Wie hat sich das Reifengeschäft in den vergangenen 35 Jahren verändert?
Christian Mühlhäuser: 35 Jahre sind ein außerordentlich langer Zeitraum. Seinerzeit hieß der amerikanische Präsident Ronald Reagan, und beim Besuch in Deutschland reiste er noch nach West-Berlin. Das Faxgerät hielt gerade erst Einzug in vielen Büros. Kaum mehr vorstellbar, umso beeindruckender ist Ihre Leistung für den Verlag und Ihr Wirken in der Branche einzuordnen.
In diesen dreieinhalb Dekaden hat sich unsere Branche deutlich verändert. Unsere Kommunikation wird mittlerweile digital unterstützt, und mithilfe moderner Technologie lassen sich Trends im Mobilitätsmarkt immer schneller umsetzen und etablieren. Reifen sind heute längst nicht mehr nur „schwarz und aus Gummi“, denn neue Fahrzeugkonzepte oder steigende Ansprüche der Autofahrer stellen konstant neue Anforderungen. Der Reifen der Zukunft muss leichter, leiser, vernetzt und insbesondere nachhaltig sein, dabei gleichzeitig eine immer überzeugendere Performance im täglichen Straßenverkehr bieten. Soweit der technische Blickwinkel.
In der Zusammenarbeit mit unseren Kunden und Partnern sind hingegen immer noch genau dieselben Werte wichtig: Zuverlässigkeit, Vertrauen, Qualität und der persönliche Kontakt. Darum geht es. Produktseitig ist es unser Anspruch, zu jeder Zeit ein Portfolio leistungsstarker Produkte mit einer ausgezeichneten Vermarktbarkeit anzubieten. Damit ermöglichen wir unseren Partnern die kompetente Beratungs- und Serviceleistung und in der Folge einen zufriedenen Endkunden. An diesen Grundprinzipien hat sich nichts geändert.
Wie hat sich Bridgestone als Reifenkonzern in diesen 35 Jahren entwickelt, was waren aus Ihrer Sicht die Highlights?
Christian Mühlhäuser: Seit über 90 Jahren steht Bridgestone für Qualität, derzeit entwickeln wir uns vom reinen Reifen-Hersteller hin zu einem führenden Hersteller von Premiumreifen und -nachhaltigen Mobilitätslösungen. Innovative Technologien und hohe Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung bilden die Basis für diesen Wandel, der möglich ist, weil die Weichen zum jeweiligen Zeitpunkt richtig gestellt wurden.
Wegweisende Schritte in den letzten 35 Jahren waren sicherlich die Fusion mit Firestone 1988, der Erwerb von Bandag, einem weltweit führenden Unternehmen für die Runderneuerung, oder Europas größtem Anbieter digitaler Mobilitätslösungen, TomTom Telematics, längst als Webfleet Solutions bekannt. Herausragend auch die zahlreichen Erfolge im Motorsport, in der IndyCar-Serie, der Formel 1 oder der Motorrad-Weltmeisterschaft.
Aber zuvorderst sind die zahlreichen Innovationen zu nennen, mit denen Bridgestone immer wieder maßgeblich die Mobilität der Zukunft mitgestaltet. Ob nun die Ologic-Technologie 2013, die DriveGuard-Technologie 2016, B-Silent und B-Seal 2018 oder aktuell die Enliten Leichtbau-Reifentechnologie, sie alle haben neue Maßstäbe gesetzt.
Bridgestone hat in den vergangenen Jahren seine Position in Österreich deutlich verbessert. Was sind die Gründe dafür?
Christian Mühlhäuser: Wir bieten unseren Kunden eine hochmoderne Produktpalette, leistungsstark und marktorientiert, die sich durch eine optimale Vermarktbarkeit auszeichnet. Das produktseitige Gesamtpaket von Bridgestone ist sehr attraktiv und die Basis, um langfristig erfolgreich zu sein. Allerdings ist für den Erfolg im Markt immer das Team verantwortlich, der Mensch macht den Unterschied. Und unser Team in Österreich macht unter der Leitung von Martin Krauss, Country Manager, ganz einfach einen tollen Job.
Was sind Stärken von Bridgestone beim Reifenfachhandel?
Christian Mühlhäuser: n zwei Worten: Customer Centricity. Diese Philosophie leben wir bei Bridgestone, für uns stehen die Wünsche und Ansprüche unserer Kunden an erster Stelle, und dieser Ansatz wird geschätzt. Mit unserem Qualitätsversprechen setzen wir uns zudem über Produkte und Services hinaus dafür ein, an den Stellen Lösungen zu schaffen, wo sie gefordert sind, um gemeinsam mit unseren Partnern im Handel im Markt erfolgreich zu sein. Dazu gehören nicht nur herausragende Reifen, wie der vielfache Winter-Testsieger Blizzak LM005 oder der 2021 eingeführte UHP-Reifen Potenza Sport, sondern auch vielfältige Serviceangebote wie erweiterte Servicezeiten in den Hochphasen der Reifenwechselsaison. Auch mit praxisnahen Schulungen, wie den Bridgestone Training Days oder digitalen Seminaren, unterstützen wir unsere Partner, damit sie für ihre Kunden die Nummer eins sein können.
Wie wird sich die Reifen-Technologie in den nächsten Jahren entwickeln?
Christian Mühlhäuser: Analog zur Ausrichtung der Fahrzeugtechnologie liegt unser Augenmerk bei der Reifenentwicklung auf einer vernetzten, effizienten und nachhaltigen Mobilität. Wir haben in den letzten Jahren entscheidende Technologien entwickelt, um genau hier anzusetzen. Unsere virtuelle Reifenentwicklung ermöglicht beispielsweise die Konzeption eines digitalen Reifens, quasi ein digitaler Zwilling, durch den viele Eigenschaften sehr präzise und ohne physische Tests geprüft werden können. Die Entwicklungszeit, der Rohstoffverbrauch und die CO2-Emissionen werden somit reduziert, einhergehend mit einer höheren Genauigkeit und Flexibilität. Diese Technologie wird in alle Entwicklungsprozesse integriert und weiter ausgebaut werden.
Auch der Fokus auf Elektrofahrzeuge nimmt zu und damit die Ausrichtung auf speziell für EVs maßgeschneiderte Lösungen. Mit dem vollelektrischen Volkswagen ID.3 kam im Zuge dessen auch die unternehmenseigene Leichtbau-Reifentechnologie Enliten zum ersten Mal auf die Straße. Reifen mit dieser Technologie weisen einen um bis zu 30 Prozent geringeren Rollwiderstand auf und ein um bis zu 20 Prozent reduziertes Gewicht. In Summe bedeutet das, dass neben einer gesteigerten Reichweite bis zu 2 Kilogramm weniger Rohstoffressourcen für die Produktion jedes Reifens benötigt werden. Dies sind die Trends, die in den kommenden Jahren die Entwicklung prägen werden.
In welcher Form wird Nachhaltigkeit von Bridgestone nach außen kommuniziert?
Christian Mühlhäuser: Die nachhaltige Ausrichtung bestimmt sämtliche unserer Aktivitäten und ist ein elementarer Teil unserer Verantwortung als Unternehmen. In unserem jährlichen Sustainability Report geben wir die erreichten Ergebnisse bekannt. Bis 2020 konnten wir gegenüber 2011 unsere CO2-Emissionen um 31 Prozent reduzieren. Bis 2030 sollen sie um 50 Prozent verringert werden, und spätestens ab 2050 wollen wir klimaneutral agieren.
Daneben soll die Einführung einer Kreislaufwirtschaft im Unternehmen beschleunigt und der Anteil von recycelten und erneuerbaren Materialien auf 40 Prozent erhöht werden. Dazu gehört eine Reduzierung der CO2-Emissionen über den Produktlebenszyklus und die gesamte Wertschöpfungskette.
Diese Meilensteine sollen einen stärkeren Beitrag zur Realisierung einer klimaneutralen Gesellschaft ermöglichen. Deshalb werden wir unsere Bestrebungen hier in den kommenden Jahren kontinuierlich verstärken.
A&W begleitet Bridgestone seit 35 Jahren durch das Reifenbusiness. Was macht diese Kooperation so besonders?
Christian Mühlhäuser: Ja gut, Herr Lustig, das sind zuallererst natürlich Sie. Mit klarem Blick und spitzer Feder haben Sie die verschiedensten Themen der Branche in den zurückliegenden 35 Jahren zu Papier gebracht. Mit Ihrem Schaffen haben Sie ein unverwechselbares Profil geschaffen, und damit kennen wir uns in der Reifenbranche wirklich aus.
Gemeinsam blicken beide Unternehmen heute auf über dreieinhalb Jahrzehnte unterschiedlichster Entwicklungen und Ereignisse in der Branche zurück. Dabei teilen Bridgestone und A&W viele Gemeinsamkeiten wie den hohen Qualitätsanspruch, den technischen Fortschritt im Blick oder das Gespür für die Entwicklungen im Markt. Ganz wichtig, die Ansprüche der Kunden beziehungsweise Interessen der Leserschaft stehen bei beiden Unternehmen stets an erster Stelle. Zusammenfassend darf man sagen: Gemeinschaftlich am Puls der Mobilität.
Vielen Dank für diese 35 Jahre, Herr Lustig. Und alles Gute im Unruhestand!