Gegen solche Argumente scheint man machtlos, immerhin wird man aberdoch nachdenken dürfen. Um das Ergebnis des Nachdenkens vorwegzunehmen: Schön langsam nimmt die Sache Dimensionen an, wo man sich Gegenmaßnahmen überlegen sollte. Die salbungsvollen Worte der Politik können die wahre Absicht nicht mehr verbergen.

Fast 5 Millionen Geschwindigkeitsübertretungen werden pro Jahr geahndet. Verglichen mit dem Pkw-Bestand von etwa 4,65 Mio. und der Tatsache, dass diese Fahrzeugart der Hauptsponsor staatlicher Bedürftigkeit ist, lässt sich der einfache Rückschluss ziehen: Jeden trifft es einmal jährlich. Nachdem den Gemeinden auch wieder die Möglichkeit eröffnet wurde, unter bestimmten Voraussetzungen eigene Messungen durchzuführen, darf mit einer gesunden Weiterentwicklung dieses Wirtschaftszweiges gerechnet werden.

Das ganze wäre nicht der Diskussion wert, wenn die Handhabung so erfolgen würde, dass an tatsächlich kritischen Punkten Risikopatienten einer kräftigen Behandlung unterzogen würden. Leider weiß man gar nicht mehr wirklich, wo die kritischen Punkte sind. Eine Umstellung des Unfallerhebungssystems vom althergebrachten Zählblatt auf direkte Computereingabe hat für die Jahre 2012 und 2013 die Feststellung der Unfallörtlichkeit nahezu unmöglich gemacht. Von der Erhebung von Unfällen mit nur Sachschaden ganz zu schweigen, die gibt es kaum noch. So kommt es halt, dass bei schönem Wetter die Laserkanonen ausgepackt und auf einem gemütlichen Platzerl auf uns geschossen wird. Noch einfacher geht es natürlich mit vollautomatischen Radarsystemen, von denen auch 80 Prozent der Wirtschaftsleistung erbracht werden. Dass die Kabinen oft noch an Punkten stehen, wo schon längst eine straßenbauliche Sanierung stattgefunden hat, ist unerheblich.

Im Inkassosystem an 2. Stelle steht die Parkraumbewirtschaftung. In Wien wurde als eine der ersten Handlungen unserer neuen Stadträtin die Truppe der Hilfssheriffs für Kurzparkzonen mit weiteren polizeilichen Kompetenzen zur kompletten Überwachung des gesamten ruhenden Verkehrs ausgestattet. Somit kümmern sich mehr als 300 Fachkräfte um uns, wenn wir statt der freien 15 Minuten einmal 17 Minuten benötigen oder eine Markierungslinie des Parkplatzes überragen. Die Wirtschaftsleistung dieses mittelständischen Unternehmens kann mit 1,2 Mio. Anzeigen gegen Kurzparkbestimmungen und weiteren 350.000 gegen StVO-Bestimmungen beziffert werden.

Kräftigen Applaus verdient ein Teilbereich der Überwachung, der sich dank technischer Ausrüstung zu unser aller Wohl entwickelt hat, die Alkoholkontrolle. Mithilfe der einfachen Vortestgeräte konnten 1,75 Mio. Überprüfungen absolviert werden. Wenn es 3-mal so viel wäre, wäre es auch nicht zu viel, aber immerhin hat sich hier Positives getan!

Echtüberfordert ist die Exekutive im Bereich der technischen Kontrollen, es grenzt an ein Wunder, wie hier 150.000 Anzeigen im Schwerverkehrsbereich zustande gebracht werden. Ähnliche Größenordnungen erreichen die Delikte fahren ohne Gurt und telefonieren, was sich aber relativ leicht auch aus Fahrzeugen heraus feststellen lässt. Im Bereich technischer Kontrollen bei Pkws tut sich kaum etwas, jeder kann sich bei Dunkelheit davon überzeugen, welche Zahl an Einäugigen unterwegs ist. Die Zahl von 6.000 Kindersitzvergehen entspricht sicher nicht dem Risiko, welches damit verbunden ist. Damit ist wieder einmal der Beweis erbracht, wie wenig die Exekutive noch zu Fuß auf unseren Straßen unterwegs ist.

Das System der Verkehrsstrafen und der daraus abgeleiteten erzieherischen Wirkung muss stark infrage gestellt werden. Wer aber soll den Politikern die Schieflage zur Kenntnis bringen? Die Kraftfahrerclubs scheinen mir nicht in der Lage, mehr als einen leichten Seufzer bei 10 Cent Benzinpreisanhebung von sich zu geben. Angesichts einer Anonymverfügung und den Unannehmlichkeiten eines Einspruchs sinkt auch die private Initiative, zu der man in fraglichen Fällen nur ermuntern kann.