Was sind E-Fuels?
E-Fuels sind synthetisch hergestellte Kraftstoffe, die etwa als E-Benzin, E-Methanol oder als E-Diesel in herkömmlichen Verbrennungsmotoren verwendet werden können. Dazu wird zuerst aus Wasser und Strom – über Elektrolyseure – Wasserstoff erzeugt und in weiterer Folge werden mit CO2 – über unterschiedlichen Verfahren – E-Fuels produziert.

Was sind die größten Vorteile?
Die größten Vorteile sind die einfache und problemlose Transportierbarkeit in bestehenden Logistiksystemen, die Verwendung in bestehenden Verbrennungsmotoren und die CO2-Neutralität – wenn ausschließlich erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. Theoretisch können mit E-Fuels alle herkömmlichen Verbrennungsmotoren CO2-neutral betrieben werden, auch in Pkws, Lkws, Land- und Baumaschinen, Schiffen und in der Luftfahrt. Die Infrastruktur für fossile Treibstoffe könnte ebenfalls weiter verwendet werden.

Was sind die größten Nachteile?
Verfügbarkeit, Preise und Energieaufwand sind die größten Fragezeichen der Technologie: E-Fuels sind derzeit noch nicht verfügbar, die komplette Industrie muss erst aufgebaut werden und beim Hochlauf gibt es noch mehrere Hürden. Diese liegen etwa bei der Industrialisierung von Direct-Air-Capture, aber auch bei mangelnden Ressourcen im Bereich Finanzierung, bei den Elektrolyseuren und dem Aufbau der Energieparks. Durch die fehlende Industrialisierung und die energieintensiven Verfahrensschritte sind die Kosten noch sehr hoch – und sie werden es noch länger bleiben. Aufgrund der derzeit noch knappen Ressourcen ist zudem der hohe Energieaufwand bei der Erzeugung ein großes Thema. Derzeit liegt der Energie--Verbrauch bei 22 bis 25 kWh pro Liter E-Benzin. AVL arbeitet an einer Technologie zur Reduktion auf 15 bis 18 kWh pro Liter. Ein weiterer Nachteil ist, dass Motoren, die mit E-Fuels betrieben werden, im Betrieb weitgehend dieselben Schadstoffe ausstoßen wie mit fossilen Treibstoffen betriebene (Lärm, Abgase). Das Fraunhofer-Institut beschäftigt sich in einem Diskussionspapier damit.

Wo sollen E-Fuels produziert werden?
Durch den hohen Energieeinsatz von E-Fuels und den hohen Eigenbedarf an erneuerbarer Energie in Europa (und den anderen Industrie-Ländern) sollen diese Kraftstoffe in Regionen produziert werden, wo es durch viel Sonne und/oder Wind ein hohes Aufkommen an erneuerbarer Energie gibt, und dann mit Schiffen oder Pipelines zu den Verbrauchern transportiert werden. Beispiele für geeignete Länder sind etwa Chile, Australien oder nordafrikanische Staaten. Das Fraunhofer--Institut listet in seinem Power-to-X-Atlas Länder auf, die sich für die Produktion gut eignen würden.

Woher kommt das CO2?
Dafür gibt es drei Möglichkeiten: Man kann biogenes CO2 aus Biomasse verwenden, das allerdings grundsätzlich begrenzt ist und in energiereichen Regionen nicht vorkommt. Die Gewinnung direkt aus der Umgebungsluft (Direct Air Capture) ist der zukünftige Weg, derzeit aber teuer, aufwändig und großindustriell noch nicht umsetzbar. Die dritte Methode ist Carbon Capture, bei der CO2 aus punktuellen Emittenten, also Industrieanlagen oder fossilen Kraftwerken, abgeschieden wird. Das ist derzeit kostengünstiger umzusetzen als Direct Air Capture. Außerdem können damit bisher unvermeidbare CO2-Emissionen etwa bei der Stahl- oder Zementproduktion eingefangen werden. Allerdings müsste das so gewonnene CO2 dann aus Industrieländern in energiereiche Regionen befördert werden, dazu fehlt derzeit eine leistungsfähige und kostengünstige Infrastruktur. Größtes Hemmnis ist hier jedoch, dass die EU die Weiterverwendung von CO2 (Carbon Capture and Utilisation) nicht als CO2-Einsparung anerkennen wird, da die generelle Einsparung von CO2 die oberste Zielsetzung ist.

Welche Verfahren gibt es zur Erzeugung von E-Fuels aus Wasserstoff und CO2?
Die bekannteste Variante ist das Fischer-Tropsch--Verfahren, bei dem der Fokus etwa auf Diesel- oder in der Weiterverarbeitung auf der Kerosin-Produktion liegt. Das zweite Verfahren mit dem Fokus auf E-Benzin (wie zum Beispiel in Chile) ist ein Patent von Exxon-Mobil.

Welche Produkte enstehen?
Es können in der Produktion Schwerpunkte gesetzt werden, es gibt aber kein Verfahren, bei dem ausschließlich ein Produkt entsteht. Wie beim fossilen Rohöl können Produkte aus E-Fuel-Anlagen auch in Raffinerien weiterverarbeitet werden.

Was hemmt den Hochlauf? 
Der Hochlauf wird einerseits durch die fehlende Industrialisierung von Direct-Air-Capture begrenzt, andererseits auch durch den Mangel an Investitionsbereitschaft aufgrund fehlender Planungssicherheit. In den nächsten Jahrzehnten werden darüber hinaus Engpässe in der Verfügbarkeit von Elektrolyseuren erwartet. Denn die E-Fuels-Produktion steht in Konkurrenz mit den Kapazitäten für Wasserstoff, der ja die Basis der synthetischen Kraftstoffe bildet. Um zu dekarbonisieren, werden zahlreiche Industriezweige große Mengen an grünem Wasserstoff brauchen. Auch der Aufbau der Energieparks in passenden Regionen wird Zeit benötigen. Generell werden die erforderlichen Mengen an Energie und Kraftstoff unterschätzt.

Werden E-Fuels bereits produziert?
Derzeit nur in Demonstrations- und Pionier-Anlagen. Ende 2022 wurde die Demo-Anlage Haru Oni in Patagonien/Chile eröffnet, an der Porsche und Siemens beteiligt sind. Großindustrielle Mengen sollen nicht direkt in Haru Oni, sondern in einem benachbarten Werk produziert werden. Der Antrag für den Windpark wurde jedoch 2022 aufgrund negativer Stellungnahmen zahlreicher -Behörden -zurückgezogen.
Weitere Projekte sind derzeit in Norwegen (Norsk E-Fuel für Kerosin) und Deutschland (Ineratec mit e-Kerosin und e-Diesel für Schiff- und Luftfahrt) in Umsetzung. Laut Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung reicht die angekündigte Produktion im Jahr 2035 gerade einmal für 10 Prozent des deutschen Bedarfs in Flug- und Schiffsverkehr sowie in der chemischen Industrie.

Welche Mengen sind derzeit verfügbar?
Bislang sind keine relevanten Mengen verfügbar, man kann E-Fuels noch nicht kaufen. Die in Haru Oni produzierten Mengen an E-Benzin will Porsche für den Rennsport verwenden.

Welche Rolle spielen E-Fuels in der europäischen Klimaschutzgesetzgebung?
E-Fuels werden von der EU-Kommission als wichtiger Weg zur Dekarbonisierung von Bereichen gesehen, die nicht oder nur schwer elektrifizierbar sind, wie Luftfahrt oder Schifffahrt. Da E-Fuels noch lange Zeit knapp sein werden, sieht die EU-Kommission für den Pkw-Verkehr die Elektromobilität als -geeigneten Weg an.

Welche Mengen wird es brauchen?
In Österreich wurden vergangenes Jahr – nur im Straßenverkehr – über 9 Milliarden Liter Treibstoff verbraucht. Nach Berechnungen von Jürgen Rechberger von AVL wären dafür 32 GW an erneuerbarer Energie nötig, was der Produktion von ca. 9.000 Windrädern in Patagonien entspräche.
Anders: Um den gesamten Flugverkehr in der EU vollständig mit E-Fuels zu betreiben, wären 43 Millionen Tonnen E-Kerosin erforderlich. Dazu würden man laut Berechnungen des BMK 38.750 Windkraftanlagen mit 277 GW installierter Leistung benötigen.
Derzeit gibt es sehr geringe Beimengungs-Quoten für Flugzeuge und Schiffe.

Sind E-Fuels emissionsfrei?
Nein. Bei der Verbrennung von E-Fuels wird jenes CO2, das vorher in der klimaneutralen Produktionsvariante gebunden wurde, wieder freigesetzt. E-Fuels gelten daher als CO2-neutral (und wurden deshalb auch vom Verbrennerverbot ausgenommen). Bei der Verbrennung entstehen aber auch weiterhin lokale Schadstoffe wie NOX, CO und Partikel. Eine umfassende Abgasnachbehandlung, in Kürze nach Euro7, ist weiterhin erforderlich, Fahrverbote in Großstädten in Diskussion.

Was kosten E-Fuels?
Bei derzeitigen Demo-Anlagen spricht man von 3 bis 5 Euro Gestehungskosten. Jürgen Rechberger prognostiziert nach dem vollindustriellen Ausbau einen Produktionspreis von 1,50 Euro pro Liter. Der ÖAMTC spricht in seiner jüngsten Studie von einem möglichen Abgabepreis von 3,30 Euro im Jahr 2040, dafür sollen E-Fuels von der CO2-Bepreisung ausgenommen werden.

Welche Rolle spielen E-Fuels in den Strategien der Fahrzeughersteller?
Für die Neuwagen-Strategien der Hersteller werden E-Fuels in Europa, wenn überhaupt, nur eine sehr kleine Rolle spielen. So möchte Porsche offenbar den 911 weiter mit Verbrennungsmotor produzieren. Nicht nur aufgrund mangelnder E-Fuel-Kapazitäten sind hier bereits die Entscheidungen in Richtung E-Mobilität gefallen. (Lesen Sie dazu das Fokus-Thema der Ausgabe 4/2023 der AUTO & Wirtschaft.)

Zählen Bio-Fuels und HVO auch als E-Fuels?
Nein, Bio-Kraftstoffe werden aus Biomasse hergestellt, also aus nachwachsenden Rohstoffen wie Ölpflanzen, Getreide, Zuckerrohr oder -rüben, aber auch aus Restholz oder Holz aus Schnellwuchsplantagen. HVO (Hydrogenated Vegetable Oils) werden aus Altspeisefetten hergestellt.

Lesen Sie auch das Interview mit Jürgen Rechberger von AVL List.