Das Ende der Partnerschaft zwischen dem BMW-Motorradhändler Felbauer
in Bernstein und dem Importeur lässt in der Branche die Wogen
hochgehen.
Im Jahr 2003 hatte Karl Felbauer die Idee, seinen sicheren Job nach
30 Jahren bei BMW Wien gegen eine vielversprechende Chance als
selbstständiger BMW-Partner einzutauschen. Günther Krug,
traditionsreicher Motorradhändler in Bernstein, suchte einen
Nachfolger: Mit Martin Ulreich als Werkmeister und der finanziellen
Unterstützung seiner Lebenspartnerin Dr. Sylvia Linc übernahm er die
Gesellschaftsanteile der Krug GesmbH&Co KG. Ein Schritt, den er 10
Jahre später bitter bereuen sollte und der sein Vertrauen in eine
BMW-Handschlagqualität tief erschütterte.
2013änderten sich die Eigenkapitalbestimmungen der BAWAG PSK-Bank.
Diese hatte den Unternehmenskauf finanziert und stellte völlig
unerwartet die noch aushaftende Kreditsumme auf einmal fällig. Linc,
selbst im Bankgeschäft tätig, zog die Notbremse und beantragte im
November 2013 ein Sanierungsverfahren. Im Einvernehmen mit BMW wurde
der gesamte Geschäftsbetrieb unverändert weitergeführt. Am 28. April
2014 wurde der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt -und vier
Wochen später der Händlervertrag aus heiterem Himmel gekündigt.
Keine Vorführ-und Schauraumfahrzeuge mehr
"Selbstverständlich sichern wir Ihnen in der Auslauffrist des
Händlervertrages bis zum 31.5.2015 unserseits die uneingeschränkte
Zusammenarbeit zu", wurde Felbauer im Kündigungsschreiben von BMW
getröstet. Eine Zusage, die von Friedrich Reichl, Leiter der
BMW-Motorradsparte, im persönlichen Gespräch ausdrücklich bestätigt
wurde. Doch die Praxis sah völlig anders aus.
Von der angekündigten Gleichbehandlung war keine Rede mehr. Jedes
bestellte Motorrad musste im Voraus bar bezahlt werden, bevor BMW
eine Lieferung veranlasste. Es gab keine Vorführ-und
Schauraumfahrzeuge mehr, womit die Kunden die Motorräder nicht mehr
vor Ort testen konnten. Mangels Vorführfahrzeugen konnteFelbauer
auch an keinen Kunden-Vorführtagen teilnehmen, was den Verlust des
daran gekoppelten Qualitätsbonus zur Folge hatte. Ein Bonus, den BMW
2013 im Gegenzug zu der im selben Jahr für alle Modelle diktierten
Spannensenkung um 2 Prozent eingeführt hatte.
Darüber hinaus wurde bereits in der Sanierungsphase für sämtliche
Ersatzteile Vorauskassa vorgeschrieben. "Dies bedeutete Wartezeiten
bis zu drei Wochen, was für die Kunden natürlich unzumutbar war." So
sah sich Felbauer gezwungen, die erforderlichen Teile bei
befreundeten Händlern zu bestellen.Statt der ihm zustehenden
Händlerspanne von 35 Prozent musste er sich mit 15 Prozent begnügen,
die ihm seine Händlerkollegen einräumten.
Gesprächs-, aber keine Entscheidungsbefugnis
Linc erkannte klar die Folgen einer derartigen Ungleichbehandlung:
Durch die damit verbundenen Umsatzeinbußen wird die Erfüllung des
Händlervertrages bis zum Ende der Kündigungsfrist aus
wirtschaftlicher Sicht untragbar sein. Sie pilgerte am 17.10.2014 mit
ihrem Partner nach Salzburg, um BMW eine vorzeitige Beendigung der
Zusammenarbeit vorzuschlagen. Ihre Gesprächspartner Reichl und Ing.
Armin Wick zeigten sich aufgeschlossen.
Es wurde vereinbart, dass der Vertrag bereits vier Monate vorher am
31.1.2015 beendet werden soll. BMW kauft das Ersatzteillager zurück
und zahlt das für die Teilebelieferung erforderliche Depot aus. Der
dem Händler bei einer Herstellerkündigung zustehende
Ausgleichsanspruch sollte durch die einvernehmliche Vertragsauflösung
nicht beeinträchtigt werden. "Schließlich hat Reichl noch erklärt,
bis Ende November 2014 einen konkreten schriftlichen Vorschlag zur
Abwicklung des Vertragsendes zu schicken", erinnert sich Linc an das
amikale Ende dieser Besprechung. Was Linc damals nicht wusste: Reichl
hatte als "Leiter Motorrad" zwar Gesprächs-,aber keine
Entscheidungsbefugnis. In Vertrauen auf seine Zusagen wurden bei derKrug KG die erforderlichen Weichen gestellt. So hatte sich Felbauer
entschlossen, nach zehn Jahren "Selbstständigkeit" wieder als
Angestellter zu werken. Und Linc hat die ihr gehörige Werkstatt an
den treuen Werkmeister Ulreich verkauft. Am 31.12.2014 hatte dieser
die Krug-Kunden informiert: "Leider musste mein Chef Herr Karl
Felbauer nach Forderungen des Herstellers den BMW Vertrag zurücklegen
und er wird leider ab 01.01.2015 nicht mehr bei uns sein. Ich werde
nun ab 01.02.2015 die Werkstatt als freie Werkstatt weiterführen."
Plötzlich war alles anders, als vereinbart
Statt der bis spätestens Ende November zugesagten schriftlichen
Bestätigung der Vereinbarung vom 17.10.2014 trudelte am 29. Jänner -
zwei Tage vor dem vereinbarten Vertragsende -ein offizieller
BMW-Vorschlag ein. "Der hatte mit unserer Vereinbarung nichts zu tun,
dem konnten wir nicht zustimmen", verweist Linc auf das
handschriftliche Protokoll, das sie während der Verhandlung im
Oktober geführt hatte. BMW stellte sich nun plötzlich auf den
Standpunkt, dass die Krug KG mit dem vorzeitigen Ausstieg den
Händlervertrag verletzt habe. Damit stehe ihr auch kein
Ausgleichsanspruch zu. Man sei lediglich zu einer nicht näher
aufgeschlüsselten Abschlagszahlung von 55.541,42 Euro bereit. Wobei
damals bereits Bonusansprüche in der Höhe von 57.973,42 Euro
ausständig waren. Ausschlaggebend für diesen Stimmungsumschwung war
offensichtlich die Tatsache, dass sich der treue BMW-Knecht Felbauer
entschlossenhatte, nunmehr die Geschäftsleitung bei Harley-Davidson
in St. Pölten zu übernehmen.
Gerichtsverfahren und Diskussionen
So fand die Zusammenarbeit ein höchst unrühmliches Ende. Von BMW
wurden sämtliche -mündlichen -Zusagen bestritten. Rechtsanwalt Dr.
Martin Brenner musste die BMW Austria GmbH auf 138.514,29 Euro
klagen; sein Kollege Dr. Hans Kulka die BMW Bank auf ein der Krug KG
zustehendes Guthaben von rund 40.000 Euro. Zur Vermeidung endloser
Gerichtsverfahren war die Klägerin bereit, beide Verfahren durch
Vergleiche zu beenden. BMW ist nun um einen motivierten Händler
ärmer. Und Linc ist um die Erfahrung reicher, dass sich Kfz-Händler
nicht auf eine faire Behandlung durch den Hersteller verlassen
sollten.
Als die in unserem Verlag wöchentlich erscheinende "AUTO-Information"
über den Fall berichtete, gingen die Wogen hoch: Josef Schirak,
Einzelhandelssprecher im Bundesgremium des Kfz-Handels, meldete sich
ebenso zu Wort wie Günther Kerle, Vorsitzender des Arbeitskreises der
Automobilimporteure (siehe Faksimile). Ein Ende derDiskussion war
bei Redaktionsschluss nicht in Sicht.