Manche können es gar nicht mehr hören, für andere ist es noch immer komplettes Neuland. Die Rede ist vom Reifendruckkontrollsystem (RDKS), das zur Wintersaison die Reifenbetriebe beschäftigen wird. Christian Thaller, Geschäftsführer von Alcar Heringrad, setzt sich seit zwei Jahren sehr intensiv damitauseinander und hat für seine Kunde eine umfangreiche und professionelle Lösung geschaffen. "Unser Wissensstand liegt bei zirka 50 Prozent und wir lernen ständig dazu", räumt selbst Thaller als einer der kompetentesten RDKS-Kenner ein. Dieses Lernen wird auch die Reifenspezialisten in den nächsten Jahren beschäftigen. Das Interesse ist groß, wie der Besuch beim VRÖ-Informationsnachmittag in der Nationalbibliothek bewiesen hat.

Langsamer Start

Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer des BRV (Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V) gibt vorläufig Entwarnung: "Die Anzahl der betroffenen Fahrzeuge wird zunächst relativ gering sein. Es bleibt also genügend Reaktionsspielraum." Auch wenn diesen Winter noch wenige Autos mit RDKSin die Betriebe kommen werden, sollten diese vorbereitet sein. Neben dem technischen Knowhow müssen die Mitarbeiter auch rhetorisch geschult sein. RDKS wurde eingeführt, weil laut einschlägiger Untersuchungen 35 Prozent aller Fahrzeuge europaweit Luftunterdruck aufweisen. Das hat Auswirkungen auf Verkehrssicherheit und Umwelt. Selbst bei geringen Abweichungen treten spürbar unsicherere Fahreigenschaften, stark reduzierte Spurtreue und eine deutliche Verlängerung des Bremsweges auf. Drechsler: "Reifenunterdruck ist in 80 Prozent der Fälle die Ursache für Reifenpannen." Gleichzeitig steigt der Treibstoffverbrauch bei 0,6 bar zu geringem Luftdruck um 4 Prozent. Die Argumentation beim Kunden, der gerade aufgrund der RDKS-Sensoren einen deutlichen Mehrpreis beim Winterreifenwechsel zu zahlen hat, ist daher sehr wichtig.

RDKS-Kosten amortisieren sich rasch

Drechsler berechnet die Kosten mit zirka 250 Euro einmalig für einen Satz Sensoren sowie 45 Euro für die zusätzliche Dienstleistung pro Jahr. Die Kraftstoffeinsparung von zirka 40 Litern ergibt eine Einsparung von 64 Euro pro Jahr. Die erhöhte Laufleistung der Reifen bis zu 45 Prozent bringt eine Ersparnis von 63 Euro pro Jahr. "Bei einer jährlichen, durchschnittlichen Kilometerlaufleistung des Fahrzeuges von 14.210 km amortisieren sich die Mehrkosten bereits nach 3 Jahren", rechnet Drechsler vor.

Direktes vs. indirektes System

Beim indirekten System ist es natürlich einfacher, hier entstehen keine Mehrkosten. Drechsler: "Der Gesetzgeber schreibt definitiv nicht vor, welches RDKS-System zu verwenden ist." Für den deutschen Markt kalkuliert der BRV mit 35 Prozent indirekten Systemen am Gesamtmarkt. Berechnet wird das über den Marktanteil der Marken VW,Audi, Skoda, Seat und Renault, die einen Großteil ihrer Fahrzeuge mit dem indirekten RDKS ausstatten.

Achtung bei Mangel

Entscheidend ist, dass eine Deaktivierung des RDKS/TPMS unzulässig ist. Bei der §-57a-Überprüfung wird ein nicht funktionierendes RDKS (sofern in diesem Fahrzeug gesetzlich vorgeschrieben) momentan als leichter Mangel eingestuft.

Rechtsanwalt Dr. Norbert Gugerbauer warnt vor Deaktivierung, selbst auf ausdrücklichen Kundenwunsch. Gugerbauer: "Bei Schaden oder Unfall kann trotzdem die Werkstätte haften."

Datenbank ist wichtig

Zur unterschiedlichen Technik von RDKS-Sensoren hat RÄDER&Wirtschaft in der Ausgabe 7+8/2014 bereits berichtet. Der BRV misst der Datenbank eine zentrale Rolle bei. "Da die Autohersteller ihre Fahrzeuge gerade mit RDKS ausstatten, werden die Datenbanken erst befüllt." Dementsprechende Lücken sind in der Anfangsphase noch zu erwarten.

Geänderter Ablauf im Betrieb

Vor dem Reifenwechsel ist eine Eingangskontrolle entscheidend, bei der vor Ort festgestellt wird, ob und mit welchem System das Fahrzeug ausgestattet ist. Der Ablauf beim Reifenwechseländert sich komplett. Drechsler: "Bei Fahrzeugen mit RDKS wird sich der Aufenthalt auf der Hebebühne erhöhen bis verdoppeln." Wichtig ist zudem eine Ausgangskontrolle auf Funktionstüchtigkeit des Systems. Die vom BRV berechneten Arbeitszeiten sind für die Anfangsphase unrealistisch, die Betriebe werden zu Beginn deutlich länger brauchen. Bei den Kosten für die Sensoren rechnet Drechsler mit einer deutlichen Preissenkung in den nächsten Jahren.

Alcar-Lösung

Eine sehr umfassende Lösung zum Thema RDKS bietet Alcar Heringrad, in erster Linie natürlich für die eigenen Alu-und Stahlräder, aber insgesamt als professionelle Datenbank für alle Lösungen.

Thaller: "Rad, Sensor, Werkzeug, Programmiertool und Anlerninfos -bei uns erhalten Sie alles aus einer Hand." Der Alcar Webshop beinhaltet alle Komponenten wie Rad, Verschraubung, Reifen und Sensor sowie deren Zuordnung. Thaller: "Im Alcar Webshop bekommt der Kunde die Anzeige und Bestellmöglichkeit von Rad und Zubehörkit, RDKS-Sensor und Servicekit sowie der Anlerninfo mittels VT56. Eine einheitliche Lösung kann auch Alcar nicht anbieten, zumindest hat man bei Alcar für alles eine Lösung. 70 Prozent der Fahrzeuge werden mit dem konfigurierbaren Alcar T-Pro Sensor abgedeckt. Für 8 bis 10 Typen sind Single One-to-One Sensoren notwendig.

Haftung bei Unfällen

Aufgerüttelt wurde das VRÖ-Auditorium von Michael Immlers Vortrag zu Reifenschäden. Die Fehler und damit verbundenen Beschädigungen beim Montieren werden oft unterschätzt. Bei dadurch bedingten, schweren Unfällen wird der Reifenbetrieb zur Verantwortung gezogen. Als Sachverständiger hat Immler oftmit solchen Fällen zu tun und verrät: "Der Reifen erzählt Ihnen alles."

Mystery Shopping und Mobilitätsgarantie

Ausführliche Informationen zu den VRÖ-Projekten "Mystery Shopping"(Harald Pitters) und Mobilitätsgarantie (Michael Eckl, Assist) erhalten Sie direkt beim VRÖ.