Bereits vergangenen Dezember hat AUTO&WIRTSCHAFT auf einen drohenden Chip-Krieg und die damit verbundene Gefährdung der Klimawende – inklusive E-Mobilität – aufmerksam gemacht. Anfang August hat US-Präsident John Biden mit einem Dekret die Auseinandersetzung USA – China weiter angeheizt. In der Vergangenheit war China Produzent billiger Konsum-Massenware. Inzwischen ist dieses Geschäft in billigere Nachbarländer abgewandert. Chinas Wirtschaft konzentriert sich auf höherwertigere Güter, auf Elektronikprodukte des High-End-Sektors. Das bereitet US-Eliten Kopfzerbrechen.
2017 betrug das US-Handelsbilanzdefizit mit China 375 Milliarden Dollar. Grund genug für Donald Trump, im Wahlkampf 2016 Importzölle anzukündigen. China wurde einseitiger Technologietransfer und Patent-Klau vorgeworfen. Im Jänner 2018 dekretierte Trump Strafzölle für chinesische Waschmaschinen (50 %), Solarzellen und Module (30 %). Im März folgten Stahl mit 25 Prozent und Aluminium mit 10 Prozent – bis zu einem Straf-volumen von 50 Milliarden Dollar.
China begann mit Revanchemaßnahmen: mit chinesischen Zöllen für US-Produkte, ebenfalls im Ausmaß von 50 Milliarden Dollar – etwa für Autos und deren Ersatzteile. Daraufhin erhöhte Trump 2019 das Strafzoll-Volumen zuerst auf 200 Milliarden, dann auf 500 Milliarden; US-Unternehmer wurden aufgefordert, ihre chinesischen Produktionsstätten aufzugeben, in die USA zu verlagern.
Dieser Trump‘sche Handelskrieg entwickelte sich unter Biden zu einem ideologischen Kampf um Vorherrschaft – auch bei Halbleitern, bei Mikrochips als Zukunftstechnologie. Daraus wurde im Ukraine--Krieg eine geopolitische Auseinandersetzung. Vergangenen Oktober wurde der US-Export von Halbleiter-Produkten nach China drastisch beschränkt. Im Mai 2023 folgte die EU diesem Vorbild, sanktionierte chinesische Firmen, die mit ihrer Technologie Russland unterstützen; im Juli führte Holland Ausfuhrkontrollen für Halbleitertechnologie ein.
Sanktionen mit dem Ziel, China auf dem Niveau älterer Technologie „einzufrieren“. Das neueste Biden-Dekret untersagt nunmehr US-Investitionen in China im Halbleitersektor und zur Entwicklung von KI- und Quanten-Technologie. Die EU könnte dem bald folgen. China konterte mit im August in Kraft getretenen Exportbeschränkungen für Gallium und Germanium, einem für die Halbleiterindustrie wichtigen Grundstoff, bei dem China der weltweit wichtigste Produzent ist.
Maßnahmen, welche die Präsidenten beider Mächte freihändig dekretieren können. Derzeit testen beide Seiten aus, ob Sanktionen den Gegner effizient treffen oder eher die eigene Wirtschaft schwächen. So sollte das Russen-Gasembargo Russland schwächen, gleichzeitig die europäische Energiewende beschleunigen. Der damit verbundene Verlust der derzeit billigsten Energiequelle ließ einen der Eckpfeiler des deutsch-österreichischen Wirtschaftsmodells wegbrechen. Das von der Politik mit der Energiewende versprochene Wirtschaftswunder blieb aus, die Wirtschaft stagniert.
Die Kosten dieser Energiewende wurden unterschätzt – vor allem der Forschungs- und Entwicklungsaufwand sowie die für die Produktionsumstellung und für Neuentwicklungen anfallenden Kosten der Industrie. Die – am Beispiel der chinesischen Kfz-Produktion – im hohen Maße vom chinesischen Staat finanziert wurden. Hätte Europas Industrie von Haus aus derartige Zusagen, diese hohen Anfangskosten zu ersetzen, wäre es nicht erforderlich gewesen, teure E-Autos anschließend für Endkunden herunterzusubventionieren. Was selbstverständlich auch chinesische Modelle begünstigte, deren Entwicklung schon einmal staatlich subventioniert worden war. Eine Wirtschaftspolitik, welche auch die gesamte Energiewende gefährdet. Sie schädigt nicht nur Europas Industrie, sondern letztlich auch die Verbraucher, welche die Kostenfolgen des Chip-Krieges in Form höherer Preise zu tragen haben.
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