Ganz im Gegensatz zum Neuwagen- (-24,5 Prozent gegenüber 2019) war der Gebrauchtwagen-Markt 2020 mit einem Rückgang von 3,5 Prozent gegenüber 2019 (von 872.043 auf 841.196 Ummeldungen) sehr stabil. Der Verlust von 30.847 gebrauchten Pkws ließe sich schon alleine durch den Rückgang bei den Tageszulassungen erklären. Das Segment "Tageszulassungen bis 120 Tage" - da sind auch Vorführwagen und Serviceersatzfahrzeuge dabei -w eist ein Minus von 33.653 Pkw (2020 gegenüber 2019) auf.

"Die Kurzulassungen beeinflussen den Gebrauchtwagenmarkt massiv", erklärt René Buzek, Geschäftsführer von Autorola und Indicata in Österreich. Er verweist dabei auf den Indicata Market Watch, der seit Beginn der Pandemie monatlich eine Analyse über den europäischen und den österreichischen Gebrauchtwagenmarkt liefert. Dass das Fehlen der Überkapazitäten intensive Auswirkungen auf den GW-Markt hat, meint auch Michael Gawanda von willhaben, der zwar deutlich mehr Interesse, aber auch wesentlich weniger inserierte Fahrzeuge am Marktplatz registriert.

"Der Rückgang bei den Kurzzulassungen ist für den Markt grundsätzlich ganz gesund", ist Buzek überzeugt. Die Überschwemmung der Märkte mit Neu- und Jungwagen war demnach -europaweit -deutlich geringer als in den Jahren zuvor. "Das tut dem Markt gut."

Zieht man in Betracht, dass es zu wenige Gebrauchtfahrzeuge gab und gibt und dass viele Händler -vor allem im Herbst -unter dem Mangel gelitten haben, ist der GW-Markt 2020 sehr gut gelaufen. "Der schnellstdrehende Bestand ist bei älteren Fahrzeugen zu verzeichnen", berichtet der Indicata Market Watch. Das wird durch die größere Zahl neuer Autokunden bestätigt, die bislang mit den Öffis in die Arbeit gefahren sind und nun ein eigenes Fahrzeug für den virensicheren Weg verwenden. Das zeigt auch die diesjährige Studie von willhaben, die sogar eine Steigerung des individuellen Mobilitätsbedürfnisses registriert.

Europa-Markt: nur minus 0,4 Prozent
Auch europaweit betrachtet ist der Gebrauchtwagen- Markt gut gelaufen. Mit dem starken Dezember ist letztlich ein kleines Minus von nur 0,4 Prozent (gegenüber 2019) geblieben. "Natürlich gibt es Märkte mit massiven Ausreißern", weiß Buzek. So hat es Großbritannien mit minus 12,3 Prozent ordentlich durchgeschüttelt. "Die Maßnahmen und Lockdowns sind teilweise sehr unterschiedlich. Auch das Verhalten der Händler und Konsumenten ist nicht überall gleich", so Buzek. In der Jahresstatistik zeigt sich, dass Europa im April abgestürzt ist und in den Monaten Juli bis Oktober einen Höhenflug zu verzeichnen hatte.

"Das Hauptaugenmerk war auch bei den Markenhändlern deutlich Richtung Gebrauchtwagen gerichtet", erklärt René Buzek. Der Neuwagen hat massive Einbrüche aufzuweisen, der Gebrauchtwagen war dabei umso stärker und umso wichtiger. "Wenn im Neuwagen weniger Umsatz zu erzielen ist, dann muss man sich mehr dem Gebrauchtwagen widmen."

Dabei beklagen Neuwagenhändler und Hersteller auch einen Rückgang bei den Flotten. "Das spiegelt sich am GW-Markt und bei den Vermarktungen von Autorola nicht wider", berichtet Buzek von hohen Stückzahlen in den Online-Versteigerungen. Der Leasingmarkt ist in den vergangenen Jahren immer gewachsen, demnach gibt es hier noch genug Rückläufer. "Ob hier der Rückgang durch die aktuelle Passivität der Flottenkunden in den nächsten Jahren zeitversetzt auftritt, können wir jetzt noch nicht abschätzen."

Österreich stabil
In Österreich war natürlich ein Kurzzeitstopp durch den Lockdown im April festzustellen. "Über das Gesamtjahr gab es keine großen Ausreißer", so Buzek. "Lediglich der Oktober und vor allem der November erlebten einen Einbruch, den überraschenderweise der Dezember wieder sehr gut aufgeholt hat", berichtet René Buzek. Laut den Zahlen von Indicata Market Watch lag der österreichische GW-Dezember 2020 um 16,5 Prozent über dem Dezember 2019.

"Das haben wir auch bei den Händlern bemerkt, die im Dezember extrem mit den Abwicklungen beschäftigt waren, weil die Verkäufe sehr hoch waren", so Buzek. Der positive Ausschlag im Dezember ist auch höher als in vielen anderen europäischen Ländern. "Viele Händler waren bis zum letzten Tag im Dezember aktiv, um Jungwagenbei den Elektroautos noch zu verkaufen und anzumelden. Schließlich gilt die Förderung für bereits angemeldete Jungwagen bis zum Alter von einem Jahr", erklärt Buzek. Elektro-und Hybrid-Fahrzeuge haben sowohl in Österreich als auch am europäischen GW-Markt einen deutlichen Zuwachs zu verzeichnen.

GW bleibt wichtig
"Das Thema Corona wird uns auch im heurigen Jahr noch weiter begleiten. Anhand des Erlebten und anhand der Zahlen ist klar: Um ertragreich zu arbeiten, kommen die Betriebe am Gebrauchtwagen nicht vorbei, der GW wird auch 2021 eine sehr wichtige Rolle spielen", ist René Buzek überzeugt: "Der Bereich ist sehr wichtig, um Geld zu verdienen." Dafür sieht Buzek zwei wichtige Maßnahmen:

1) die Lagerbestände zu füllen und Fahrzeuge zuzukaufen
2) eine gesunde Lagerstandspolitik zu führen und Fahrzeuge abzustoßen, die nicht gefragt sind.

"Dabei erfolgt alles in Verbindung mit einer immer stärkeren Digitalisierung", erklärt Buzek, der diesen Trend auch in der Indicata-Beratungstätigkeit registriert. "Im Zukauf und im Verkauf werden wir noch digitaler agieren müssen. Die Kunden sind weniger am GW-Platz, immer mehr online, und selbst die -Zukäufe-von-Privaten-erfolgen-immer-öfter-digital."