e.Go Mobile baut in Aachen kleine E-Autos, die 2019 auch nach Österreich kommen sollen. Das Unternehmen ist aus StreetScooter hervorgegangen, das an die Deutsche Post DHL verkauft wurde.

Herr Dr. Steinborn, zuerst StreetScooter, jetzt e.Go – 2 Projekte, bei denen Sie sich direkt mit den großen Automobilherstellern anlegen. Wie fühlt sich das an?
Wir legen uns mit niemandem an, wir machen einfach unser Ding. Vor den OEM haben wir Hochachtung, die können beispielsweise Großserienfertigung in einer Qualität, mit der wir gar nicht konkurrieren wollen. Im Gegenzug machen wir konsequent Dinge, die ein großer Hersteller so leicht nicht machen kann, weil er ein viel größeres Kundenspektrum bedienen muss. Bei StreetScooter war die Situation, dass die „Großen“ das benötigte Fahrzeug nicht so kundenspezifisch bauen konnten wie erforderlich. Deshalb ist die Post zu uns gekommen. Damals wie heute bei e.Go gilt: Unser Markt ist für uns groß und attraktiv genug, für die Großen nicht.

Warum sind Sie so überzeugt von der E-Mobilität?
Die Technologie ist notwendig und sinnvoll, da braucht man kein Klimajünger oder Ökoprediger zu sein. Wir müssen die Emissionen aus den Innenstädten verbannen, und zwar nicht nur CO2, sondern auch Stickoxide und Lärm. In weiterer Zukunft gibt es statt batterieelektrischer Fahrzeuge solche mit Brennstoffzelle, die dann sinnvollerweise eine Elektromobilität ohne Infrastrukturprobleme oder Reichweitenproblem realisieren. Wir bei e.Go wollen die sinnvollste, logischste Lösung für den heutigen Markt anbieten.

Wie kommt der e.Go Life mit seiner relativ geringen Reichweite von ca. 130 km bei den Kunden an?
Unser Fahrzeug ist nicht die eierlegende Wollmilchsau, aber mehr als gut genug, um einen signifikanten Markt zu erreichen – das zeigen uns die ca. 3.000 Vorbestellungen von Privaten. Man muss als Hersteller die richtige Nische finden. Es macht Sinn, Fahrzeuge nur für den Kurzstreckenverkehr zu erzeugen – etwa als Zweitfahrzeug in der Familie, oder als Dienstwagen für Pflegedienste.

Die Hoffnung, eines Tages den Verbrenner durch ein EV mit der gleichen Reichweite ersetzen zu können, wird sich so schnell nicht erfüllen, weil die Batterietechnologie nicht so schnell voranschreitet – schon gar nicht für den Normalverbraucher, der sich ein Fahrzeug wie einen Tesla nicht leisten kann. Große Batterien kosten eben großes Geld.

Mit welchem Vertriebsmodell wollen Sie Ihre Fahrzeuge an den Kunden bringen?
Ein klassischer automobiler Vertriebskanal ist sehr teuer. Wir wollen mit einer schlanken Struktur in den Markt gehen; als „leading system“ nutzen wir das Internet. Darunter wollen wir bestehende Händlerstrukturen nutzen, aber mit deutlich einfacheren Abläufen – der e.Go Life soll ein sehr einfach zu verkaufendes Produkt sein, ohne eine Vielzahl an Sonderausstattungen, die wiederum viel Beratung erfordern. Durch die Einfachheit des Produktes bleibt auch der Vertrieb einfach – mit bestehenden Autohandelsstrukturen, aber auch mit Händlern anderer Sparten.

Was können Sie über die geplante Struktur in Österreich sagen?
Wir stehen kurz vor einer Entscheidung, was unseren österreichischen Vertriebspartner betrifft, den wir noch vor Jahresende bekanntgeben wollen. Der Händler wird unser Repräsentant im Zielland sein, weil er sich mit den länderspezifischen Anforderungen besser auskennt. Das Service wird wie in Deutschland über das Werkstattkonzept Bosch Car Service erfolgen.

Ist e.Go Mobile eigentlich noch ein Start-up, oder schon ein Industriebetrieb?
Beides. Einerseits brauchen wir die Seriosität der Industrie, unser Fertigungsstandort in Aachen ist eine Industrie 4.0-Referenzfabrik – und im Übrigen auch ein Lizenzprodukt, das wir am Markt anbieten. Andererseits sind wir als Organisation unglaublich agil und profitieren sehr stark von der Zusammenarbeit mit der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule. Also, kurz gesagt: Best of both worlds. Wir fühlen uns als Start-up, sind aber mittlerweile anerkannter OEM (außerordentliches Mitglied beim VDA, Anm.). •