Reagiert ein Fahrzeug derartig, entspricht es nicht den gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften und ist mangelhaft. Das Vorliegen eines Serienfehlers ändert daran nichts (OGH 4 Ob 198/15v, 30.03.2016).

Kauf eines Fiat Doblo mit fehlender Spursicherheit

Der Kläger kaufte am 11.7.2013 einen neuen Fiat Doblo Cargo 2, 135 PS, um 19.340 Euro. Nach einigen Fahrten bemerkte er erhöhte Seitenkräfte, als er plötzlich stark beschleunigte oder vom Gas ging. Bei normalen Fahrbedingungen sowie angepasster Fahrweise trat der Mangel nicht auf. Bei plötzlicher erheblicher Beschleunigung war ein Ziehen zur linken Fahrbahnseite spürbar. Bei plötzlicher Beendigung der Beschleunigungsphase war ein Ausweichen zur rechten Seite zu bemerken. Bei korrekter Lenkradhaltung mit beiden Händen war dies problemlos korrigierbar. Das Fahrverhalten ist eine Bauarteigenschaft von Fahrzeugen dieses Typs. Ohne konstruktive Veränderung kann es nicht geändert werden. Der Kläger fuhr bis Klagseinbringung 2.722 Kilometer.

Klage auf Rückabwicklung des Vertrages

Der Käufer klagte das Autohaus und begehrte Wandlung und Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen eines unbehebbaren groben Mangels und Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich Abgeltung für den Wertverlust von 354 Euro. Der Oberste Gerichtshof folgte seiner Argumentation und führt aus, dass ein Neuwagenkäufer Spursicherheit ohne das Auftreten deutlich spürbarer Seitenkräfte im Fall plötzlicher erheblicher Beschleunigung erwarten darf. Das Fahrzeug entspricht daher nicht den gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften und ist somit mangelhaft. Das Vorliegen eines Serienfehlers ändert daran nichts.

Unwesentlicher die Wandlung ausschließender Mangel

Im Zuge der Entscheidung beschäftigte sich der OGH mit der Frage des unwesentlichen Mangels iSd §932 Abs 4 ABGB. Liegt ein solcher vor, ist Wandlung ausgeschlossen. Für die entsprechende Prüfung sind der konkrete Vertrag und die Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Bisher wurden schon folgende Mängel als nicht geringfügigerachtet:

Spurverziehen bei ständig erforderlichen Lenkkorrekturen und Vibrationen des Armaturenbretts und Fahrsicherheitsbeeinträchtigung (7 Ob 194/05p);

außerhalb des normalen Ausmaßes liegende, vertikale Stoßbewegungen samt Fahrsicherheitsbeeinträchtigung (1 Ob 106/13i);

Flackern des Scheinwerferlichts, Hartwerden der hydropneumatischen Federung; Fahrzeug unzuverlässig und gefährlich (2 Ob 95/06v).

Ein Vibrieren und "Raunzgeräusche" des Schalthebels eines Neuwagens (1 Ob 14/05y) wurden mangels Beeinträchtigung der Fahrsicherheit hingegen als geringfügiger Mangel beurteilt.

Wandlung berechtigt: Verkehrssicherheit beeinträchtigt

Im gegenständlichen Fall ist eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit gegeben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch ein vorschriftsmäßig fahrender Lenker situationsbedingt (z. B. Notbremsung oder maximale Beschleunigung) nicht beide Hände am Lenkrad hat und durch das Spurabweichen des Fahrzeugs einen Verkehrsunfall erleidet. Zudem können Dritte, die das Fahrzeug benützen und den Mangel nicht kennen, vom abweichenden Fahrverhalten überrascht werden. Das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit wiegt schwerer als finanzielle Interessen, sodass die Interessenabwägung zugunsten des Klägersausschlägt und der Wandlungsanspruch zu Recht besteht.