Im Vergleich zu den europäischen Top-Absatzmärkten sind wir fast schon E-Liebhaber! Mit einem derzeitigen Elektroauto-Marktanteil von 1,8 Prozent liegt Österreich weit vor Frankreich (1,3 Prozent), Deutschland hinkt mit einem Prozent hinterher. Bei den Spaniern oder im Lande des Brexit ist es noch schlechter um den Mobilitätswandel bestellt. Als Italiener muss man Stromer auf der Strada überhaupt mit der Lupe suchen. Nah sind uns die Schweizer Nachbarn: Hier greifen 1,6 Prozent der Autokäufer zu reinen Batterie-Pkws.

Dennoch: Ohne neue Modelle, ohne den nächsten Schwung an begehrenswerten Objekten kann diese Welle an Begeisterung in Österreich schnell abklingen. Angebot und Nachfrage klaffen aber ein wenig auseinander, denn die Autohersteller waren noch gar nicht richtig darauf eingestellt, zu sehr auf ihre Benziner und Diesel eingeschossen. Jetzt muss es schnell gehen. Volkswagen hat Ende September 2018 die Technologie-Plattform für künftige Elektromodelle vorgestellt und startet Ende 2019 mit der Produktion des kompakten ID., dem noch 2020 ein SUV folgen wird. Pioniere wie Tesla haben da längst drei Modelle auf dem Markt. Im Frühjahr 2019 sollen die ersten Model 3 (vorerst ab 58.300 Euro) endlich auf Österreichs Straßen rollen, im November 2018 durften Kunden mit Vorreservierung schon in einem Ausstellungsstück Platz nehmen. Ungeduld war bei den Anwesenden nicht zu merken, Vertrauen in die Marke, die ihrer Meinung nach alles richtig macht, dagegen sehr.


Alltagstauglich und easy
Und welche Autos der Zukunft sind nun tatsächlich in Reichweite? Wo kann man sich wirklich reinsetzen und losfahren und bei welchen Modellen reicht ein bisserl Geduld aus?

Ein Blick zu Hyundai zahlt sich auf jeden Fall aus. Ohne großes Marketing-Geschrei fahren schon jetzt Ioniq Elektro und Kona Elektro mit vertretbaren Reichweiten durchs Land und sind dabei voll alltagstauglich und easy in der Bedienung. Zuletzt haben die Koreaner auch noch bewiesen, dass ihnen das Thema Brennstoffzelle nach wie vor am Herzen liegt. Nach dem ix35 FuelCell ist seit Herbst 2018 der Nexo auf dem Markt. Die zweite SUV-Generation mit dem kleinen Kraftwerk an Bord tankt nach wie vor Wasserstoff, um Strom für einen Elektromotor zu erzeugen. Riesenvorteil im Vergleich zu normalen BEVs ist der superkurze Tankvorgang. Die mehr als dürre Infrastruktur sorgt wiederum dafür, dass der Importeur sich nur direkt um Kunden bemüht, die wiederum einen engen Bezug zu Wasserstoff aufweisen müssen. Mit Kooperationspartnern wie Fronius hofft man, dass bald Bewegung ins H2-Tankstellennetz kommt. Auf der Straße merkt man dem Nexo im positiven Sinn nicht an, dass hier ein Antriebskonzept für Kraft sorgt, das von vielen Experten als das langfristig aussichtsreichste gehandelt wird. Das luxuriös ausgestattete SUV fährt sich unspektakulär, mit 9,2 Sekunden auf 100 km/h ist man im Alltag mittendrin statt nur dabei. Die Mittelkonsole beruhigt jene, die sich vor kahlen Innenräumen futuristischer Fahrzeugkonzepte fürchten: Sie ist breit und bietet eine Vielzahl an Knöpfen. Da fühlt man sich noch verantwortlich, auch wenn ein Highway-Assistent im Nexo harmonisch die Spur und den Abstand zum Vordermann halten sowie korrigierend lenken kann.

Audi und Mercedes bringen 2019 ebenso SUVs auf den Markt, die Wohlverdienern die Elektromobilität schmackhaft machen sollen. Die deutschen Hersteller haben schon früh ihre Marketing-Geschütze dafür aufgefahren. Der e-tron aus Ingolstadt konnte schon ab Mai 2017 um 1.000 Euro vorreserviert werden, womit man ganz klar Richtung Palo Alto geschielt hat. Mit Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner hatte man sogar einen herzeigbaren Early Adaptor an Bord, der sich nicht davon beirren ließ, weder einen konkreten Preis noch die genaue Ausstattung zu kennen. Bis Mitte November 2018 konnte Audi 307 Vorreservierungen verzeichnen, im März 2019 erfolgt die Markteinführung. Spannend: Als erstes Serienautomobil kann er an Schnellladesäulen bis zu 150 kW Gleichstrom (DC) laden und das Werk in Brüssel, wo er vom Band läuft, ist die weltweit erste als CO2-neutral zertifizierte Großserienfertigung im Premium-Segment. Gegen die rund 666 Kilometer Reichweite des Nexo – nach dem neuen WLTP-Zyklus – wirken die über 400 Kilometer, ebenfalls nach WLTP, des e-tron nicht ganz nach dem großen Sprung. Nimmt man ein Tesla Model X zum Vergleich (je nach Batterie maximal 565 Kilometer Reichweite nach dem schwärmerischen NEFZ) kann man aber annehmen, dass der realistische Verbrauch mit dem des Audi vergleichbar ist.

Revolution lässt auf sich warten
Mitte 2019 ist dann Mercedes soweit, also eigentlich die neue Untermarke EQ. Nahezu 200 Prototypen und Vorserienfahrzeuge des EQC waren in dessen Entwicklung und Erprobung eingebunden, damit das erste rein als batterieelektrisch geplante Modell alle Ansprüche erfüllt. Wobei die Angabe „mehr als 450 Kilometer nach NEFZ“ wieder nicht nach der von den Kunden erhofften Revolution klingt. Geladen wird mit einer maximalen Leistung von 110 Kilowatt. „Mit dem EQC als erstem vollelektrischen SUV von Mercedes-Benz legen wir den Schalter um. Der E-Antrieb ist ein wichtiger Baustein der Mobilität der Zukunft“, sagt Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Leiter Mercedes-Benz Cars, „daher investieren wir in den nächsten Jahren mehr als zehn Milliarden Euro in neue EQ-Produkte und über eine Milliarde in die Batterieproduktion.“

 

Reichweitenstarke Power-SUVs sind für das Image der Elektromobilität natürlich toll. Doch gehen sie nicht ein wenig an den tatsächlichen Vorteilen des Batterieantriebs vorbei? Kleine Stadtautos für Kunden, die das Thema Reichweitenangst nicht einmal ansprechen würden, machen doch viel mehr Sinn. Hier kommt etwa die Firma e.Go ins Spiel, die aus einem Forschungsprojekt der Hochschule RWTH Aachen hervorgegangen ist. Der kleine e.Go Life rollt nach Verzögerungen durch Schwierigkeiten mit Zulieferern doch erst ab April 2019 auf die Straße. Der Preis soll hier das Hauptargument für einen Kauf liefern, nicht die Reichweite. Wobei diese für einen Cityflitzer durchaus angemessen ist. 104 bis 154 Kilometer Reichweite je nach Batterie werden angegeben. Da reicht es, das Fahrzeug alle paar Tage an eine Ladesäule zu führen, was selbst Städtern zuzumuten ist. 15.900 Euro soll der e.Go Life in Deutschland kosten.

RWTH-Professor Günther Schuh, Geschäftsführer der e.GO Mobile AG, hat im schnelllebigen Elektro-Business schon gute Erfahrungen gemacht. Als Mitbegründer des 2010 gegründeten StreetScooter blickt er auf eine erfolgreiche Veräußerung an die deutsche Post zurück. 2014 und auch heute noch gab es einfach keine Konkurrenz von den etablierten Herstellern, die der Post einen praktischen, vollelektrischen Kleintransporter zum Packerlschupfen liefern konnte. Beim nächsten Projekt wächst e.Go auch schon wieder in neue Größen, bleibt aber in der Stadt: Mit dem Mover ist ein fünf Meter langer Kleinbus für 25 Passagiere geplant. Die Auslieferungen sollen im Frühjahr 2020 erfolgen.

Solar-Auto
Nun zum Auto auf dem großen Bild oben: Sono Sion sein Name. Sono Motors ist ein Start-up aus München, das den Sion um 16.000 Euro (deutscher Preis) anbieten will, wobei der Akku extra kostet (4.000 Euro) beziehungsweise dazugemietet wird. Viel Platz bei wenig Größe zu bieten, ist für Elektroautos noch ungewöhnlich, die Van-Form macht es möglich. Den derzeitigen Prototypen merkt man an, dass es sich tatsächlich um „work in progress“ handelt. Immerhin handelt es sich um das Projekt von jungen Quereinsteigern, die als oberstes Unternehmensziel den Schutz der Umwelt angeben. Ein bestimmter Akku ist noch gar nicht festgelegt, man hofft auf weitere Entwicklungen in der Batterietechnik. Sono Motors rechnet mit realistischen 250 Kilometer Reichweite, die durch den besonderen Schmäh des Sion noch erweitert werden können. Das Fahrzeug ist über und über mit Solarpanels bestückt, die auch bei einem ungünstigen Einstrahlwinkel noch hohen Ertrag bringen sollen. 7,5 Quadratmeter dieser sogenannten viSono-Zellen sollen an Sonnentagen 30 zusätzliche Kilometer pro Tag bringen. Im Jahresmittel rechnet man zehn Kilometer pro Tag vor. Wenn das klappt, müsste sich der wenig autoaffine Ortsbewohner nur noch selten um das Aufladen kümmern. Zum Einkaufen hin und retour reicht die Sonnenkraft meist aus. Etwa 8.000 Sion im Auftragswert von 140 Millionen Euro sollen schon bestellt sein.

Jetzt lassen Sie uns ein wenig träumen. SUVs, Stadtflitzer und Vans mögen den Automenschen von heute zufriedenstellen, doch wir Motorjournalisten vom alten Schlag spüren noch die Euphorie, wenn sich ein Auto flach über den Boden duckt. Wie sieht es mit Sportwagen aus, die elektrisch die Mundwinkel nach oben befördern? Der Fisker EMotion hat vier – spektakulär nach oben schwingende – Türen und fällt für uns daher schon flach. Auch der Porsche Taycan, bei dem induktives Laden eine zusätzliche Möglichkeit zur Stromgewinnung ist, hat zwei Türen zu viel. Wobei, optisch ist er schon nah dran an der reinen Lehre. Und mit 600 PS in 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h lässt er uns träumen. Doch halt, 2020 bringt Pininfarina den PF0 auf den Markt, für den eine Technologiepartnerschaft mit der kroatischen Firma Rimac eingegangen wurde. Die ist für E-Supersportwagen bekannt und wird den Italienern ordentlich Beine machen.

Wir heben ab, dabei fehlt noch ein Sportler für alle. Gerne würden wir an den Quantino mit nanoFlowcell-Antrieb glauben. Doch der bereits 2016 straßenzugelassene Klein-Sportler und seine Brüder kommen irgendwie nicht ins Rollen. Haben die Skeptiker doch recht, die nicht glauben können, dass ein Niedervoltsystem in Verbindung mit einer Ionenflüssigkeit im Tank und 1.000 Kilometer Reichweite möglich ist? Schade, aber wie bei vielem in der Elektromobilität: Die Hoffnung stirbt zuletzt!