Jeder Bereich, der profitable Verkäufe verspricht, wird beackert: Das
zeigte sich in Genf, wo aber auch viel Massenware und alternative
Angebote zu sehen waren.
Es war der erste große Autosalon seit dem Bekanntwerden des
VW-Skandals: Und auch wenn es nicht jeder zugab -die Sache mit den
Malversationen beim größten europäischen Autohersteller war das
beherrschende Thema in Genf.
Dass das Interesse an Autos ungebrochen groß ist, zeigte sich auch
bei den Besucherzahlen: 687.000 Menschen kamen, um 0,7 Prozent mehr
als 2015. Jeder 100. reiste übrigens aus Österreich an. Wir haben in
Genf wieder Dutzende Branchenvertreter aus Österreich getroffen und
mit zahlreichen internationalen Managern gesprochen.
Borgward: geringe Investitionen für Händler
Bei der Vorstellung der neuen Crossover BX5 und BX6 TS kündigte
Thomas Anliker, neuer Europa-Vertriebsvorstand bei Borgward, an, die
Marke wolle die Investitionen der Händler, damit diese Rendite
erzielen könnten, knapp halten: Die Frage laute, ob jeder Händler
einen Schauraum brauche. Anliker sprach von Paketen für Verkaufs-und
Servicepartner, Borgward selbst könnte die Brand Centers
(Informations-und Tech-Center) betreiben. Der Verkauf des in China
bereits in Serie gebauten 7-sitzigen SUV BX7 soll in Europa Ende
2017/Anfang 2018 beginnen.
Daimler will G weiterhin in Graz fertigen
Es sei momentan kein Ende der G-Produktion in Graz abzusehen, erklärt
Ola Källenius, Vertriebsvorstand bei Daimler: Jedoch gebe es keine
Pläne, in Graz zusätzliche Fahrzeuge fertigen zu lassen. Es sei
weiterhin das Ziel von Mercedes, bis 2020 der führende Anbieter im
Premiumsegment zu sein: "Allerdings soll unsere Wachstumsstrategie
weiterhin profitabel sein,das ist das Wichtigste." Mit zum Wachstum
beitragen soll eine Ausweitung der Produktpalette.
"Wir dürfen das nicht vermasseln"
Eigentlich hätte Fiat Chrysler Automobiles in der bis 2018 reichenden
Strategie mehr Verkäufe im derzeit kriselnden Südamerika und
niedrigere Stückzahlen im Boom-Markt USA vorhergesehen: "Solange sich
die Dinge weiterhin in die aktuelle Richtung entwickeln, selbst wenn
es dabei Unterschiede von Region zu Region gibt, werden wir aber
unsere Gesamtziele erreichen", sagt CEO Sergio Marchionne. Allerdings
hat das starke US-Geschäft Auswirkungen auf die Modellpläne:
Priorität haben aktuell SUVs und Pick-ups, während sich das immer
wieder versprochene internationale Comeback der Marke Alfa Romeo
verzögert. Zumindest die Giulia werde aber wie angekündigt
eingeführt, verspricht Marchionne und unterstreicht die Bedeutung
dieses Modells: "Wenn die Giulia am Markt und auf der Rennstrecke
nicht die bestmögliche Leistung bringt, die in diesem Segment
erzielbar ist, dann haben wir unsere Zeit verschwendet. Wenn wir das
vermasseln, können wir genauso gut zusammenpacken und nach Hause
gehen."
Fiat setzt auf Cabrio und Kompakte
Der 124 Spider mit Komponenten und italienischem Design von Fiat
stehe für die emotionale und die Tipo-Baureihe für die funktionale
Seite der Marke: Die im C-Segment positionierten Tipo-Modelle, die es
als Stufen-,Schrägheck und als Kombi geben wird, brechen mit der
Preisschlager-Strategie und "Fähigkeiten statt Schnickschnack" die
Regeln des Markts und sollen pragmatische Kunden überzeugen, betonte
der auch für Europa zuständige Fiat-Markenchef Luca Napolitano.
Ford will Profitabilität weiter erhöhen
2015 haben Marktanteils-und Volumenzuwachs, vor allem aber der Mix
der Verkäufe geholfen, die Gewinnzone zu erreichen, sagt Roelant de
Waard, Vorstand Marketing, Verkauf und Service von Ford Europa. Mit
höher positionierten neuen Modelle wolle man im wachsenden Markt die
Profitabilität weiter verbessern; in der zweiten Jahreshälfte
erscheinen die neuen SUVs Edge und Kuga sowie der aufgefrischte
Ranger.
Infiniti startet Marketing-Offensive
Mit dem Ziel, die 215.250 Fahrzeuge des Vorjahres zu steigern,
startet Infiniti in das Jahr 2016. Für Vorstand Francois Bancon
stehen aber nicht unmittelbar die Verkaufsziele im Mittelpunkt: "Mit
den vorhandenen Fahrzeugen können wir sehr zufrieden sein, das
Portfolio stimmt. Aber noch zu wenige Menschen wissen, wofür die
Marke Infiniti steht." Mit einer neuen Marketing-Offensive soll dies
gelingen.
Jaguar Land Rover setzt sich neue Ziele
Durch die neuen Produkte wie den Jaguar F-Pace werde man heuer
möglicherweise erstmals mehr als 600.000 Einheiten absetzen können,
erklärt Andy Goss, Vertriebsdirektor bei Jaguar Land Rover: Das neue
Werk in der Slowakei könnte in zwei bis zweieinhalb Jahren seine
Produktion aufnehmen. In Graz werde man schon 2017 "mit einer
signifikanten Produktion für denWeltmarkt" starten. Details dazu
wollte Goss vorerst nicht verraten.
Kia setzt auf mehr Kunden im Flottenbereich
Mit dem im Laufe des Jahres erscheinenden Optima wolle Kia Segmente
im Flottenbereich eröffnen, die bis jetzt nicht bedient hätten werden
können, und "das attraktive Portfolio vergrößern", sagt Europachef
Michael Cole. Wenn sich dadurch das Verhältnis zwischen Privatmarkt
und Flottenbereich von derzeit 60 :40 dann auf 55 :45 verschiebt,
sieht er darin auch kein Problem, solange das Gesamtvolumen weiter
wächst. Denn Kia will auch im 7. Jahr in Folge eine Steigerung
erzielen und damit dem langfristigen Ziel von 500.000 Fahrzeugen im
Jahr näher kommen.
Opel will mit mehr SUVs weiter wachsen
"Dass wir uns trauen, ein Auto wie den GTüberhaupt hierher zu
stellen, zeigt, dass es uns gut geht", sagt Karl-Thomas Neumann,
Vorstandschef von Opel: Nun müsse man durchrechnen, ob man diesen
Sportwagen auch zu einem wirtschaftlichen Preis bauen könne. Neumann
ist optimistisch, dass der Wachstumskurs weiter fortgesetzt werden
kann. Dazu beitragen soll unter anderem der Ampera-e, der 2017 auf
den Markt kommt und mehr als 300 Kilometer Reichweite haben wird. Da
sowohl der nächste Meriva als auch der Zafira als
Cross-Utility-Vehicle geplant sind, wird die Präsenz im SUV-Sektor
verstärkt. Außerdem kommt auf Basis des neuen Insignia ein großes SUV
auf den Markt.
"Nachhaltig und profitabel"
"Wir sind nicht nur im Bezug auf Stückzahlen und Marktanteile
gewachsen, sondern auch im Bewusstsein der Menschen", zeigt sich
Trevor Mann, Chief Performance Officer von Nissan, mit der
Entwicklung in Europa besonders zufrieden. Wichtig ist ihm, in dieser
Region die Position als stärkste asiatische Marke zu behaupten -aber
"nachhaltig und profitabel", anstatt sich allzu sehr auf einen von
Mietwagen und Kurzzulassungen geprägten Wettbewerb einzulassen.
Erträge im Fokus
"Stückzahlen haben bei uns immer die zweite Priorität. An erster
Stelle stehen die Margen", betont Maxime Picat, CEO von Peugeot. Dass
diese Strategie aufgeht, beweist der 2015 vollzogene Turnaround des
jahrelang in den roten Zahlen steckenden PSA-Konzerns. Doch auch in
Zukunft wollen sich die Franzosen ganz bewusst auf 26
Fahrzeugmodelle, darunter 12 mit der Marke Peugeot am Kühlergrill,
beschränken: "Diese Modelle werden den 12 profitabelsten Segmenten am
Markt entsprechen", so Picat.
Hybridkompetenz als Erfolgsfaktor
Trotz des massiven Marktrückgangs in Russland und den angrenzenden
Märkten konnte Toyota seine europäischen Verkaufszahlen 2015 beinahe
behaupten: "Wir haben zwar rund 80.000 Stück im Osten verloren, aber
dafür 65.000 im Westen dazugewonnen", berichtet Karl Schlicht,
Executive Vice President von Toyota Motor Europe. Einen wesentlichen
Beitrag dazu leistet die Hybridkompetenz der Japaner: Bereits 24
Prozent der in Europa verkauften Autos von Toyota und Lexus haben
einen Hybridantrieb -Tendenz weiter steigend.
Volvo erneuert nun die kleineren Baureihen
Es sei ein wichtiger Meilenstein gewesen, dass man im Vorjahr zum
ersten Mal die Marke von einer halben Million Fahrzeugenüberschritten habe, sagt Hakan Samuelsson, CEO von Volvo: Nach der
90er-Baureihe, die noch vor Jahresende durch einen V90 Cross Country
ergänzt werde, arbeite man nun mit großem Elan an der Erneuerung der
60er-und der 40er-Baureihe. So wolle man mittelfristig die Zahl von
800.000 Fahrzeugen erreichen: "Noch wichtiger ist aber eine
anständige Profitabilität, wie es einem Premiumhersteller zusteht."
3 Fragen an Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender von Daimler
Bis 2020 will Daimler der größte Premium-Hersteller sein. Warum ist
dieses Ziel so wichtig?
Schlussendlich entscheidet der Kunde mit seiner Unterschrift unter
dem Kaufvertrag, wer die besten Autos baut. Für uns muss es ganz
einfach das Ziel sein, diesbezüglich die Nummer 1 zu sein. Übrigens
haben wir in den letzten 3 Jahren nicht nur signifikantes
Stückzahlwachstum gesehen, auch unsere Nettotransaktionspreise sind
gestiegen.
Setzen Sie künftig auf Elektromotor oder Brennstoffzelle?
Wir werden weiterhin in die Brennstoffzellentechnologie investieren
und in absehbarer Zukunft eine kleinere Serienproduktion starten.
Allerdings ist der Vorsprung der Brennstoffzelle gegenüber
batterieelektrischen Fahrzeugen bei der Reichweite und der Ladezeit
deutlich kleiner geworden.
Wie schnell wird das autonome Fahren Realität werden?
Ich denke, dass wir gegen Ende dieses Jahrzehnts die ersten mehr oder
minder voll autonomen Fahrzeuge sehen werden. Die neue E-Klasse ist
davon gar nicht mehr allzu weit entfernt: Schließlich werden
Serienmodelle schon jetzt in Nevada im voll autonomen Einsatz
getestet.
Daimler-Vorstandsvorsitzender Dr. Dieter Zetsche
3 Fragen an Carlos Ghosn, CEO und Chairman von Renault Nissan
Wie schätzen Sie den weltweiten Automarkt ein?
Wir erwarten ein moderates Wachstum irgendwo zwischen 1 und 2
Prozent. Signifikantes Wachstum wird es in China und Indien geben,
aber auch in Europa, das sichüberraschend gut entwickelt.
Wie kommt Ihre E-Auto-Strategie voran?
Ein wichtiger Meilenstein wird der Verkauf von 100.000
Elektrofahrzeugen pro Jahr sein. Das ist ein Ziel, von dem wir nicht
mehr weit entfernt sind. 2006 haben wir trotz weitverbreiteter
Skepsis die Entwicklung von Elektroautos gestartet, heute verkaufen
wir weltweit mehr als 50 Prozent dieser Fahrzeuge.
Wie beurteilen Sie die langfristige Zukunft des Verkehrsmittels Auto?
Durch Automatisierung, Vernetzung und Null-Emissionen wird das Auto
noch unverzichtbarer werden. Der Einsatzbereich des Autos wird in
Zukunft weitüber den Transport hinausgehen - ganz genau so, wie es
beim Telefon der Fall gewesen ist.
Carlos Ghosn leitet die Renault-Nissan-Allianz
3 Fragen an Dietmar Voggenreiter, Verkaufs-und Marketingvorstand von
Audi
Wie lange geht die Modelloffensive weiter?
Bis 2020 gehen wir in Richtung 60 Modelle, derzeit sind es 51. Dann
sehen wir weiter.
Merken Sie Auswirkungen der Dieselprobleme?
In Europa sehen wir keine Kaufzurückhaltung. In den USA werden wir
das in Ordnung bringen, weil die Leute die Reichweite und
Spritzigkeit lieben.
Was kommt auf die Händler zu?
Zum Beispiel virtuelle Datenbrillen, mit denen Kunden ein ganz neues
Erlebnis beim Autokauf haben und Assistenzsysteme besser erklärbar
sind.
Dietmar Voggenreiter, Audi