In Peter Hülzers Grundsatzrede, in der er die Reifenbranche von allen Seiten betrachtet, mahnen Hardneben Softfacts Reifenindustrie, Reifenhandel und Dienstleister zu konzentrierter Arbeit, um sich der wirtschaftlichen Zukunft weiter bedienen zu können. Was Hülzer routiniert den deutschen Reifenspezialisten hineingesagt hat, gilt grundsätzlich auch für den österreichischen Reifenvermarktungskomplex. In Deutschland gingen 6,6 Millionen Pkw-Reifen "Sellout" gegenüber 2011 verloren, im kleinen Österreich verlustierten sich zwischen 1,0 und 1,4 Millionen Stück von "Handel an Verbraucher". Lediglichdas Nfz-Reifengeschäft lief etwas beschleunigter. Dennoch war sein Bericht eher von "Moll als von Dur" geprägt.

Angesichts dessen, dass die leeren Lager wieder etwas Nachschub erhielten, kommt das Geschäft heuer im 1. Halbjahr gefühlt besser rüber. Dafür erodieren weiter die Preise, ein für den Einzelhandel unerquickliches und andauerndes Erlebnis. Trotzdem und dazu der wachsende Internethandel haben Industrie und Reifenhandel keine Wahl, aufeinander zu verzichten. Womit klar ist, dass das Geschäftsmodell Reifenhandel eine Zukunft hat. Aber welche?

Ganzjahresreifen drängen in den Markt

Wer mitspielen kann in diesem oft so dissonanten Konzert, bleibt die spannende Frage. Diejenigen, die weiterhin verkaufen wie vor Jahrzehnten, werden ihre Niederlagen erleiden. Diejenigen, die ihre Vermarktungsanstrengungen in Beratung und nicht Preiskampf orientieren, werden auch mit den Feinheiten des Reifendruckkontrollsystems (RDKS) zu Rande kommen.

In klimatisch gemäßigteren Zonen wird -vermutlich ausgelöst durch den Kostendruck des Endverbrauchers -der Ganzjahresreifen Trend werden. Er ist wintertauglich und erspart zu den Saisonwechseln das Umstecken. Für Wenigfahrer, die aufgrund der rigiden Verkehrspolitik immer mehr werden, wird das zum Kaufargument.

Viele Hersteller reagieren bereits mit Angeboten bis in den Premiumbereich hinein. Was sie immer schon "leise" im Angebot führten, wird ab jetzt "laut" vermarktet. Der Handel sieht das mit gemischten Gefühlen, wird den Anbietern drohen, sich den Marktentwicklungen jedoch nicht entziehen können.

Österreichs Vertreter der Reifenindustrie und des Reifenhandels waren nahezu komplett nach Essen gereist, um sich umzusehen, Meinungen anzuhören und sich ihren eigenen Eindruck zu verschaffen. Mit gefletschten Zähnen -zum Lachen natürlich-trat man wieder die Heimreise an, um zu wissen, dass derSpielraum für den Markterfolg weiter eingeengt wird. Da nützt auch nicht eine "gefühlte" Verbesserung der Absatzlage im 1. Halbjahr 2014.

"Die Industrie hat es nicht geschafft, den Reifen des Jahres 2014 angemessen in seiner Bedeutung beim Konsumenten zu positionieren", hielt Hülzer der Branche den Spiegel vor: "Dem Fachhandel schon gar nicht, mit Beratungskompetenz dem Preiskampf einzudämmen." Am Ende der Prozesskette steht der Einzelhandel. Wenn der sich nicht zum innovativen Dienstleister wandeln kann, ist er auf dem falschen Weg.

Essen und Köln oder Frankfurt?

Vor diesem labilen Absatzszenario verkam die Ankündigung einer strategischen Partnerschaft von BRV mit "Tire Cologne", ab 2018 anstelle der aufgekündigten Kooperation mit "Reifen Essen" in Köln auszustellen, zur Nebensache. Bis 2018 ist es noch eine lange Zeit und 2016 läuft vertragsgemäß die letzte Auflage der "Reifen" in der Ruhrhauptstadt am Gruga-Park ab. Eine für Aussteller billige Idee ist dieser Kampf der Messeveranstalter nicht, ergo könnte am Ende die Automechanika in Frankfurt lachender Dritter sein, dort eine Reifenmesse von Weltgeltung abzuhalten.

Die Herausforderungen, das zeigte Essen, werden für die Reifenbranche allesamt nicht weniger