haben dieses Auto ganz bewusst entwickelt. Auch wenn es keine Injektion mehr gibt wie früher, brauchen wir das Auto für die Emotionalisierung der Marke. Und auch unsere Kunden wollen das. Fast alle verbinden damit Emotionen, Fahrspaß und eine coole Optik.
Volkswagen ist – zum Beispiel beim ID.3 – in Kritik geraten, weil die Bedienung nicht wirklich ideal ist. Wie reagiert man darauf?
Labbé: Bei der Konzeptstudie ID.2all haben wir uns, bevor wir den Innenraum definiert haben, sehr akribisch damit beschäftigt, wie die Kunden das Fahrzeug bedienen möchten. Es gibt viele haptische Instrumente: Features, die man permanent braucht und die in der Mittelkonsole sein müssen. Das ist der sicherste Platz, um sie zu bedienen. Uns ist bewusst, dass die Slider-Thematik beim ID.3 sehr polarisiert. Manche fanden es gut, viele fanden es nicht gut. Daher wird es wieder abgeschafft. Das setzen wir innerhalb der -Palette konsequent durch. Gewisse Dinge werden wir in unterschiedlichen Fahrzeugen als Volks-wagen-Identität durchziehen.
Für den ID.3 kommt diese Entscheidung zu spät.
Labbé: Auch den ID.3 haben wir inzwischen nachgeschärft: Wir haben im Frühjahr eine umfangreiche Produktüberarbeitung auf den Markt gebracht und damit den ID.3 sowohl innen und außen auf ein neues Level gehoben. Und die Reaktionen zeigen, dass wir damit genau auf dem richtigen Weg sind.
Die Neuwagen-Verkäufe haben sich heuer bei vielen Marken nicht wirklich positiv entwickelt: Wie geht es Volkswagen?
Labbé: Wir sehen bei den Neuzulassungen in allen europäischen Ländern steigende Zahlen: Diese resultieren maßgeblich aus dem Abbau der hohen Auftragsbestände. Dazu kommen temporäre Effekte, etwa der Auslauf der Flottenförderungen in Deutschland für BEV. Wir sind daher auch bei der Marktanteils-Performance gut unterwegs.
Wie wird es in Zukunft mit den Verkaufszahlen weitergehen?
Labbé: Es bleibt eine spannende Frage, wenn die Auftragsbestände abgebaut sind, wie sich der Trend entwickeln wird. In vielen Märkten sehen wir eine Kaufzurückhaltung bei Elektrofahrzeugen – obwohl sich das schon ein bisschen eingependelt hat. Viele sogenannte Early Adopters – also Kunden mit Eigenheim, Ladebox und Photovoltaik – haben bereits ein Fahrzeug gekauft. Jetzt müssen wir den Sprung in die breite Masse machen. Doch die Ladeinfrastruktur passt in vielen Ländern noch nicht, das gilt auch für die Förderlandschaft. Hinzu kommt, dass Verbrennerfahrzeuge noch immer günstiger sind. Das wird mit den Förderungen teilweise verbessert, aber durch die hohen Zinsen auch wieder verschärft. Wenn man alles addiert, ist es nicht verwunderlich, dass manche weiter zu Verbrenner-Modellen tendieren. Daher sehen wir dort eine gute Nachfrage und bringen zum Beispiel in Kürze den neuen Passat auf den Markt. Er ist das Pendant zum ID.7, mit dem wir den Kunden ein Elektrofahrzeug mit maximal 700 Kilometer Reichweite bieten. Ich bin überzeugt, dass wir mit diesen beiden Modellen eine interessante Lösung für unsere Kunden in diesem Segment im Angebot haben.
Wie ist die Haltung zum Thema E-Fuels? Porsche setzt ja stark darauf …
Labbé: Wir haben uns auf die effizienteste und umweltfreundlichste Lösung fokussiert: die Elektromobilität. Für uns als Volumenhersteller ist das der richtige und zu forcierende Weg. Der Name Volkswagen ist Programm, und wir bieten vom ID.3 bis zum ID.7 die breiteste Modellpalette im Markt.
Wie es aussieht, sind Elektroautos aber wohl nur für Europa und China die Zukunft.
Labbé: Die Transformation verläuft in Richtung BEV ganz unterschiedlich, was unter anderem aufgrund der Infrastruktur und Kaufkraft zurückzuführen ist: In Südamerika bemerken wir momentan eine starke Nachfrage nach Hybridfahrzeugen. In China verkaufen sich unsere Verbrenner gut, aber auch der Elektroanteil wächst schnell. Das Elektrofahrzeug-Portfolio wollen wir auch deshalb an die Bedürfnisse der chinesischen Kunden anpassen und machen in China die Entwicklung für China, mit regionalen Facetten, etwa was die Konnektivität und das autonome Fahren betrifft. Die Geschwindigkeit ist so unglaublich schnell, dass lokale Partnerschaften ein wichtiger Schritt sind, daher auch unter anderem die Kooperation mit XPeng. Wir sehen aber ebenfalls, dass die Kunden in der Elektromobilität noch nach dem richtigen Produkt suchen, und freuen uns, wie gut sich der ID.3 verkauft. Das Auto hat in China einen attraktiven Preis, der nicht mit dem Preis in Europa vergleichbar ist. Der Preis kommt aufgrund der China-spezifischen Ausstattung, einer nahezu hundertprozentigen Lokalisierungstiefe und des Produktionsvorteils zustande. Darüber hinaus hat der ID.3 ein im Vergleich zu -Europa leicht verändertes Design, das die Chinesen gut anspricht. Wir entwickeln darüber hinaus jetzt zwei Fahrzeuge mit den Partnern in China, dann sehen wir weiter. Wir sehen auch in Nordamerika eine klare Tendenz in Richtung E-Mobilität und wollen diese nutzen, um unseren Marktanteil als Konzern deutlich auszubauen.
Wie sieht der Zeitplan für das Serienfahrzeug zur Konzeptstudie des ID.2all aus?
Labbé: Es bleibt dabei, dass wir ein E-Auto im Einstiegssegment ab 2025 auf den Markt bringen wollen.
Wird die Serienversion des ID.2all das kleinste Elektroauto sein?
Labbé: In vielen Ländern Europas wird die Serienversion der Konzeptstudie ID.2all immer noch zu groß für den Einstieg sein. Aber wirtschaftlich ist es ausgesprochen herausfordernd, ein noch kleineres -Elektroauto zu bauen.
Wie wird es bei den Autos mit Verbrennungsmotor weitergehen? Welche Fahrzeuge stehen da neu am Programm?
Labbé: Den neuen Tiguan haben wir bereits vorgestellt. Wir bringen 2024 eine Produktaufwertung des Golf, das ist ein ganz wichtiger Schritt. Auch beim T-Cross und beim T-Roc haben wir etwas vor. Viel wird aber auch davon abhängen, wie es mit der EU6/EU7-Norm weitergeht.
Wie lange wird es noch den Polo geben, nachdem sich zum Beispiel Ford und Kia schon aus diesem Segment zurückgezogen haben?
Labbé: In diesem Segment sehen wir eine Bewegung Richtung kleine SUVs: Nach der nächsten Euro-Norm werden wir den Fokus auf kleine SUVs legen.
Vor einigen Jahren war es sehr wichtig für den Volkswagen-Konzern, dass man weltweit die Nummer 1 unter den Autoherstellern ist. Wie stehen Sie dazu heute?
Labbé: Der Name Volkswagen ist Programm, und wir haben den Anspruch, eine große Volumenmarke zu sein. Im Moment haben wir ein sehr breites Portfolio und aufgrund von Verbrennern und BEVs viele Produkte doppelt. Grundsätzlich setzen wir mit unserer klaren Preisstrategie aber vor allem auf die Qualität und Attraktivität unserer Produkte. Wir verfolgen dabei eine Strategie des rentablen Wachstums. Rendite geht bei uns über Volumen.
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