Wie weit ist Nachhaltigkeit bei einem Verwerter Geschäftsprinzip?

Josef Metzker: Nachhaltig leben wir schon immer, in den letzten Jahren hat sich um das Thema ein Hype entwickelt. Alles, was nicht mehr neu produziert werden muss, ist nachhaltig. Unser Bemühen ist daher, auch ältere Autos am Leben zu erhalten – das ist nachhaltig. Was mich etwas wundert ist, dass sich die Automobilhersteller dieses Themas nur bedingt angenommen haben: Bei Neuprodukten wird oft auf Rezyklierbarkeit und Naturmaterialien hingewiesen. Warum das Thema bei älteren Modellen nicht aufgegriffen wird, ist mir ein Rätsel. Es kann eine gute Werbung für Autobauer sein, wenn ­dessen Modelle auch nach 30 Jahren immer noch alltagstauglich sind. Wir versuchen auch in unserem Unternehmen, alles zu reparieren, bevor wir etwas Neues anschaffen. Genauso ist es bei den Autoteilen, wir bieten unseren Kunden gebrauchte Teile an, damit sie weiterfahren können.
Früher war es gelebte, heute ist es akzeptierte Nachhaltigkeit.

Welche Teile haben Sie lagernd und für welche Fahrzeuge? Welche Teile sind die gängigsten?

Prinzipiell haben wir für alle Marken und Typen alle Teile lagernd. Besonders gefragt sind jene von Fahrzeugen der deutschen Marken VW, Audi, BMW und Mercedes-Benz. Zu gesuchten Teilen zählen für Karosseriereparaturen nach Unfällen Frontteile, Scheinwerfer, Stoßstangen, Blinker, Rückspiegel und bei Verschleißteilen Antriebswellen, Servopumpen, elektrische Lenkungen, Lichtmaschinen und Starter sowie im Sommer Klimakompressoren und im Winter alles, was Heizung, Kühler oder Wasserkreislauf betrifft.

Gibt es in der Verwertung bestimmte Baujahre, für die Sie Teile aufheben?

Es gibt Teile, für die trotz ihres Alters noch enormer Bedarf besteht. Beispielsweise für den noch immer stark verbreiteten VW Golf 4: Für dieses Modell heben wir alles auf, weil es entsprechende Nachfrage gibt. Von vielen Kunden hören wir, dass für gewisse Modelle – unabhängig von der Marke – neue Originalteile gar nicht mehr erhältlich sind. Wie lange die Hersteller verpflichtet sind, neue Originalteile bereitzustellen, weiß ich nicht. Ich vermute, dass durch die Forcierung des E-Autos in Zukunft diese Schiene mehr bedient werden wird und der Ersatzteilmarkt vernachlässigt werden könnte. Wir können aber auch 20 Jahre alte Teile noch anbieten.

Welche Baugruppen heben Sie eigentlich auf und welche eher nicht?

Die Nachfragen unserer Kunden betreffen gewisse Marken und Typen. Wenn ich als Beispiel wieder den VW Golf 4 nennen darf: Von diesem würden wir alle Frontteile aufheben, selbst wenn wir 10 Fahrzeuge dieses Modells zerlegen, heben wir alle Teile auf. Bei anderen, nicht so gängigen Typen sind es 1 oder 2 Stück oder wir bauen Teile nur, wenn wir sie nicht mehr auf Lager haben, aus. Unsere rund 5.500 Quadratmeter großen Hallen sind prall gefüllt: Im Erdgeschoß ist ein Kleinteilelager untergebracht, im Obergeschoß ein Chassislager. Es kommen auch ständig neue Fahrzeuge nach. Ich würde gerne alles aufheben, das geht aber nicht. Wir bieten auch Teile für leichte Nutzfahrzeuge an, das betrifft vor allem VW-Busse und Ford Transit. Teile für Zweiräder führen wir nicht, allerdings übernehmen wir auf Kundenwunsch deren Entsorgung. Wir sind ein Entsorgungsbetrieb und haben die Genehmigung für Übernahme und Behandlung von gefährlichem Abfall, was auch ein Kfz in einem gewissen Zustand ist. Unser Platz war ursprünglich größer. 1986 haben wir rund 26.000 Quadratmeter unseres Areals an einen Immobilienentwickler verkauft, damit kam es zur Neuorganisation auf dem verbliebenen Areal. Davor sind bis zu 8.000 Autos auf Halde gelegen, mit den Betriebsstoffen in den Fahrzeugen. Es gab damals kein Gesetz, das dies verbot. Niemand hat daran gedacht, die Betriebsmittel zu entnehmen. Heute legen wir jedes Auto trocken; alles, was draußen steht, hat überhaupt keine Flüssigkeiten mehr. Mit derartig vielen Fahrzeugen könnten wir heute nicht mehr arbeiten, wir würden heute diese Masse an Autos auch nicht mehr bekommen. 

Wie finden Sie Teile bei Nachfragen schnell?

Wir haben die Chassis-Teile in der EDV und fangen jetzt an, die Gebrauchtteile online anzubieten. Das gilt vor allem für neuere und seltenere Teile. Dafür stellt eBay eine gute Plattform dar, weil die Teile über Google leicht gefunden werden können. Derzeit haben wir 1.500 Teile online, wollen das Angebot aber auf 10.000 Stück ausbauen.
Unsere Ware ist zwar gut sortiert, aber nicht erfasst: Das wäre schlichtweg unmöglich, weil die Erfassung den Rahmen sprengen würde, denn bei Gebrauchtteilen fehlen oft die Nummern. Unseren Kunden sagen wir, dass das Teil zu 80 bis 90 Prozent passen könnte. Wir ersuchen die Kunden, ihr altes Teil mitzubringen und vergleichen es dann. Wir machen das alle sehr lange und unsere Mitarbeiter verfügen über entsprechendes Know-how. Bei rund 50 Prozent der telefonischen Anfragen können wir direkt antworten, ob wir die Teile haben, bei der anderen Hälfte nachfragen oder nachschauen. Das funktioniert sehr gut. Wir hatten früher auch einen Shop für Neuteile, das hat aber nicht funktioniert, weil große Konkurrenten die Teile billiger anbieten konnten. 

Was legen Sie nicht mehr auf Lager?

Das sind oft ältere Teile oder Teile von älteren Fahrzeugen wie z. B. jene eines Skoda Felicia, der bis 2001 produziert wurde, von dem es nur mehr wenige Modelle gibt. Wir müssen Prioritäten setzen, mir ist der Platz wichtiger für gängigere Teile, die ich besser verkaufen kann. Wir müssen ohnehin immer wieder aussortieren, obwohl das Teile für Youngtimer wären, wir aber den Platz für aktuellere Modelle benötigen. 

Welche Teile werden aus den Fahrzeugen ausgebaut:

Das ist von Fahrzeug zu Fahrzeug verschieden. Wenn ein Fahrzeug zu uns kommt, werden Motor und Getriebe immer ausgebaut und danach jene Teile, die wir für unsere Lager brauchen. Das hängt zum einen vom Zustand und zum anderen von der Gängigkeit ab. Natürlich ist auch der Aufwand enorm. Wenn wir die Fahrzeuge zerlegen, müssen einzelne Komponenten besonders geschützt werden, etwa Sitze, die in Plastik gepackt werden, um sie vor Schmutz zu schützen. 

Werden Teile repariert?

Wir führen keine Reparaturen durch. Wenn wir ein Ersatzteil um 50 Euro verkaufen, das neu 200 Euro kostet, würde dessen Aufbereitung den Preis auf 120 Euro verteuern. Schwierig, zumal die meisten unserer Kunden gern billig kaufen wollen und nicht bereit sind, diesen Mehrpreis zu bezahlen. Sie sind zu rund 60 Prozent Privatpersonen, zu 40 Prozent freie Werkstätten. Was mir in den letzten 2 bis 3 Jahren aufgefallen ist: Durch die Teuerung und die momentane Krisensituation kaufen viele Kunden, die früher die Reparatur in der Werkstatt hätten durchführen lassen, gebrauchte Teile und reparieren selbst, um so Geld zu sparen.
Als Beispiel sei hier der Außenspiegel eines beliebigen Modells genannt. Dieser kostet neu 300 Euro, er muss auch lackiert werden, was oft noch teurer sein kann als das Ersatzteil selbst. Danach muss er montiert werden, was sich – egal bei welchem Auto – schnell mit 1.000 Euro zu Buche schlagen kann. Wenn wir dieses Ersatzteil gebraucht um 100 Euro anbieten können und der Kunde imstande ist, diesen auch zu montieren, dann hat er sehr viel Geld gespart. Es gibt auch vermehrt Anfragen für Fahrzeuge, die erst 3 bis 4 Jahre alt sind. Das war früher nicht so. 

Arbeiten Sie auch mit Zweitverwertern zusammen?

Es treten schon immer wieder Interessenten an mich heran und wollen beispielsweise meinen Gesamtbestand an Lichtmaschinen übernehmen. Wobei da aber der dafür gebotene Preis pro Stück viel zu nieder ist. Für uns ist es also wesentlich lukrativer, die Gebrauchtteile selbst zu vermarkten. 

Machen Sie auch Teile-Zukäufe?

Nein, das machen wir nicht, es gibt viele Autoverwertungen. Ich bin gerne bereit, Kunden, die ein Teil suchen, das ich nicht auf Lager habe, einen Verwerter zu nennen, wo sie dieses bekommen könnten.