Natürlich kann es selbst ein international erfahrener Manager wie Mag. Markus Wildeis nicht jedem einzelnen Händler (und schon gar nicht den ausgeschiedenen Partnern) recht machen, immerhin wurde das Netz von Peugeot, Citroën, Opel, Fiat, Fiat Professional, Alfa Romeo, Jeep, Abarth und DS in den vergangenen Monaten in Österreich massiv umgekrempelt.
Doch die Händler, mit denen wir nach dem groß aufgezogenen Treffen in der Obersteiermark sprachen, reagierten zum überwiegenden Teil positiv. Stellvertretend für alle sprach Bundesgremialobmann Komm.-Rat Klaus Edelsbrunner, der neben Peugeot nun auch Citroën in Graz verkauft, von einer „Aufbruchsstimmung“: Es sei motivierend gewesen, die neuen Modelle aller anderen Hersteller zu sehen, so Edelsbrunner. Es sei auch wichtig gewesen, dass es während der Veranstaltung längere Pausen gegeben habe, in denen die Retailer mit Kollegen und -Markenverantwortlichen sprechen konnten.
Verantwortlich für die neue Aufbruchsstimmung ist vor allem Wildeis, dem es in den 5 Monaten an der Spitze von Stellantis in Österreich gelungen ist, den einigermaßen verfahrenen Karren wieder in die richtige Spur zu bringen. Das gilt vor allem für das Retailer-System, das das seit Jahrzehnten gewohnte Händlermodell Anfang September abgelöst hat. Natürlich benötige die neue Entwicklung eine gewisse Zeit, sagt Wildeis im Interview. Noch sind nicht alle Systeme so aufgestellt, wie man es gerne hätte.
Doch der Grundstein ist gelegt: „Es ist keine Revolution im Gang, wir sprechen von einer Evolution im Stellantis-Haus“, sagt Wildeis: „Wir haben mit allen Wunsch-Partnern Verträge abgeschlossen. Wo es für beide Partner Sinn gemacht hat, haben wir das -Portfolio der bestehenden Partner erweitert.“ In keinem Fall habe man den „Greenfield-Ansatz“ gewählt, also künstliche Stellantis-Autohäuser kreiert. „Jede Marke deckt den österreichischen Markt gut ab. Wir haben mit den bestehenden Partnern die Stärken gestärkt, aber im harmonischen Ansatz.“
Im neuen Vertriebsmodell habe man – in Kooperation mit den jeweiligen Händlerverbänden – die Vergütung im Verhältnis zu den Vollkosten berechnet; die Regelungen seien nun „besser als vorher“. Denn Stellantis übernehme ja nun auch die Kapitalkosten für die Vorführwagen, was bei der aktuellen Zins-entwicklung ein großer Vorteil sei, so Wildeis.
Der wichtigste Stellhebel für den wirtschaftlichen Fortbestand der Retail-Partner sei aber das Volumen: „Eine Steigerung ist essenziell für unsere Vertriebsorganisation.“ Man habe mit den Händlerverbänden auch vereinbart, die Umstellung zu monitoren und zu begleiten. Natürlich sehe jeder Partner die Höhe der Vergütung aus seiner Brille – ganz egal ob es sich um einen kleinen Betrieb am Land oder eine große Einheit in der Stadt handle: „Aber ich denke, dass wir ein System gefunden haben, das für beide funktioniert. Das hält sich die Waage.“ Stellantis sieht in den neuen Verträgen eine „Risikominimierung für die Retailer“, da die Partner eine feste Vergütung für ihren Aufwand erhalten. „Seine Einnahmen sind ihm also sicher“, so Wildeis: Da viele Partner nun mehrere unterschiedliche Konzernmarken anbieten, würde sich „immer eine geeignete Mobilitätslösung für die Kunden finden“, so Wildeis.
Außerdem gebe es für die Partner einen sehr hohen Bestand, den man im Aftersales habe: „Quer über alle Marken sind es mehr als eine Million Fahrzeuge und im Bereich bis zu einem Alter von 10 Jahren immerhin mehr als 500.000 Kunden. Das ist unser Kapital und ein starkes Fundament für zukünftige Erfolge.“
Apropos Erfolge: Stellantis will den Marktanteil in Österreich, der (für alle Marken, Pkws sowie leichte Nutzfahrzeuge zusammengerechnet) derzeit bei 11 Prozent liegt, binnen 12 Monaten auf 15 Prozent anheben: „Wir sind nicht da, wo wir mit unseren Produkten sein sollten. Doch ich sehe keinen Grund, warum wir nicht auch in Österreich Zahlen erreichen sollten, die unseren Investments gerecht sind.“ Mittelfristig will Wildeis mit den Stellantis-Marken in Österreich 20 Prozent erreichen. „Da werden uns auch die neuen Technologien bei den Batterien für die Elektroautos helfen. Wir wollen schon 2024 ein Fahrzeug im B-Segment unter 25.000 Euro anbieten, und da sind die Förderungen noch gar nicht abgezogen. Es liegt schon heute alles in unseren Händen, um in die Erfolgsspur zurückzukommen.“

Wann kommt Lancia nach Österreich?
Eine Billig-Marke (wie Dacia im Renault-Konzern, Anm.) plant Stellantis nicht, am ehesten ist im Moment Citroën als „Value-for-Money-Marke“ positioniert. Diese Rolle wolle man verstärken, indem man leistbare Mobilität auch bei den vollelektrischen Fahrzeugen zu attraktiven Preisen biete, vor allem im Kleinwagen- und Kompaktsegment. Aber auch bei Fiat werde man, abseits vom Premium-Kleinwagen 500 („eine Marke innerhalb der Marke“, so Wildeis) bald neue Fahrzeuge ankündigen, die – ähnlich wie Tipo oder Panda – günstige Preise bieten.
Kein Thema ist vorerst der Wiedereinstieg von Lancia in Österreich: Erst wenn man den Marktanteil aller Stellantis-Marken auf 15 oder gar 20 Prozent angehoben habe, könne man über die Einführung von Lancia nachdenken, so der Manager: „Aber natürlich wäre es besser früher als später. Denn Lancia wird auch in Österreich Zukunft haben, da bin ich mir sicher.“ 

Mag. Markus Wildeis ist Key-Note-Speaker beim A&W-Tag am 17. Oktober in der Wiener Hofburg: www.aw-tag.at