Nachdem ich 1985 an der TU meine Dissertation verfasst habe, war ich 1987 noch am damaligen Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Kraftfahrzeugbau tätig. Auch damals stand die Motorenweiterentwicklung im Mittelpunkt, großes Thema war zu dieser Zeit die variable Ventilsteuerung. Damit habe ich mich damals intensiv auseinandergesetzt und darüber meine Doktorarbeit verfasst. Jahre später istdiese Technik bei den Fiat-Multi-Air-Zweizylinder-Motoren in Serie gegangen -auch Jaguar setzt das System zwischenzeitlich erfolgreich ein. Gleichzeitig erlebte auch der Dieselmotor mit der Wirbelkammereinspritzung, die ab 1990 von Diesel-Aggregaten mit den Direkteinspritzungen ersetzt wurden, einen Entwicklungsschub. Die Zahl der Diesel-Pkws nahm kontinuierlich zu und
löste den Benzin-Motor -Ende der 90er Jahre mit Pumpe-Düse-und später Common-Rail-Technik - als Hauptantrieb ab. Ein zweiter Fokus war, den Direkteinspritzer auch als Benziner salonfähig zu machen. Ende 1988, als ich zur Daimler-Motorenvorentwicklung wechselte, war Verbrauchs-neben der Emissionsverringerung bereits eines der Hauptziele, wobei sich die Forschung punkto verbesserter Abgasreduzierung schwerpunktmäßig auf Kurzstrecken gleich nach dem Start konzentrierte. Dabei ging es auch um die Positionierung des Katalysators näher am Motor, damit sich dieser schneller aufwärmt und so effizienter wird. Danach beschäftigen sich Forschung und Entwicklung mit der variablen Ventilsteuerung, die Verbrauchsvorteile versprach. Durch Downsizing, kombiniert mit Aufladung, erhielt man gleiche Leistung und deutlich niedrigeren Verbrauch. Bei Daimler konnte etwa ein aufgeladener 2,3-Liter-Vierzylinder die gleiche Leistung wie ein 3-Liter-Sechszylinder-Saugmotor realisieren, der Verbrauch des kleinen Motors war deutlich geringer. Wesentlich dominierte die Fahrzeugentwicklung auch das Sicherheitsthema. Es gab zwar schon ABS, dieses wurde langsam auf mittlere und kleinere Modelle ausgerollt, ebenso folgten zeitverzögert die Airbags. Analysiert man Crashtests von kleineren und mittelgroßen Fahrzeuge der 80er-Jahre, kollabierten die Karosserien beim Crash mit 64 km/h durchwegs, die Bodenplatten bogen sich auf, die Insassen wären mit höchster Wahrscheinlichkeit schwerst verletzt odertot gewesen. Heute sind Fahrzeuge viel sicherer, die Karosserien wurden deutlich steifer, der Entwicklungsschwerpunkt lag darauf, für die Insassen eine Sicherheitszelle zu schaffen, dazu kamen zahlreiche weitere Sicherheitsfeatures -im Vergleich zu den späten Achtzigerjahren liegen Welten dazwischen. Auch der Luftwiderstand wurde ein großes Thema, der cw-Wert nimmt entscheidend Einfluss auf den Verbrauch, flachere Windschutzscheiben wirkten sich auf das Komfortbedürfnis aus, da sich der Fahrgastinnenraum stärker erwärmte, und der Wunsch nach Klimatisierung stieg. Beispiel etwa ist der damalige "cw-Weltmeister" Audi 100 mit einem Wert von nur 0,30.

1985 und 1986 kamen die ersten 3-Wege-Kats nachÖsterreich, die Emissionen hatten für damalige Begriffe sensationell niedrige CO-und HC-Werte. Doch die heutigen Abgaswerte entsprechen einem Bruchteil jener der späten Achtzigerjahre: Es gab damals auch keine Partikelfilter.

Quantensprünge und einseitige Politiker
100 heutige Autos emittieren etwa so viel wie ein Fahrzeug von damals ohne den kontinuierlichen Entwicklungsfortschritt zumindest 50 Prozent mehr Verbrauch und Emissionen. Alternative Antriebe gab es damals noch wenig; Elektrofahrzeuge, die wegen der Batterietechnik nur über geringe Reichweiten verfügten, sowie Fahrzeuge mit Wasserstoffverbrennungsmotoren. Blickt man in die Zukunft, so wird seitens der Politik in Europa der Fokus bei CO2-Emissionen derzeit auf null gelegt, egal wie der Kraftstoff oder Energieträger ist. Alle Kohlenwasserstoffe als Kraftstoffesind also -auch für Nutzfahrzeuge -in Zukunft nicht erlaubt. Der treibhausgasneutrale Effekt von E-Fuels wird derzeit in der Gesetzgebung leider nicht berücksichtigt, das bedeutet das Ende für Kohlenwasserstoffe als Kraftstoffe. Dann hätten nur Wasserstoffmotor und Brennstoffzellen Chancen.

Ganzheitliche Betrachtung wäre erforderlich
Ganz wichtig ist die ganzheitlichesEnergiebetrachtung, die sich nicht nur um den Verkehr mit lediglich etwa 25 Prozent der Treibhausgase, sondern um sämtliche Verbraucher dreht. Was ist mit den restlichen 75 Prozent? Europa, speziell Deutschland und Österreich, verlaufen sich meiner Meinung nach total in die Schiene "Nachhaltig grün". Das könnte sich längerfristig fatal auswirken. Wichtig ist und bleibt die Technologieoffenheit und auch das immer wieder unterdrückte Thema der bestehenden, alle 8 bis 10 Jahre erneuerten Autoflotte, diese Autos brauchen Kraftstoff.

Motorenforschung steht langfristig still
Beim Pkw steht die Motorenentwicklungsforschung derzeit praktisch still. Hoffentlich kehrt da wieder Vernunft ein: Woher und wie sollen wir in Europa die benötigen Unmengen grüner Energie -also Strom und Wasserstoff -hernehmen? Denn eine Verlagerung zu null Emissionen für Fahrzeuge mit gleichzeitiger schmutziger Stromerzeugung wie etwa durch Kohle bringt nichts. Strom hat per Definition laut EU für den Fahrzeugantrieb derzeit auch kein CO2, obwohl bei seiner Herstellung durchaus (hohe) CO2-Emissionen anfallen können. Damit ist für die nächsten Jahre nicht absehbar, dass ein Hersteller auf Weiterentwicklung von Verbrennungsmotoren in Europa setzt, weil er bestraft wird. Weltweit gibt es das sonst nirgends, in den USA zählt der Footprint, der auf die Fahrzeugfläche bezogene CO2-Wert, der nicht auf null gestellt, sondern nur reduziert wird, in China sind jedenfalls Plug-in-Fahrzeuge dabei, bei den Syn-Fuels gibt es Ansätze, sie anders zu bewerten als in Europa. Verbrennungsmotoren dürften in den USA und China Zukunft haben. Das ist eine rein politische, keine verfahrenstechnische Frage. Bei Stufe Euro 7 hätte der Verbrennungsmotor bei Schadstoffen schon so viel Potenzial, dass man nahezu auf null käme. Von 100 Prozent Schadstoffemissionen im Jahr 1987 liegen wir derzeit bei 2 bis 3 Prozent, mit Euro 7 würden die Schadstoffe auf 0,3 bis 0,5 Prozent gesenkt. Wir reden dabei vom Begriff "Zero Impact Emissionen", also so wenig Eintrag, dass dieser im Grundrauschen untergeht, und das kann so weit führen, dass die Abgase aus dem Motor eine geringere Belastung produzieren als die Umgebung. Im Extremfall könnte der Partikelfilter (durch Ansaugen der Luft) Partikel aus der Umgebung herausfiltern und diese sogar sauberer machen. Akzeptierte man E-Fuels und berücksichtigte die nachhaltige Erzeugung, ließen sich auch Verbrennungsmotoren mit E-Fuels sparsamer machen, weil diese enger spezifizierbar sind. Wären E-Fuels flächendeckend verfügbar, ließe sich, v. a. in Kombination mit einem Hybridantrieb, der Wirkungsgrad von derzeit 40 bis 45 Prozent auf 50 bis 55 Prozent optimieren.

Schiffe und Flugzeuge werden E-Fuels nutzen
Ein weiterer Riesenvorteil von E-Fuels ist die Verwendbarkeit für bestehende Motoren und Fahrzeuge, damit kann der große Altfahrzeugbestand kurzfristig treibhausgasneutral werden -und dies weltweit! Wird der EU-Vorschlag so umgesetzt wie derzeit bekannt, wird die klassische Motorenentwicklung in Europa deutlich reduziert oder aufgegeben. Weltweit wird es zwarweiter Verbrenner geben, dennoch fürchte ich, dass in Europa letztendlich langfristig Know-how und Pkw-wie Nfz-Motorenentwicklung verloren gehen. Nicht für Schiffe und Flugzeuge, deren Antriebe sollen an E-Fuels angepasst werden, weil die Politik das akzeptiert. Aber hier sprechen wir von wenigenEinheiten -die meisten außerhalb Europas. 03