Corporate Identity -kurz CI -ist die beliebteste Spielwiese von
Marketingmanagern. Was dabei den Autohändlern zugemutet wird, ist oft
nur schwer zu verstehen -und oft völlig sinnlos.
Eigentlich handelt es sich bei der CI um das langfristige
Erscheinungsbild, mit dem sich das Unternehmen in derÖffentlichkeit
präsentieren möchte. Doch bei den meisten Autobauern ist diese
Langfristigkeit recht kurzlebig, wie die Händler aus leidvoller
Erfahrung wissen. Da werden alle paar Jahre die Vorgaben geändert.
Zulasten der Autohändler, die dafür die Kosten zu tragen haben. Die
massivsten Probleme schaffen die Vorgaben für die Schauraumgröße.
Jede Marke fordert zusätzliche Quadratmeter - schließlich will jede
Marke ihren Marktanteil vergrößern. Verkaufsflächen, die sich an
vielen etablierten Standorten einfach nicht realisieren lassen. Das
würde komplette Neubauten erforderlich machen. Beim Fortschreiten der
digitalen Produktpräsentation und dem damit verbundenen Rückgang der
Schauraumfrequenz haben aber alle Beteiligten berechtigte Zweifel, ob
sich derartige Investitionen je amortisieren können. Zusätzlich
scheinen einige Konzernherren Bodenfliesen und Mobiliar als Krönung
der CI zu betrachten. Jede Änderung an der Konzernspitze soll auch an
einem neuen Bodenbelag erkennbar werden. Immer weniger frequentierte
Verkaufspulte sollen durch noch raffiniertere Sitzgelegenheiten und
Vitrinen ersetzt werden. Wobei ehrliche Manager durchaus zugeben,
dass sich damit keineinziges Auto mehr verkaufen lässt.
Wie viel müssen die Händler selbst bezahlen?
Es erhebt sich daher die Frage: Welche Fehler machen die Hersteller
bei ihren Standardvorgaben? Wie hoch sind die damit verbundenen
frustrierten Investitionen? Wie hoch ist der Anteil, den die Händler
für diese Fehler der Hersteller zu bezahlen haben? Diesen Fragen ist
schon vor einigen Jahren eine renommierte Betriebsberatung im Auftrag
des amerikanischen Händlerverbandes NADA in einer Studie
nachgegangen. Die Summe sinnloser Ausgaben war erschreckend -blieb
aber zumindest in Europa ohne Konsequenzen. Denn den Händlerverbänden
fehlt die Macht, ihre Markenhändler und Markenwerkstätten vor den
sinnlosen Investitionsforderungen ihrer Geschäftsherren zu schützen.
Bisher haben nur wenige den Mut gehabt, aus diesem frustrierenden
Szenario die Konsequenzen zu ziehen. Wie etwa derSkoda-Händler
Wolfgang Strohmeier in Wien. "Die Erträge für die geforderten
Investitionen sind im Wiener Raum nicht mehr erzielbar", sagt er.
Strohmeier ist gerade dabei, seine beiden Standorte komplett zu
schließen.
"Mehr Direktvertrieb für die Hersteller"
Das Werkstättengeschäft hat er komplett an das nahe gelegene Autohaus
John abgetreten; für das Verkaufslokal steht er mitten in
Verhandlungen mit einem Interessenten aus der Autobranche. "Die
Stadtpolitik drängt die Autofahrer immer mehr zurück; auf der anderen
Seite hat Denzel seine Carsharing-Flotte auf 700 Stück aufgestockt",
meint Strohmeier. Er bezweifelt, dass kleinere Markenwerkstätten in
Wien in fünf Jahren noch ein Geschäft sein werden. Dazu kommen die
gerade in Diskussion befindlichen neuen Verträge. "Da geht es in
erster Linie um mehr Direktvertrieb für die Hersteller", sagt
Strohmeier. Er ist überzeugt, dass damit kleinere Skoda-Partner
seinem Beispiel folgen werden. Ursprünglich hatte er als Alternative
überlegt, einen alten zentral gelegenen Peugeot-Standort auf der
Wiedner Hauptstraße für Seat zu reaktivieren. "Neben dem
Parkplatzproblem waren die Vorgaben von 400 Quadratmetern für den
Schauraum unerfüllbar." Laut Strohmeier hätte sich auch ein anderes
Projekt mit 6.000 Quadratmetern an einem neuen Standort in
Wien-Meidling erst bei 800 bis 900 Neuwagen pro Jahr gerechnet. "Wem
hätte ich dieses Volumen wegnehmen sollen?" Daher hat auch
Strohmeiers Tochter dankend verzichtet. Ähnliche Erfahrungen hat auch
Andreas Gramsel mit seinem Skoda-Betrieb im Bezirk Baden gemacht.
2002 hatte er einen Musterbetrieb nach den neuesten Standards
errichtet. Zwölf Jahre später hätte er für neue Standards wieder
400.000 Euro in die Hand nehmen sollen. "Wir wolltennicht alles
ungeprüft hinnehmen", meint er und wehrte sich gegen diese Vorgaben.
Im Mai 2015 kam es doch noch zu einer Einigung. "Wir haben für den
Umbau schon die erforderliche Freigabe gehabt", erinnert sich Gramsel
an die turbulenten Verhandlungen in Salzburg. In der Zwischenzeit
hatte sich jedoch bereits der VW-Platzhirsch Manfred Berger bereit
erklärt, seinen VW-Audi-Handel mit Skoda zu ergänzen. Und dafür einen
neuen Betrieb nach den neuesten Standards auf die grüne Wiese zu
stellen. Womit Gramsel trotz vorheriger Einigung die Kündigung seines
Händlervertrages ins Haus flatterte.
Neue Möbel +Fliesen Bei den anderen Marken sieht es nicht anders aus.
So hatte Dr. Rudolf Weinmann erst 2012 seinen BMWBetrieb in
Perchtoldsdorf entsprechend der neuen CI umgebaut. Zwecks Trennung
von BMW und Mini, mit neuen Möbeln und mit schönen grauen Fliesen.
Zwei Jahre später hieß es, alles müsse entsprechend einer noch
neueren CI bis spätestens 2016 erneut umgebaut werden. Was Weinmann
veranlasste, nicht mehr länger mitzuspielen. Er verkaufte Zitta an
die Denzel-Gruppe. Die steht nun vor der Aufgabe steht, diese neuen
Standards zu erfüllen. Derzeit werden
die schönen grauen Fliesen herausgerissen, um grau-braunen Fliesen
Platz zu machen. Trotz steigender Umsätze und neuer Modelle herrscht
auch bei den Jaguar-Partnern Frustration. 2008 hatte Ford die
britische Automarke gemeinsam mit Land Rover an die indische
Tata-Gruppe verkauft, die das Unternehmen völlig umkrempelte. Seit
2016 gibt es zusätzlich zu den Limousinen auch ein Jaguar SUV;
künftig sollen reine Elektroautos die Modellpalette ergänzen. Mit
diesen Argumenten wurden den Händlern massive Ausgaben für die
künftige Produktpräsentation vorgeschrieben.
Keine Amortisation der Kosten Allein im kleinen Sankt Pölten musste
die Schirak KG in den dafür erforderlichen Umbau 1,8 Millionen Euro
investieren. "Wer sich nicht fügt, ist den Vertrag los", bringt
Branchendoyen Komm.-Rat Josef Schirak die Abhängigkeit aller
Markenhändler auf den Punkt. "Aber wir haben wenigstens das
Investitionsersatzgesetz", tröstet er sich über die Tatsache hinweg,
dass er in absehbarer Zeit mit keiner Amortisation dieser Ausgaben
rechnet. Ähnlich sieht die Kalkulation von Mag. Manfred Bijondic in
Graz aus. Auch seine Jaguar GB Premium Cars wurde zu derartigen
Investitionen aufgefordert. "Wir können nicht ausweiten."Denn ein
Neubau würde 6 bis 7 Millionen kosten. "Das rechnet sich einfach
nicht. So stark lassen sich die Verkäufe nicht steigern." Daher hat
ein ursprünglich interessierter Investor angesichts einer mageren
Ein-Prozent-Rendite wieder abgewunken. Die Fliesen braucht Bijondic
derzeit trotzdem nicht an die neue CI anpassen -denn Jaguar ist seit
einigen Monaten auf der Jagd nach einem neuen steirischen Partner,
dem die geforderten Millionen für einen Neubau trotz schlechter
Rendite kein Kopfzerbrechen bereiten. Dem Vernehmen nach soll die
Denzel-Gruppe interessiert sein, neben Wien und Innsbruck auch in
Graz für Jaguar tätig zu werden. Und auch der Pappas-Gruppe wird nach
dem Kauf des Jaguar- Geschäftes von der Familie Frey in Salzburg ein
weiterer Jaguar-Appetit nachgesagt. "Letztlich werden bei
Premiummarken nur noch Konzerne und Großbetriebe deren Vorgaben
schaffen", sagt Bijondic. In diesem Geschäft gebe es für normale
Familienbetriebe langfristig nur wenig Überlebenschancen.
Europäische Kunden zahlen mehr als Amerikaner Keinen Handlungsbedarf
sieht der Tiroler Markus Meisinger derzeit für seinen Innsbrucker
Alfa-Betrieb -obwohl auch bei dieser Marke seit 2015 ein
Fliesenwechsel angesagt ist. "Wir haben 2013 drei Millionen in einen
neuen Betrieb für Alfa und Lancia nach der neuesten CI investiert."
Er ist nicht gewillt, seine neuen weißen Fliesen -Format 90 x 90 cm
-gegen schwarze auszutauschen: "Da würden sich all meine Kunden
denken, der Meisinger spinnt oder hat zu viel Geld." Keine Probleme
hatte er beim Umbau der Dornbirner Filiale. Dort wurden die Original
Alfa-Fliesen verlegt. "Diese CI-Änderung hat Alfa aber mehr als
andere Marken unterstützt." Letztlich müssen diese Kosten auf die
Preise überwälzt werden. Zulasten der europäischen Verbraucher, die
für ihre "Mobilität" weit mehr zu zahlen haben als amerikanische
Autofahrer. Vielleicht sollte die EU-Kommission nicht Europas Preise
untereinander vergleichen, sondern die Ursachen für die Unterschiede
zu den US-Preisen näher unter die Lupe nehmen. Und diesem
Standard-Unfug mithilfe des Kartellrechts ein Ende bereiten.