Oft wurde ich gefragt: "Wie ist eigentlich die Arbeit mit Gerhard Lustig?", weil man einen so umtriebigen Kollegen recht gut kennenlernt, wenn man ständig miteinander mehr als 40 Stunden Geschäfts-und Event-Termine wahrnimmt und an Zeitschriften schreibt. Gerhard Lustig widerlegte die Ansicht eines früheren Chefs, der meinte: "Sie sind nur ein Rädchen, nicht die Uhr!" Doch er drückte auf Wunsch von Helmuth H. Lederer der Auto-Information kritisch seinen Stempel auf, schrieb mit Prof. Robert Billisich das Magazin Auto Service und führte später AUTO&Wirtschaft: Aus diesem Titel entwickelte erÖsterreichs größten Automotive-Fachverlag für Profis (B2B) und Konsumenten (B2C).

Wie arbeitet der offenbar stets gut gelaunte Branchenjournalist, der Missstimmungen anderer "wegbügelt"?

Sein Büro ist heute überall, nachdem sich das Telefon -für Gerhard Lustig so unentbehrlich wie der Kugelschreiber -zur Jahrtausendwende von der transportablen Funkstation zum flachen Dienstleistungszentrum gewandelt hat. Rasch wurde daher auch Gerhards Auto zur Telefonzelle, in der stetsnur kurz (Funk-)Stille herrschte. Haben andere Passagiere vor Flügen Wartezeit, nutzt Herr Lustig die Zeit für Telefonate, die er oftmals erst beendete, wenn die Maschine schon in der Luft schwebte. Legendär ist die Szene aus der Zeit der Festnetzfernsprecher, als bei Eurotax (damals noch mitten im Achten) die Zeit bis zum INFO-Redaktionsschluss noch begrenzter als die Zahl der Telefonleitungen war: "Alle sofort auflegen!", lautete dann Lustigs -von oben durchs Stiegenhaus gebrüllter Befehl, der auch rasch Wirkung zeigte und mehr Leitungen als nötig für Lustigs Recherchen freigab.

Brisantes: Wie aus "Zund" ein Branchenthema wird
Hat LUS (so sein von Eurotax stammendes und für A&Wübernommenes internes Kürzel), "scharfen" Zund von wirklich verlässlichen Informanten, so versteht er, daraus in bisweilen blitzartig knallharten Konfrontationen mit den Beteiligten Artikel oder Information für weitere Gespräche zu ziehen.

Nur echt mit dem dicken schwarzen Buch
Gesammelt hat er alles in Schönschrift, präzise mit Datum, Ort und exaktem Wortlaut, in einem (scheinbar unhandlich großen und dicken) schwarzen Registerbuch, das LUS überallhin begleitet. Es enthält nicht nur alle Telefonmitschriften, "Zund" von Interviews, Begegnungen und Aussagen der Manager sowie wichtige Dokumente. Das Buch macht nicht nur jedes Gespräch nachträglich nachvollziehbar, sondern hilft auch nach Jahren immer wieder, wenn es in rechtlichen Auseinandersetzungen darum geht, "wer was gesagt hat". Daraus entstehen dann Artikel, die in der Autoszene rasch ihre Wirkung entfalten. Entsprechend groß ist das Drama in den Fällen, wenn "das schwarze Buch" irgendwo liegen bleibt oder "nicht mit darf". Darüberhinaus ist LUS ein gefürchteter Fotograf, der mit der Kamera Zusammenhänge festhält, aber Gesprächspartner mit manchem Porträt aus deren Sicht eher karikiert, als bloß korrekt abbildet.

Aktualität als Diktat
Auch Schnelligkeit der Recherche als Basis der Aktualität konnte man von Gerhard Lustig lernen - in Zeiten, als sich der Redakteur ohne Internet nur in persönlichen Gesprächen Aktualität für das gedruckte Medium erkämpfen musste, um nicht auf die nächstwöchige Ausgabe warten zu müssen. Das kam der Redaktion nicht nur in früheren Jahren zugute, sondern bis heute für Online-Eilmeldungen.

Lustig fragt und einer redet immer!
Manch auf den Punkt gebrachtes Lustig-Interview schuf in Jahrzehnten Verbundenheit, er begleitete Manager oftüber mehr als nur eine Position hinaus. Je nach Offenheit des Gesprächspartners konnten aber auch Jahrzehnte der "Funkstille" folgen. "Austern", die auf interne Verschwiegenheit pochten, spornten "den Lustig" in der Regel nur an, wichtige Informationen auf alternativen Wegen zu erhalten. "Einer redet immer!", sagt LUS, und die Erfahrung zeigt: Diskrete Informanten sagen das, was Sache ist -statt verabredeter "Schönsprech"-Floskeln.

Dagegen ist auch der Lustig nicht gefeit
Doch konnte es auch passieren, dass Informanten zwar das Richtige wussten -bekamen sie jedoch nicht mit, dass eine Personalentscheidung in letzter Minute widerrufen wurde, ging bei uns auch mal eine nicht umgesetzte Personalie in Druck.

Schneller Brüter mit Sinn für Recht und Richtiges
LUS-eigen ist das rechtssichere Formulieren und der Sinn für Gerechtigkeit, die jedoch in Österreich wegen der Verfahrensdauer kaum Bedeutung hat. Sicherer Instinkt für Entwicklungen machten seine Kommentare stets zur klaren Leitlinie für die Autohändler.Weil "der Lustig" mit vielen Wissenden spricht, stammen seine punktgenauen Kommentare aus seinem Bauch und "aus der Mitte des Markts".

Lustigs Tugenden -und andere Eigenschaften
"Ich rauche nicht, ich trinke nicht -und ich lüge nicht!", posaunte der tatsächlich nichtrauchende Mineralwasser-und Kaffeetrinker Gerhard stets, um anderen mit diesem raschen Fazit zu seiner Person zuvorzukommen. Das konnte aber nicht über eine notorische, für alle merkbare Schwäche hinwegtäuschen: Trotz hochpräziser Armbanduhr nahm erTermine durch (zum Teil zeitmanagementbedingtes, aber auch strategisches) Zuspätkommen stets flexibel wahr und erfragte bei Pressepräsentationen oft im direkten Gespräch in aller Kürze den Kern der Neuigkeiten, die davor episch-breit "schön verpackt" erwähnt oder auch versteckt worden waren. Was ich handwerklich alles von Gerhard gelernt habe, lässt sich nicht mehr "ausfiltern"; so wortkreativ wie er zu werden, dafür ist's für mich wohl zu spät. 19