A&W: Bei Ford stehen Veränderungen in der Vertragssituation bei den Händlern an: Wie ist der Stand der Verhandlungen Richtung Agentursystem?
Mag. Andreas Oberascher: Um unsere Transformation voranzutreiben, wurde im Jänner 2022 die „Arbeitsgruppe Zukunftsplan“ ins Leben gerufen, in der Händler aus Österreich, Deutschland und der Schweiz sowie Mitarbeiter von Ford vertreten sind. Vom österreichischen Händlerverband sind Markus Gottlieb und Michael Mayr mit dabei. Ziel ist es, -einen gemeinsamen Vertrag für den D-A-CH-Raum zu erarbeiten. Das sind ja umfangreiche Themen – und es ist nicht einfach, da zum Beispiel die Schweiz nicht in der EU ist und mehrere Sprachen hat. Wir in Österreich haben als einzige die NoVA, um nur einige Dinge zu nennen.
Was bedeutet das für den Terminplan?
Oberascher: Wir werfen den Plan nicht um, aber wir setzen einen Zwischenschritt. Der Zeitplan ändert sich. Mit 1. März sind die Niederlande gestartet, das war immer als Pilotprojekt geplant. In Österreich, Deutschland und der Schweiz starten die neuen Verträge am 1. April 2025. Ford Europe wird bis Ende dieses Jahres bekannt geben, zu welchem Zeitpunkt die anderen Länder in die Agentur starten. Neben den Niederlanden werden eventuell auch andere Länder vor uns beginnen.
Das heißt, der Vertrag vom 1. April 2025 wird noch kein vollständiger Agenturvertrag sein?
Oberascher: Es ist ein Stufenvertrag, der uns hilft, alle Bausteine umzusetzen. In diesem Handelsvertrag werden 80 bis 90 Prozent der Bausteine des Agenturvertrags sein, die jetzt festgelegt werden. Um die rechtlichen Rahmenbedingungen bei komplexen Themen wie etwa den Steuern, der IT oder dem Nutzfahrzeuggeschäft abzuklären, sollten wir uns die Zeit nehmen, die es braucht. Erste Elemente des Agenturmodells wollen wir bereits in diesem Jahr einführen.
Wie reagieren die Händler auf diese Veränderungen und wie bewerten Sie die Stimmung im Netz?
Oberascher: Ich habe seit November 2022 gemeinsam mit unserem Händlernetzentwickler Alexander Pichler mit jedem unserer Haupthändler ein mehrstündiges Gespräch geführt. Wir haben ja in -Österreich das beste unabhängige privatwirtschaftliche Netz. Unser Ziel ist es, möglichst viele derzeitige Partner zu gewinnen, mit dem richtigen Gesamtpaket unseren neuen Weg mitzugehen. Ich verstehe gut, dass der Handel alarmiert und verunsichert ist, das ist ja nicht nur bei unserer Marke so. Die Partner waren in den vergangenen Jahren verstärkt mit negativen Botschaften -konfrontiert.
Der eine oder andere Ford-Händler überlegt aber bereits, wie er sein Autohaus künftig auslasten kann und will eine zweite oder gar dritte Marke hinzunehmen. Was sagen Sie dazu?
Oberascher: Was die Mehrmarkenstrategie betrifft, ist viel im Umbruch. Aber bei den Nutzfahrzeugen hinterfragt uns niemand – und auch da investieren wir derzeit kräftig in neue Produkte. Die Händler haben mit uns gutes Geld verdient und ich glaube, dass ein nachhaltiges profitables Geschäft mit unseren neuen Produkten weiterhin möglich sein wird.
Neben den Agenturverträgen wird es auch bei den Produkten deutliche Änderungen geben: Galaxy, S-MAX und Fiesta werden eingestellt, Ford soll rein elektrisch werden. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Oberascher: Jedes Volumenmodell wird ein vollelektrisches Volumenmodell bekommen. Die Produktion in Köln startet im Herbst, gegen Ende des Jahres werden wir die ersten Einheiten in Österreich haben. Bis 2024 wird Ford allein in Europa drei neue vollelektrische Pkw-Modelle und vier elektrische Nutzfahrzeuge auf den Markt bringen. Darüber hinaus werden wir weiterhin attraktive Pkw-Baureihen wie den Puma und den Kuga anbieten, einschließlich des aktuellen Kuga Plug-in-Hybrids, und ab 2024 den vollelektrischen Puma. Auch der Focus ist bis Mitte 2025 gesichert. Ab 2026 will Ford in jeder Baureihe mindestens ein Plug-in oder ein vollelektrisches Modell im Angebot haben und ab 2030 soll es nur noch rein elektrisch angetriebene Pkws geben. Die Produktionspläne stehen. Wir wollen auf jeden Fall Zuversicht vermitteln und waren mit den Händlern auch im November 2022 beim großen Future Event, wo wir die gesamte Modellpalette, die bis 2024 auf dem Markt sein wird, gezeigt haben – sowohl bei den Pkws als auch bei den Nutzfahrzeugen.
Apropos Nutzfahrzeuge: Ford war in Österreich im Vorjahr zum 3. Mal in Folge die Nummer 1. Wird das auch heuer der Fall sein?
Oberascher: Wir haben im Vorjahr unseren Marktanteil bei den Nutzfahrzeugen um 1,66 Prozentpunkte auf 22,93 Prozent ausgebaut, das waren 5.109 Neuzulassungen. Bei den Nutzfahrzeugen wollen wir weiterhin als Marktführer agieren – auch mit neuen Produkten: Der Tourneo Courier wird heuer noch als vollelektrisches Produkt folgen, das Fahrzeug ist ein reines Ford-Produkt, kommt aus Craiova und wird in der Übergangsphase auch als Verbrenner verkauft. Das Fahrzeug wird sich mit dem Tourneo Connect aus der Kooperation mit VW gut ergänzen. Der neue Tourneo Custom mit 3 Dieselmotoren und optionalem Allrad ist schon bestellbar und ist jener Bus, den wir schon immer haben wollten. 6 Monate später kommt er dann auch als Plug-in und vollelektrische Variante mit bis zu 380 Kilometer Reichweite.
Wie sieht es mit dem Auftragsbestand aus?
Oberascher: Wir haben einen sehr hohen Auftragsbestand, den wir Monat für Monat strukturiert abarbeiten. Im Verkauf informieren wir die Kunden transparent über längere Lieferzeiten. Und wir schauen ganz gezielt, welche Kunden wie dringend welche Fahrzeuge brauchen. So können wir die Fahrzeuge auch auf die Händler gezielt verteilen.
Kommen wir zu den Modellen, die wegfallen: Fiesta, Galaxy und S-MAX: Wie ist der Stand der Dinge?
Oberascher: Wir sprechen von einem strukturierten Auslauf: Wir werden die Fahrzeuge über Kontingente so verteilen, dass die Händler wissen, was sie bekommen und dass sie jede Order abbauen können. Beim Fiesta werden jetzt die letzten Kontingente verteilt, ehe die Produktion im Juni ausläuft. Jeder, der einen Fiesta bestellt hat, wird ihn bekommen. Beim Galaxy wurden die Orders schon geschlossen, die letzten Fahrzeuge gelangen in den kommenden Wochen zur Auslieferung. Ähnlich ist es beim S-MAX, der aber nur etwa 10 Prozent des Galaxy-Volumens ausgemacht hat. Aber die Händler haben ihre -Kunden rechtzeitig informiert.
Wie sieht es mit der Lieferproblematik aus, die Ford im Vorjahr ziemlich stark getroffen hat?
Oberascher: Was den Ausblick auf 2023 betrifft, war ich im 4. Quartal 2022 wegen der Inflation und des Kaufkraftverlustes noch sehr pessimistisch. Doch das hat sich zum Jahreswechsel deutlich entschärft und ich sehe jetzt positiver nach vorn. In vielen Branchen läuft es in Österreich deutlich besser, was wir an der Nachfrage nach Pkws merken, die deutlich über dem Vorjahr liegt.
Was die Liefersituation betrifft, sind wir noch lange nicht im perfekten Umfeld, doch es ist deutlich positiver – vor allem bei den Volumenmodellen Puma, Kuga, Focus und Mustang Mach-E. Schwierig ist noch immer die Transportlogistik, aber auch hier ist es nun planbarer und besser, als wir Ende 2022 -befürchtet haben.
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