Gerhard Wolf (51) ist keiner, der schwierige Aufgaben scheut. Sonst
hätte sich der seit 29 Jahren in Castrol-Diensten befindliche Manager
nicht auf die Leitung der Österreich-Niederlassung eingelassen.
Über den Verkaufsinnendienst rasch in verschiedene Führungspositionen
hineingewachsen, hat Wolf nun bei Castrol Austria das Zepter in
Wiener Neudorf ganz in die Hand genommen -und die Abfüllfabrik auch
gleich dazu.
Als Verkaufsleiter Großhandel und Kfz-Ketten kennt er seine Kunden
aus allen Betrachtungswinkeln und bringt zudem auch noch jede Menge
Erfahrung im Osteuropageschäft in seine Führungsarbeit mit ein. Auch
die Schweizer Marktverhältnisse sind dem Wiener vertraut.
Den Job schafft er in stoischer Ruhe und vermittelt sowohl im
Innen-als auch im Außenverhältnis seinen Gesprächspartnern positive
Gelassenheit, wird Wolf nachgesagt. Ob der Stratege Dkfm. Otto
Flurer, der umtriebige Gustav Trubatsch oder der Strukturreformer
Ing. Peter Spatzierer -seinen Vorgängern ist er als Ruhepol in
hektischen Zeiten in Erinnerung.
Trubatsch, begnadeter Netzwerker und immer noch enthusiastischer
Verfechter der Castrol-Interessen imösterreichischen Kfz-Markt, hat
wohl die treffendste Charakterbezeichnung für Wolf parat:
"Defensivkünstler!" Soll heißen, der Familienmensch agiert
unauffällig, um im rechten Augenblick mit Erfolgen auffällig zu sein
-am liebsten in Teamarbeit.
Seine Kunden wie beispielsweise Günter Klein vom gleichnamigen
Kfz-Teilehandelsunternehmen in Grödig schwärmen von seiner
geradlinigen Geschäftstätigkeit: "Ein grader Michl, bereit zu helfen,
wo es Sinn macht, und er hat den Blick für das Wesentliche." Ebenso
sieht das das Management von der Autozubehörkette Forstinger. ChefKlaus Müllner attestiert ihm das richtige Gespür für gegenseitig
erfolgreiche Geschäfte. Und: "Der ruft auch an, wenn gerade keine
Verhandlungen anstehen."
Vom Kompromiss geleitet
Dabei hat sich inzwischen viel in der Kfz-Szenerie verändert. Der
Mutterkonzern BP spürt die Wirtschaftskrise und verteilt seine
Schmerzen auf die Länder, was sich wiederum auf die
Marketingaktivitäten auswirkt. Die einstige Renditeperle Motoröl
leidet unter Wettbewerbsdruck und rückläufigem Marktvolumen. Bislang
hat Wolf das Glück, auf eine langjährig im Markt verfestigte
Vertriebsmannschaft zurückgreifen zu können, was immer weniger die
Wertschätzung des Eigentümers findet und Spatzierer letztendlich nach
27 Jahren Firmenzugehörigkeit den Job gekostet hat. Nun muss Wolf
geschickt zwischen den von Sparsamkeit geleiteten Konzern-undKundeninteressen seine Marktführerposition verteidigen. Der
erbarmungslose Wettbewerb tut sein Übriges und einstige Firstfill-und
Produktinnovationsvorteile werden von vielen Premiumanbietern
egalisiert. So musste noch sein Vorgänger miterleben, wie BMW zu
Shell wechselte und nur die Bindung derCastrol-Kundendienstbetreuer
mildert den Marktverlust.
Wie auch immer das Interessengeflecht international und national
aussieht, Wolf muss Castrol durch schwierige Zeiten führen. Seine
Marktbegleiter sehen in ihm in der jetzigen Konsolidierungsphase den
richtigen Mann. Wolf sei in alle Richtungen ein kompromissfähiger
Stratege, sagen sie. (LUS)