Der ÖAMTC stellt postwendend eine katastrophale Rechnung auf: "Jedes Jahr, in dem der Lobau-Tunnel später fertiggestellt wird, entstehen auf der überlasteten Südosttangente über 500 Millionen Euro an vermeidbaren Staukosten. Zusätzlich werden beinahe 75.000 Tonnen an Treibhausgasen freigesetzt - mehr als eineinhalbmal so viel, wie der gesamte Inlandsflugverkehr pro Jahr produziert. Eine Verschiebung oder gar Verhinderung des Lobautunnels spart keine CO2-Emissionen und Kosten ein, sondern sorgt für eine höhere Belastung bei Umwelt und Betroffenen", erklärt Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung. Grund dafür seien Überlastungsstaus auf der Südosttangente, die nach Bau des Lobautunnels der Vergangenheit angehören würden.
Dem widerspricht Umweltaktivist Wolfgang Rehm. Die Erwartungshaltung, dass der Stau auf der A23 durch die Lobauautobahn weniger werde, sei ebenso ein "Denkfehler" wie die Meinung, dass nur Stau Emissionen verursache, so der Sprecher der Öko-Organisation Virus.
Auch Einwände der Länder Wien und Niederösterreich wischt Rehm vom Tisch. Weder seien naturschutzrechtliches und wasserrechtliches Verfahren zum Lobautunnel abgeschlossen, wie Wiens Bürgermeister Ludwig behauptet hatte, noch handle es sich – wie NÖ-Landesrat Schieritzko insinuiert hätte – beim Eintrag im Verzeichnis des Bundesstraßengesetzes um einen Auftrag, aus dem sich eine Umsetzungsfrist oder ein "Anspruch auf eine dreistellige Millioneninvestition" ergebe.
Die zuständige Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler bekräftigte indes in der "ZiB2" die Absicht, die offenen Straßenprojekte einem neuerlichen Check zu unterziehen – und dabei könne es auch sein, dass man vor dreißig Jahren getroffene Entscheidungen aus heutiger Sicht als nicht mehr vernünftig erachte. Sprich: Möglich, dass doch nicht gebaut wird. Der Frage, ob sie ernsthaft glaube, dass Koalitionspartner ÖVP da mitziehe, wich sie mit Verweis auf das Regierungsprogramm aus.
Was der Ministerin seitens des FPÖ-Abgeordneten Christian Hafenecker einen markigen Rüffel eintrug: Gewessler sei die "Totengräberin der Verkehrspolitik". Die infrage gestellten Verkehrsprojekte seien für die jeweiligen Regionen und für den Standort Österreich im Allgemeinen unerlässlich, stellte der Mandatar fest.