Österreich ist bekanntermaßen ein Land voller Beamter. Trotzdem ist es für die meisten verwunderlich, dass auch tausende Mitarbeiter in Kfz-Betrieben zu dieser Spezies zählen. Zumindest, sobald die eine §-57a-Begutachtung vornehmen. Da werden sie vom Gesetz mit Ministerialräten, Polizisten undFinanzbeamten auf eine Stufe gestellt. Diese "Beamten-Fiktion" bescherte schon manchem ahnungslosen Kfz-Techniker eine Vorstrafe wegen "Missbrauch der Amtsgewalt". Dem hat der OGH (17Os3/14s; 17Os12/13p) nun einen Riegel vorgeschoben.
In manchen Bundesländern arten die der Verkehrssicherheit dienenden behördlichen Werkstättenüberprüfungen in Schikanen aus. Der immer umfangreichere Mängelkatalog macht"s möglich. Da gibt es dann die immer wiederkehrende Diskussion, ob ein später entdeckter Mangel bei der früheren Überprüfung leicht, nichtganz leicht oder doch eher schwer zu erkennen gewesen wäre.
Was ist 15.000 Kilometer später noch erkennbar?
Das entscheiden dann beim Strafgericht im Auftrag der Staatsanwaltschaft Kfz-Sachverständige, die oft weder über eine entsprechende Werkstattpraxis noch über eine §-57a-Prüfberechtigung verfügen. Kfz-Meister Martin Arnold kann ein garstig Lied davon singen. Er geriet an Dr.techn. Josef Plank, seines Zeichens Platzhirsch unter den burgenländischen Kfz-Sachverständigen. Der steif und fest behauptete, Arnold hätte bei seiner §-57a-Überprüfung -fast zwei Jahre und 15.344 gefahrene Kilometer vor der Begutachtung durch Plank -leichte Rostmängel als "schwere Mängel" erkennen und qualifizieren müssen. Damit sei schon damals die Betriebs-und Verkehrssicherheit nicht gegeben gewesen (siehe A&W April 2012).
Viele Sachverständige hätten der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sich dies nach so langer Zeit nicht mehr mit ausreichender Sicherheit beurteilen lasse. Nicht so Plank, der mit seinem Gutachten Arnold eine Verurteilung bescherte, die ihn fast ruiniert hätte. Nur die vom Oberlandesgericht Wien gehegten Zweifel haben letztlich doch noch zu einem Freispruch geführt.
Die Gerichte wissen, dass die rechtliche Beurteilung des Unterschiedes zwischen einem leichten Mangel und einem schweren Mangel einer Gratwanderung gleicht. Das hat sich jetzt auch bei zwei Verfahren vor dem Landesgericht Feldkirch herausgestellt.
Als Ersten erwischte es Markus K.: Er hat am 25. November 2011 und am 24. Jänner 2012 je ein positives Prüfgutachten ausgestellt. Die Aufsichtsbehörde hatte ihn jedoch bereits mit einem "Revisionsbericht" im Visier. Mit Bescheid vom 18. Jänner 2012 wurde ihm deshalb die Prüfbefugnis entzogen. Ein amtlich mobilisierter Sachverständiger kam letztlich zu dem Ergebnis, dass bei den Fahrzeugen mehrere leichte Mängel vermerkt worden waren, zusätzlich ein schwerer Mangel repariert wurde, drei schwere Mängel jedoch "ignoriert" worden waren, obwohl diese "erkennbar" gewesen wären.
"Kleine Fehler" können passieren -und dann?
Der Akt landete daher wegen "Missbrauch der Amtsgewalt" beim Landesgericht Feldkirch. Strafdrohung: fünf Jahre. Der Beschuldigte hatte zugegeben, dass "kleinere Fehler passiert sein konnten". Er habe die vom Sachverständigen nachträglich gefundenen schweren Mängel "womöglich übersehen". Nach der Beurteilung des Sachverständigen hätte er diese jedoch "erkennen müssen". Nach der Einschätzung des Schöffengerichtes habe er daher den "Vorsatz" gehabt, den Staat in seinem Recht, nicht betriebssichere Fahrzeuge vom Verkehr auszuschließen, zu schädigen. Die "immanente Nachlässig-und Achtlosigkeit des Angeklagten" ergebe sich auch daraus, dass er trotz Behördenintervention "die beanstandete Begutachtungspraxis" fortgeführt habe.
Nicht besser ging es Arnold E.: Der hatte am 23. Dezember 2011 bei einer§-57a-Begutachtung einem Pkw Mängelfreiheit attestiert. Exakt drei Monate später hat eine andere Werkstätte bei einer Überprüfung zwei schwere Mängel konstatiert. Der von der Behörde damit befasste Schöffensenat kam zu dem Urteil, die zwei Mängel seien zwar nicht leicht, aber mit erhöhtemAufwand erkennbar gewesen.
Ein Tag vor Weihnachten ist eine hektische Zeit
Mildernd sei lediglich, dass E. der Fehler "einen Tag vor Weihnachten, in einer bekanntermaßen arbeitsmäßig recht hektischen Zeit" passiert sei. Damit sei der Staat, Fahrzeuglenker oder dritte Verkehrsteilnehmer "durch falsche, mangelhafte oder unzureichende Begutachtungen in seinem Recht auf Sicherheit geschädigt worden". Der Prüfer habe wissen müssen, "dass er durch die nicht ausreichend gewissenhafte Begutachtung gegen das einschlägige materielle, formelle Recht verstößt".
Beide Verurteilten wandten sich an den Obersten Gerichtshof. Der fand die Aufhebung der Schuldsprüche- in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur -als "unumgänglich" und schickte die Akten zur neuerlichen Urteilsfindung zurück an die erste Instanz. Warum?
Werden die Staatsanwälte nun zurückhaltender?
Voraussetzung für eine derartige Verurteilung ist eine "Wissentlichkeit des Befugnismissbrauches". Das wäre etwa der Fall, wenn trotz Erkennen eines schweren Mangels dennoch ein "Pickerl" ausgestellt wird. Oder bei untolerierbarer Missachtung von Verfahrensvorschriften, wenn also ein Fahrzeug gar nicht überprüft wird oder bei der §-57a-Überprüfung vom Prüfer die Prüfvorschriften ignoriert wurden (17Os16/13a). Wobei es auf die tatsächliche Verkehrssicherheit nicht ankommt (14Os120/06p). Unmissverständlich klar gestellt wurde nunmehr, dass eine "Fahrlässigkeit" bei der Überprüfung zu einer Verurteilung nicht ausreicht. Aus einem von einer anderen Werkstätte nachträglich aufgefundenen schweren Mangel lässt sich somit keineswegs die vom Gesetz und vom Obersten Gerichtshof geforderte "Wissentlichkeit" des Amtsmissbrauches ableiten. Diese Rechtsansicht wird auch von der Generalprokuratur vertreten. Es ist daher davon auszugehen, dass die zuständigen Staatsanwälte künftig bei Anklagen zurückhaltender sein werden. Und vorweg prüfen, ob sie es mit einer bloßen "Schlamperei" oder einem echten Amtsmissbrauch zu tun haben. Vielleicht werden sie von der im Vorjahr auch für Schöffenverfahren eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen, Strafverfahren durch "Diversion" - also mit einer Geldbuße ohne Verurteilung - zu beenden, womit den Betroffenen die mit einer Verurteilung verbundenen gewerberechtlichen -Folgen erspart bleiben.
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