Lutz Lischka (73) stellt persönliche Erlebnisse seiner
journalistischen Anfänge der heutigen Berufsrealität und damit der
nächsten Generation gegenüber.
Wenn man nach der Matura Journalist werden will und sich artig in
einer Redaktion vorstellt, kann es passieren, dass man vorerst in die
harte Schule der Lokalredaktion gesteckt wird. Mir passiert in der
"Presse", wo mein Mentor Kurt Jeschko die Sportredaktion leitete. Er
war der Ansicht, dass man bei Mord, Brand und Unglück mehr lernt als
bei der Sportberichterstattung, weil da ohnehin jeder gerne in der
Zeitung stehen will und verwies mich an seine Kollegen im Lokalen.
Also erst einmal zu Opernmord, verscharrte Frauenleiche im Park beim
Schwarzenberg-Denkmal oder Großbrand im Wohnhaus.
Der Unterschied von damals in den Sechziger-und Siebzigerjahren zu
heute war, dass man sowohlüber Opfer und Täter mit vollen Namen
berichten konnte. Das bedingte Recherchen etwa in der
Zigeunersiedlung im Bruckhaufen bei der Wiener Floridsdorfer Brücke
(inzwischen längst verschwunden) oder in der Unterwelt beim
Praterstern (weiß nicht, ob sie hier schon verschwunden ist). Als
Judomeister und mit dem damit verbundenen Mut -man könnte es auch als
Naivität, ein milderes Wort für Dummheit, bezeichnen -, wagte ich
mich überall hinein und habe es mit einigem Glück überlebt. Solche
Recherchen sind heute kaum vorstellbar, weil man ja nur noch die
Anfangsbuchstaben von Täter und Opfer erfährt. Aber ich habe nach
einigen Jahren in die Sportredaktion gewechselt und später, weil mir
immer über die gleichen Täter (Sieger) und Opfer (Verlierer) zu
berichten zu langweilig war, in die Motorredaktion, wobei ich
letztlich bei den Fachzeitschriften landete. Ich staunte nicht
schlecht, welch spannendes Wissensfeld sich hier bei Motor und
computergesteuertem Rundherum auftat. Aus dem VW-Käfer&Co. waren
längst Hightech-Gefährte geworden. Der Mensch darf nur noch lenken
und bremsen (Gas geben ist ihm ohnehin angeboren), aber es ist
absehbar, dass das auch einmal vorbei sein wird.
Die redaktionelle Arbeit ist wiederum an kaufmännische Interessen
gebunden, wobei dieses Interesse sowohl bei den Autoproduzenten und
-importeuren als auch bei den Medien liegt. Der Autohandel und die
Medien sind eng aneinander gebunden, denn ohne Medienverbreitung
würden die Autohäuser vermutlich auf dem Großteil ihrer Ware sitzen
bleibenund ohne die finanzielle Beteiligung der Autoimporteure an
den Medien würde das Medienland mehr einer Wüste mit einigen Kakteen
gleichen als einer Landschaft voll mit blühenden Feldern und
Hochgebirgen.
Die Fachzeitschriften im Autobereich spielen dabei eine wesentliche
Rolle. Sie berichten nicht nur, was sich zwischen Kühlergrill und
Hinterrädern im Auto verbirgt, sondern auch über die mühevolle Arbeit
dorthin von den wissenschaftlichen Labors über die technische
Aufbereitung und den Laufbändern, auf denen das Traumauto letztlich
zusammengebaut wird, über die Ausbildung der zahlreichen Experten,
die über die richtige Zusammenstellung wachen und, wenn es notwendig
ist, selbst Hand anlegen. Hier ist im Gegensatz zu lenken, Gas geben
und bremsen keine baldige Übernahme von selbstständigen Robotern im
Autobau zu erwarten und hoffentlich auch nicht von Robotern, welche
die redaktionelle Arbeit in den Redaktionen übernehmen.