Zahnärzte, Rechtsanwälte, Autowerkstätten: All diese Berufsgruppen haben mit latentem Misstrauen zu kämpfen, weil sie nur dann aufgesucht werden, wenn unvermeidliche Ausgaben anstehen. Hinzu kommt, dass der Durchschnittsverbraucher keinen Einblick in die Arbeit solcher Experten hat. Umso schlimmer ist es, wenn ein scheinbar objektiver Medienbericht die schlimmsten Vorahnungen bestätigt.

Schnell gefülltes Sommerloch

Anfang August ereilte dieses Schicksal das Kfz-Gewerbe: Die Debatte um das Binnen-I war bereits verebbt und Vizekanzler Spindelegger noch nicht zurückgetreten, sodass sich die sommerlochgeplagte Redaktion von "News" für eine zehnseitige Titelstory mit der verheißungsvollen Überschrift "So nimmt Sie Ihr Mechaniker aus" entschied. An den ersten 9 Seiten gab es wenig auszusetzen: Expertinnen von ÖAMTC und Arbeiterkammer wurden mit durchaus vernünftigen Aussagen zitiert, der Preisvergleich in 10 Betrieben ergab die zu erwartenden Unterschiede. Lediglich über die Notwendigkeit einer Reparatur sowie über ein (angeblich) nicht beauftragtes Klimaservice könnte man diskutieren -aber reicht das für eine aufregende Titelgeschichte? Sichernicht. Daher zauberte "News" einen "Insider" aus dem Hut, der unter dem Titel "Fast jeder wird über den Tisch gezogen" diverse Manipulationsmöglichkeiten erläuterte. Vom verdünnten Frostschutz bis zum billigen Nachbauteil: "Der Kunde ist der Lackierte", so das Fazit des Redakteurs.

Allgemeine Empörung

Die Reaktionen waren absehbar: "Unsere Branche darf nicht auf diese Art und Weise vorgeführt werden", empörte sich Komm.-Rat Burkhard Ernst, Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels. Ganz ähnlich äußerte sich Komm.-Rat Friedrich Nagl, Bundesinnungsmeister der Kfz-Techniker: "Von der niveaulosen Geste im Titelfoto über die reißerischen Formulierungen im Text bis zur haarsträubenden technischen Unkenntnis des vermeintlichen "Insiders" handelt es sich um eine Verleumdung der Branche , die mit der Realität überhaupt nichts zu tun hat."

"Reißerisch aufgemacht, schlecht bis überhaupt nicht recherchiert, unsachlich und somit branchen-und geschäftsschädigend ", war der Artikel für Einzelhandelssprecher Komm.-Rat Ing. Josef Schirak: "Nach 45-jähriger Interessenvertretertätigkeit bin ich es ja gewohnt, immer wieder mit unsachlichen,schlecht recherchierten und oftmals leider auch branchenschädlichen Journalistenbeiträgen konfrontiert zu sein. Diese Story stellt jedoch alles bisher Dagewesene in den Schatten!" Für den Arbeitskreis der Automobilimporteure brachten Obmann Dr. Felix Clary und Geschäftsführer Dr. Christian Pesau in einem Brief an die Redaktion "Verwunderung und großen Ärger" zum Ausdruck: "Eine derart tendenziöse einseitige Berichterstattung über eine Schlüsselbranche in Österreich ist einem Nachrichtenmagazin wie "News" unwürdig."

Routinierte Reaktion

Auf den regen Schriftverkehr folgte erst einmal -gar nichts. Erst drei Wochen später trafen die versammelten Standesvertreter mit der Chefredaktion von "News" zusammen, wo man derartige Vorsprachen diverser Interessen-und Gesellschaftsgruppen zweifellos schon gewohnt ist. Entsprechend routiniert wurde eine positivere Berichterstattung in einigen der Herbstausgaben in Aussichtgestellt, mit den Importeuren soll es eine weitere Gesprächsrunde geben. Und sonst?

Ernst war seinerseits vorgeprescht und hatte Kooperationen mit den Tageszeitungen "Österreich" und "Kurier" avisiert. Dort war man zwar bereit, die Inseratenpreise noch ein Stück weiter als üblich zu senken, aber ansonsten hielt sich das Interesse der Medienmacher in Grenzen -übrigens auch jenes der Importeure, die an der von Ernst ausgehandelten Kooperation in weit geringeremAusmaß teilnahmen als erhofft.

Gemeinsam statt gegeneinander

Was lernt die Branche aus dem sommerlichen PR-Fiasko? Gehört wird in den Medien nur, wer laut und klar verständlich spricht. Dazu muss das brancheninterne Stimmengewirr nach außen gebündelt und eine schlüssige (am besten mit einem Nutzen für die Allgemeinheit verbundene) Botschaft mit langfristiger Konsequenz transportiert werden. Das im vergangenenHerbst ins Leben gerufene "Forum Mobilität.Freiheit.Umwelt" war ein erster Ansatz in diese Richtung, kann aber ganz offensichtlich die Erwartungen nicht erfüllen.

Die Autobranche muss lernen, gemeinsam an dieÖffentlichkeit zu treten -unabhängig vom verständlichen Bestreben, mehr Autos zu verkaufen als der jeweils andere. Nur so kann sichergestellt werden, dass bei der nächsten "Aufdeckergeschichte" zumindest ein Branchenvertreter um eine Stellungnahme gebeten wird.

"News" hat sich darauf beschränkt, einen angeblichen Insider zu interviewen. Von diesem "Sebastian U. (33)" weiß man bis heute nicht, ob er dank aufwändiger Recherche entdeckt oder vielleicht doch nur gut erfunden wurde -wie es im Sommerloch zuweilen vorkommen soll.