Wir schreiben das Jahr 2040: Wir fahren seit Jahren autonom, alle
Teilbereiche des Lebens sind miteinander vernetzt und digitalisiert.
Das führte zu massiven Veränderungen in der Gesellschaft. Doch wie
haben einzelne Aspekte der Automatisierung und Digitalisierung
tatsächlich auf unser Leben, Mobilitätsverhalten und den Alltag
eingewirkt? Eine Prognose.
Seitdem quasi 100 Prozent aller Fahrzeuge auf den Straßen vollkommen
autonom zu 100 Prozent regelkonform fahren, ist der Führerschein
überflüssig geworden. Personen, die über die Fähigkeit verfügen, ein
Fahrzeug zu steuern, sterben langsam, aber sicher aus.
Konventionelle Fahrzeuge verschwanden spätestens mit der
Versicherungsreform im Jahr 2030 allmählich aus dem Straßenbild, da
selbst die jährlichen Versicherungstarife für einen Standard-VW-Golf
sukzessive auf einen fünfstelligen Euro-Betrag angehoben wurden. Das
wollte und konnte sich kein gewöhnlicher Bürger mehr leisten.
Gleichzeitig wurden extrem günstige Raten für Nutzer von Roboter-
Autos eingeführt. Wer die personen-und fahrzeugbezogenen Daten an die
Versicherung weitergibt, fährt vielfach sogar kostenlos.
Autonome Sammeltaxis werdenüber Apps mittels Datenbrillen oder
Smartwatches bestellt, die anteilige Fahrtstrecke minuten-bzw.
metergenau abgerechnet. Die Preispolitik ist an das Komfortlevel
gekoppelt -je luxuriöser das Auto ausgestattet ist, desto höher ist
der Fahrtpreis.
Während die Premiumhersteller mit ihrer Innovationskraft anfangs
maßgeblich die Etablierung von selbstfahrenden Fahrzeugen
vorangetrieben haben, sind sie aufgrund des knallharten Preiskampfes
im Lauf der letzten Jahre zu Nischenanbietern geschrumpft, die sich
auf die Produktion von individuellen Innenräumen für eine besonders
solvente Kundschaft spezialisiert haben.
Aufgrund des viel höheren Verkehrsaufkommens sank die
Durchschnittsgeschwindigkeit in der Stadt auf knapp 20 km/h, auf den
Autobahnen ist mittlerweile Tempo 80 Standard. Das erhöht einerseits
die Effizienz der E-Autos, andererseits müssen die Fahrzeuge dadurch
auch nur mehr niedrigere Sicherheitsstandards und Crashnormen
erfüllen.
Unfälle gehören der Vergangenheit an, seit Jahren ist auf den
heimischen Straßen kein Toter mehr zu beklagen. Längst lautet das
Credo daher nicht mehr "Null Emissionen" - die Fahrzeuge fahren
ohnehin alle rein elektrisch -sondern "Null Unfälle". Kleine Rempler
aufgrund von Software-Fehlern und -Bugs gehören jedoch zum Alltag.
Durch den Siegeszug der autonom fahrenden Autos kam es in den
vergangenen Jahren zu einem stetigen Rückbau der öffentlichen
Verkehrsmittel. Autonome Sammeltaxi-Unternehmen hingegen florieren in
den Städten, die klassische Fahrgemeinschaft erlebt seit Jahren eine
Renaissance. Der Verkehr nahm exponentiell zu, wobei der Großteil der
Österreicher kein eigenes Fahrzeug mehr besitzt, sondern stundenbzw.
tageweise mietet.
Die Berufe Taxifahrer, Lkw-Lenker und Chauffeur sind ausgestorben.
Verkehrspolizisten und Parksheriffsübrigens auch. Überhaupt: Die
Idee, einem Menschen das Steuern eines Fahrzeugs zu überlassen, ist
nicht zuletzt aufgrund der abnehmenden Fahrfähigkeit nicht mehr
gesellschaftsfähig. Zu gefährlich, zu unsicher sei das, da sind sich
alle einig.
Weil die Sicherheitsstandards der Autos nach unten normiert wurden,
sanken auch die Preise für Roboterautos. In der Regel werden sie
heute von chinesischen Firmen kostengünstig in Afrika produziert. Vor
allem die karg ausgestatteten Massenmodelle, die zu hunderttausenden
in Österreich unterwegs sind, tragen ein chinesisches Firmenlogo.
Großgrund-, Steinbruch und Rennstreckenbesitzer haben einen neuen
Geschäftszweig etabliert: Autofahren als Freizeitkick. Sie vermieten
stundenweise konventionelle Fahrzeuge an Besucher, die damit auf dem
Privatgrund ihre Runden drehen.
Einzelne Fahrtdienstunternehmer spezialisierten sich auf Kranken-,
Kinder-und Warentransporte. Ein Nebeneffekt: Paare haben wieder mehr
Zeit füreinander, was gleichzeitig zu einem Anstieg der Geburtenrate
und der Scheidungsrate führt.
Dort, wo in den Städten früher Autos parkten, befinden sich heute
Grünstreifen, Schanigärten, Imbissstände, Sitz-und Spielflächen.
Werden die autonomen Fahrzeuge nicht benötigt, fahren sie zur
Reinigung und zum Auftanken vollautomatisch in unterirdische,
unbeleuchtete und menschenleere Parkgaragen und außerstädtische
Parktürme.
Business-Hotels erleben einen massiven Umsatzeinbruch, da die
Geschäftsleute über Nacht mit dem Roboter-Auto zu den Terminen fahren
und im Fahrzeug schlafen. Stattdessen etablieren sich in den Städten
und entlang der Autobahnen sogenannte "Refreshment"- Filialen, in
denen sich Geschäftsreisende quasi im Vorbeifahren duschen, rasieren
und frisieren können.
Der Zuzug in die Städte nimmt nach Jahren wieder ab, da weite Wege
und lange Fahrten zur Arbeit aufgrund der komfortabel ausgestatteten
autonom fahrenden Fahrzeuge von den Passagieren nicht mehr als
Belastung wahrgenommen werden. Die Zeit wird nicht mehr hinterm
Steuer verplempert, sondern zum Arbeiten, Telefonieren,Shoppen oder
zur Erholung genutzt.