Was nützen Ziele, wenn man sie verfehlt? Vor allem in Deutschland, wo man Atomkraftwerke zugesperrt hat und stattdessen die Kohlestrom--Produktion hochfährt. Wo schon derzeit absehbar ist, dass die Politik ihre selbstgesetzten – unrealistischen – Ziele krachend verfehlt. Die nun einen Prügelknaben gesucht und dazu – wieder einmal – die Autoindustrie auserkoren hat. Die nicht genügend innovativ sei, um die von den Politikern vorgegebenen Ziele zu erreichen. Ein leicht erkennbarer Versuch, den „Schwarzen Peter“ für ihr eigenes Verfahren den anderen in die Schuhe zu schieben. Es ist unverkennbar, dass der Hochlauf der E-Mobilität bei uns zäher läuft, als dies -Politiker vollmundig -angekündigt hatten. Diese hatten die Rechnung ohne die dafür erforderlichen Käufer gemacht: Kunden sollten um mehr Geld Autos kaufen, die vergleichsweise weniger individuellen Nutzen brachten. In China ließ sich dies einfach bewerkstelligen: Mit riesigen Subventionen wurde eine Autoindustrie hochgezogen, die es zur Jahrtausend-wende noch gar nicht gegeben hatte.
Das hat es etwa BYD, einem erst 1995 gegründeten reinen Batterieproduzenten, ermöglicht, parallel dazu ein erfolgreicher Autoproduzent zu werden. 2010 wurden bereits 500.000 E-Autos produziert, 2022 hat BYD dank des starken chinesischen Heimmarktes bereits 1,8 Millionen Stück verkauft. Volumina, die zu entsprechenden Skalierungseffekten und zu günstigeren Verbraucherpreisen führen. Damit hat BYD auch Tesla mit 1,3 Millionen Stück (davon 52 Prozent „Made in China“) klar hinter sich gelassen.
Die europäische Autoindustrie war beim Wettlauf um die Zukunft der E-Mobilität von Haus aus benachteiligt. Eine zielgerichtete wirtschaftliche Förderung der Neuentwicklung von E-Autos und der Subventionierung der Anlaufkosten hätte die Möglichkeit geboten, diese vom Start weg zu wettbewerbsfähigen Preisen am Markt einzuführen. Stattdessen glaubten Politiker an ihr eigenes Märchen, dass Europas Autofahrer aus grüner Begeisterung zu dieser neuen Technologie überlaufen würden. Erst als sich das Gegenteil entpuppte, wurden Milliarden in den Markt gepumpt, um diese E-Autos mit Ankaufsförderungen, Gratis-Strom und Steuerzuckerln an den Mann zu bringen.
Wie die für E-Autos nötige Energie bis zum Verbraucher kommt, schert die Politik bis heute wenig. Überlastete Stromnetze und unzureichende Lademöglichkeiten in den Ballungszentren sind die Folge. Aus der vorgestrigen geistigen Schatzkiste stammt etwa die Ankündigung der Politiker, Tankstellenbetreiber zur Installation von Schnellladestationen zu verpflichten, um so die „Reichweitenängste“ der Verbraucher zu zerstreuen. Ohne sichergestellt zu haben, dass auch die dafür erforderlichen Leitungen vorhanden sind.
Nun soll die Autoindustrie auch jene Infrastruktur schaffen, damit die politisch vorgeschriebenen neuen E-Autos überhaupt erst ihre Grund-Funktion – individuelle Mobilität – erfüllen können. Unberücksichtigt bleibt dabei, dass etwa die für die Versorgungsnetze notwendigen Trafostationen eine Lieferzeit von 24 Monate haben. Dass der für die Energiewende erforderlichen heimischen Elektrobranche schon derzeit laut ÖVE-Präsident Karl Kapsch jährlich 2.000 Fachkräfte abgehen, die nicht aus dem Hut zu zaubern sind.
Keiner dieser Politiker kam auf der IAA Mobility in München auf die Idee, dass die Bewältigung der Klima-Problematik nur durch Innovation und Fortschritt, nicht durch Verbrenner-Verbote erfolgen kann. Getrieben von Populisten schwadronierten sie für ihre CO2-freie Zukunft von irrwitzigen Terminvorgaben. Es ist höchste Zeit, dass die Forderungen der Fachleute nach gangbaren Rahmenbedingungen und einer umgehenden Anpassung der Ziele an die Realität endlich erfüllt werden.
Dr. Fritz Knöbl ist emeritierter Rechtsanwalt und Publizist.
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