Die Zukunft ist digital! Die Zukunft? Die Gegenwart! Münzen heißen Bitcoins, Bücher eBooks und die künstliche Intelligenz steuert das Auto. Den Bits und Bytes gehört unser schier grenzenloses Vertrauen. Führten früher Religion und Gott die Menschen zusammen, sind es heute Social-Media-Plattformen und Smartphones. Dafür sorgte nicht zuletzt Steve Jobs, als er vor gut 10 Jahren, 2007, das erste iPhone präsentierte. Kaum jemand ahnte damals, welchen Impact diese Technologie auf das tägliche Leben haben wird. Telefonieren ist zur Nebensache geworden. Dafür ist das kleine Kasterl nun unsere Zeitung, Portemonnaie, Boardingpass, Bank, Speisekarte, Stadtplan, Kino, Jukebox, Lexikon, Tagebuch, Auto-Fernsteuerung und das Ding, mit dem wir die große Liebe oder das kleine Abenteuer suchen und finden. Smartphones machen das Leben leichter. Doch nicht nur uns, auch den staatlichen Behörden und den digitalen Verkäufern. Denn jede physische Bewegung, jedes Foto, jede WhatsApp und jeder Klick wird gespeichert. Unmengen an (persönlichen) Daten werden genutzt, um uns in eine Echokammer zu beamen oder das nächste Produkt zu präsentieren, das wir angeblich brauchen. Natürlich wird das wiederum online bestellt, dann übernimmt auch der Postbote das mühsame nach Hause schleppen.
Langweilige und blöde Arbeiten
Das iPhone war ein Wegbereiter für die vierte industrielle Revolution, Industrie 4.0, die erstmals 2011 ausgerufen wurde. Auf der technischen Grundlage von intelligenten und digital vernetzten Systemen wird dabei nicht nur ein Produktionsschritt, sondern die ganze Wertschöpfungskette optimiert; es soll eine weitestgehend selbstorganisierte Produktion möglich werden. Das heißt stark vereinfacht: Computer und Roboter lösen die Menschen in vielen Bereichen des Arbeitslebens ab – und treiben damit die Arbeitslosenstatistik nach oben. Nein, heißt es oft, die Digitalisierung werde neue Jobs bringen. Natürlich wird sie das. Aber ob der Taxifahrer plötzlich eine künstliche Intelligenz konzipieren, die Billa-Kassiererin diese programmieren und der Banker diese implementieren kann, darf bezweifelt werden. Je nach Schätzung fallen 10 % bis 30 % der Jobs – quer durch alle Bildungsschichten – aufgrund der Digitalisierung weg. Glaubt man dem Philosophen Richard David Precht, sind es vor allem „langweilige und blöde Arbeiten“, die „zukünftig von Maschinen erledigt“ werden. Dennoch sind es Arbeiten, für die jemand bezahlt wird, von Menschen getan, die in Zukunft von etwas leben müssen. Von der Sinnstiftung eines Jobs ganz zu schweigen. In diesem Zusammenhang ist meistens vom bedingungslosen Grundeinkommen die Rede, ein Betrag X, der jedem Menschen zusteht. Egal, ob er arbeiten will oder nicht. Es geht dabei nicht nur darum, das Überleben einzelner zu sichern, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt aufrecht zu erhalten und einer Spaltung und damit Konflikten vorzubeugen – die wahrscheinlich größte Herausforderung unserer Zeit. Mit der Digitalisierung hat sich eine neue Religion entwickelt, sie ist für viele geiler als Gott, aber sie ist eben wie die Religion zutiefst menschlich. Tesla-Gründer Elon Musk musste auf die harte Tour lernen, dass Digitalisierung und Automatisierung nicht immer die besten Lösungen sind und weiß mittlerweile: „Menschen werden unterschätzt“ – das sollten wir alle nie vergessen.
*Geiler als Gott? •