A&W: Trotz vielfältiger Bemühungen hat die Autobranche in der Öffentlichkeit einen schweren Stand.
Günther Kerle: Der politische und mediale Umgang mit dem Auto hat sich in den vergangenen eineinhalb bis zwei Jahren massiv verschlechtert. Zweifellos war der Autofahrer schon immer die Melkkuh der Nation, zweifellos diskutieren wir schon lange über gewisse Umweltaspekte - doch es ist relativ neu,dass sich Politiker als regelrechte Gegner des Individualverkehrs positionieren. Wenn der Verkehrssprecher der stärksten Wiener Landtagspartei sagt, die Leute sollten Autos kaufen, aber nicht damit fahren, dann ist er offensichtlich der falsche Mann in dieser Position. Wenn die stellvertretende Salzburger Landeshauptfrau sagt, dass Neufahrzeuge mehr Stickoxide ausstoßen als ältere Autos, dann ist das nachweislich falsch. Solche Aussagen werden und müssen wir richtigstellen.
Was kann der Importeursarbeitskreis unternehmen, um die Wahrnehmung der individuellen Mobilität zu verbessern?
Kerle: Wir müssen immer wieder aufzeigen, wie wichtig der Individualverkehr und die Automobilwirtschaft sind. Dazu gehören viele Mosaiksteine wie beispielsweise unsere jüngste Pressekonferenz zur Innovationskraft der heimischen Autoindustrie. Meiner Meinung nach haben wir es gar nicht schwer, die Bevölkerung zu überzeugen. Wir müssen aber auch die politischen Verantwortlichen überzeugen
zum Beispiel davon, dass dieÜberarbeitung der Normverbrauchszyklen nicht zu einer Erhöhung der Einnahmen aus der NoVA missbraucht wird.
Kerle: Wenn die Berechnungsformel der NoVA nicht angepasst wird, wäre das für den Finanzminister eine plötzliche Einnahmenerhöhung um geschätzte 15 bis 20 Prozent. Bezahlen müsste das der Autofahrer, was für uns natürlich nicht hinnehmbar ist. Hier führen wir bereits erste Gespräche mit dem Finanzministerium.
Andererseits wird aktuell eine bundesweite Prämie für die Anschaffung von Elektrofahrzeugen durch Privatpersonen diskutiert.
Kerle: Wir schlagen einähnliches Modell wie in Deutschland vor, wo Elektroautos mit 4.000 Euro und Plug-in-Hybride mit 3.000 Euro gefördert werden. Derzeit läuft eine interne Diskussion darüber, ob es sinnvoll ist, sich als Branche zu beteiligen. Seitens des Umweltministeriums gibt es zumindest eine starke Gesprächsbereitschaft. Das ist mehr, als es früher gegeben hat.
Wie schätzen Sie den diesjährigen Automarkt ein?
Kerle: Das bisherige prozentuelle Wachstum war vor allem darauf zurückzuführen, dass die Vergleichsmonate des Vorjahres schwach waren, während es im 2. Halbjahr 2015 deutlich höhere Verkäufe gab. Angesichts dessen gehe ich davon aus, dass der Pkw-Markt heuer neuerlich bei 308.000 oder 309.000 Neuzulassungen liegen wird.
Auch die Eigenanmeldungen dürften ein mindestens ebenso hohes Niveau wie 2015 erreichen - eine brisante Entwicklung, denn bei der Vermarktung von Kurzzulassungen bleibt weniger Geld über als beim klassischen Neuwagenvertrieb.
Kerle: Für den Importeur ja. Für den Händler überhaupt nicht. Ein Händler meldet ein Auto ja nicht aus Jux und Tollerei an, sondern nur deshalb, weil er vom Importeur entsprechende Stützungen erhält. Daher verdient er üblicherweise bei einer Kurzzulassung mehr als bei einem Neuwagen. Es kann also keine Rede davon sein, dass die Händler unter Kurzzulassungen leiden würden.
Bleiben wir beim Fahrzeughandel: Dessen Vertreter erwarten sich von Ihnen klare Worte, wenn es beispielsweise um die Wirtschaftlichkeit von Standards oder um den Mehrmarkenvertrieb geht.
Kerle: Wir sind jederzeit zum Gespräch bereit, doch wir können kein Schiedsrichter zwischen Händler und Importeur sein. Wer glaubt, dass wir einem Hersteller irgendwelche Vorschläge machen können, weil vielleicht die Ertragschancen zu gering oder die Investitionsauflagen zu hoch sind, der irrt sich. Wir sprechen hier von europaweiten Vorgaben, an denen kein Land links oder rechts vorbeikommt.
Dennoch - laut den Stimmen aus den Handelsorganisationen liegt in der alltäglichen Zusammenarbeit vieles im Argen.
Kerle: Die Hassliebe mancher Händler zu ihren Importeuren ist auf das zweifellos vorhandene Abhängigkeitsverhältnis zurückzuführen. Grundsätzlich ist ein Importeur aber daran interessiert, in seinem Marktgebiet möglichst viele Autos zu verkaufen. Deshalb wird er seinen Händlern keine Prügel zwischen die Beine werfen. Angst vor einer Kündigung muss nur der haben, der schlecht arbeitet -schließlich wird der Chef eines Autohauses auch nicht seine besten Mechaniker kündigen.
Sollten markenspezifische Diskussionen zwischen den jeweiligen Importeuren und ihren Händlerverbänden geführt werden?
Kerle: Dagegen ist nichts einzuwenden, zumal die meisten Marken ja ohnehin schon einen Händlerverband haben. Grundsätzlich sprechen wir aber von ganz normalen betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen. Wenn beispielsweise ein Hersteller seine Mindeststandards erhöht, dann muss sich der betroffene Händler die Frage stellen, ob er die Investitionen wieder zurückverdienen kann oder nicht. So einfach ist es eigentlich.
Die kompetente Argumentation
Wachsende Öl-Komplexität hilft den Profis. Im Kundengespräch braucht es dafür Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Beratung.