Wenn ein deutscher Autofahrer einen Blechschaden meldet, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er von seiner Versicherung an eine "Partnerwerkstätte" verwiesen wird. Diesen Betrieben werden von den schadenssteuernden Dienstleistern zusätzliche Umsätze versprochen, wenn sie im Gegensatz bei den Arbeitskosten Abstriche machen. Die Kluft zwischen den gewährten Stundensätzen und dentatsächlichen Kosten wird jedoch immer größer, wie eine Studie des "Bundesverbands der Partnerwerkstätten" (BVdP) zeigt: Während 2009 noch 28 Prozent der Mitglieder mit ihrer Arbeitsleistung Geld verdienen konnten, sind es mittlerweile nicht einmal halb so viele.

Alarmierende Erkenntnisse

"Die Lage ist dramatisch", meint Verbandsgeschäftsführer Robert Paintinger. Einen Überschuss könnten Partnerwerkstätten heute nur noch dank der Ersatzteilund Materialmargen erwirtschaften: "Die Situation der Betriebe ist an einem Punkt angekommen, an dem die weitere Leistungs-und Investitionsfähigkeit ernsthaft bedroht sind." Beim BVdP hofft man daher, eine "substanzielle Verbesserung" der Stundenverrechnungssätze herbeiführen zu können. Doch es könnte auch noch schlimmer kommen: Es scheint keineswegs ausgeschlossen, dass sich die Schadenssteuerer zukünftig sogar ein Stück der Teilemargen abschneiden wollen.

Selbstständigkeit in Gefahr

Auch inÖsterreich wagen immer mehr Versicherer erste Gehversuche in Sachen Schadenssteuerung. Gegenüber der Fachöffentlichkeit spielt man dabei die angestrebte Kostenreduktion herunter, um stattdessen den "Komfortgewinn" für den Kunden zu betonen. Das Resultat ist das gleiche, warnt Komm.-Rat FriedrichNagl, Bundesinnungsmeister der Kfz-Techniker: "Die von den Versicherungen geforderten Zugeständnisse stehen häufig in keinem Verhältnis zum versprochenen Mehrgeschäft." Die unternehmerische Selbstständigkeit sei ein zu hohes Gut, um sie wegen trügerischer Hoffnungen aufs Spiel zu setzen.

Die wirtschaftlichen Risiken der Schadenssteuerung seien zweifellos groß, meint auch Erik Papinski, Bundesinnungsmeister der Karosseriebauer: "Als freier Unternehmer muss aber jeder Betriebsinhaber selbst entscheiden, ob er sich an einem derartigen Konzept beteiligt." Papinski weist zudem darauf hin, dass die Schadenssteuerung auch die Qualität der Reparaturen beeinträchtigen könne: "In Deutschland gibt es bereits Fälle, in denen Fahrzeuge mit besonderen Werkstoffen oder Reparaturanforderungen in Werkstätten gesteuert wurden, die gar nicht das nötige Spezialwerkzeug besitzen."

Unternehmerische Verantwortung gefordert

In einem sind sich die Interessenvertreter einig: Schon aufgrund der Topographie sind Schadenssteuerungskonzepte inÖsterreich viel schwieriger umzusetzen als in Deutschland. Hinzu kommt, dass die marktführenden Versicherungen derartige Vorstöße bisher weitgehend ihren kleineren Wettbewerbern überlassen. Von deutschen Verhältnissen kann hierzulande daher noch nicht die Rede sein: Es wird nicht zuletzt an der Eigenverantwortung der Werkstattinhaber liegen, dass es dabei bleibt.