Es genügt nicht mehr, dass einer das Denken besorgt, während die Übrigen die Schrauben festziehen. Und es kommt -Stichwort Ukraine -alles anders, als man denkt. Wir verbünden uns ständig mit der Unsicherheit. Tatsache ist aber auch: Wir haben mit dem Automobil nach wie vor eine passable Zukunft! DieHersteller werden im eigenen Interesse zunächst am selektiven Vertrieb festhalten, weil nur über diesen Kanal eine durchgängige Markenbotschaft und eine Dynamisierung des Markenerfolges gesteuert werden können.

Markenqualität und freier Vertrieb schließen einander nicht mehr ganz aus. Von einem Systemführer, auch wenn der kooperative Spielraum weitgehend ausgereizt ist, sollte man außer Druck etwas erwarten können. Schließlich wollen die Hersteller ihr gesamtes Produkt-Portfolio absetzen und nicht nur die Rosinen herauspicken, wie aktuell im Soge von Lieferengpässen gezielt teure Angebote forciert werden. Wir brauchen im Markenhandel spezifische Produkt-Dienstleistungsbündel, also erweiterte Wertschöpfungspotenziale.

Der Wandel zur Netzwerkgesellschaft -elektronisch, verkehrstechnisch wie auchökonomisch - schafft immer dichtere weltweite Verknüpfung. Holen wir sowohl die Zukunftseuphoriker als auch die Apokalyptiker auf den Boden zurück. Wobei die Zukunftsängste vieler Händler mehr in den unbeeinflussbaren äußeren Rahmenbedingungen liegen als in der Komplexitätsbewältigung im eigenen Betrieb.

Da tut man sich bei jenen Visionen leichter, wie das Auto von morgen dem Fahrer hilft, seinen Tagesablauf zu organisieren. Ob der Tag kommen wird, an dem wir beide Hände vom Lenkrad nehmen können und die Augen beim Fahren schließen können, ist jedoch nicht konkret. Ebenso nicht das "grüne" Sittengesetz für den öffentlichen Verkehr. Besondere Dominanz wird im Premiumsegment sichtbar. Dabei sind die Volumensegmente das eigentliche Wachstumspotenzial. Es wird also Autos weiterhin geben und die erfolgreiche automobile Handelszukunft.

Jedoch weiß keiner, wie es kommen wird, nichts bleibt, wie es ist. Nicht erst der Ukraine-Krieg macht den Menschen Angst, die Inflation treibt die Kosten eines

jeden Haushalts in die Höhe, die Natur wechselt wider die Klimaretter ungefragt ihr Gesicht, und die Behaltedauer des konventionellen Gebrauchtwagens in der Bevölkerung wächst.

Und wer, kommen wir auf unsere Kfz-Branche zurück, wirklich Neues erdenken will, kann nicht verrückt genug sein. Mit zunehmendem Wettbewerb steigen die Erwartungen der Mitgliedsbetriebe an die Verbandsorganisationen. Daran reihen sich wesentliche Fragen. Sind die Ehrenamtsträger neben ihrer Aufgabe in Familie und Betriebswirken nicht an Grenzsituationen angelangt? Sind Gremien und Innungen, an denen sich nicht einmal 10 Prozent aller Mitglieder aktiv einbringen, noch wirkungsvoll?

Viel Kritik daran gelangte auchüber diese Zeitung an die Fachöffentlichkeit. Dennoch stellte sich in den letzten 35 Jahren heraus, dass kein Verbandstreffen umsonst war, die Gespräche danach gaben und geben Orientierung. Und das Ergebnis der österreichischen Autowirtschaft kann sich bislang international sehen lassen. Doch ist jeder Autohändler gefordert, seine Perspektive zu erkennen. Ist der Abschied von der bestehenden Marke oder generell vom Markenhandel angesagt? Liegt die Zukunft gar im freien

Autohandel, im themenspezifischen Handel oder im Mehrmarkenvertrieb der Konzernmarken?

Über Direktvertrieb und Internethandel ist kein GVO-Netz gespannt. Das verschafft dem Hersteller enorme Spielräume. Der Handel hat sich gefälligst aktiv und innovativ im Internethandel einzubringen. Die größte Herausforderung der vertraglichen Neuregelungen ab 2023 liegt in der Neukonzeption der Margen für Verkaufs-und Serviceleistungen. Sie schreien nach struktureller Renditeverbesserung.

Es wäre fatal, würde man die Kraft, die hinter dem Instrument Internet steckt, verharmlosen. Für die künftige Vertriebspolitik ist entscheidend, ob Internet die Vertriebskosten nachhaltig senken kann. Einen Vorgeschmack dessen zeigen diverse Digitaloffensiven, wie z. B. das Agenturmodell von Mercedes.

Aber auch der Hersteller weiß, dass sich kein Auto von allein verkauft, auch nicht per Internet. Bei aller Optimierungswut und Kundenbewertung durch den Einsatz des Internets braucht der Hersteller den Händler aus Fleisch und Blut. Wenn das für die kommende Autohändlergeneration keine Perspektive ist!

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