Es ist noch ein weiter Weg, bis sich die Elektromobilität durchsetzt.
Das musste jüngst ein Finanzberater aus Wien beim Kaufgespräch im
Autohaus erfahren. Im Nachhinein ist er froh darüber.
Jeder, der einmal mit einem Elektroauto gefahren ist,äußert sich
danach euphorisch: Zum Beispiel über die Stille an Bord (ja, da merkt
man erst, wie laut das Abrollgeräusch der Reifen und der Fahrtwind
eigentlich sind). Besonders lustig ist auch die Beschleunigung nach
dem Start, denn schließlich kann man das volle Drehmoment des
Elektromotors von der ersten Sekunde an nutzen. Was an Ampeln sehr
lustig sein kann, wenn ein Kleinwagen einem PS-starken Vehikel
zumindest auf den ersten Metern davonfährt.
Herr S. aus Wien (Name und Adresse der Redaktion bekannt) hat die
Berichteüber Elektroautos gelesen- und wusste: So eines will ich
haben. Außerdem ließ sich der Finanzberater aus ökologischen Gründen
leiten: Und nicht zuletzt wollte er in seinem Freundeskreis ein
Trendsetter sein.
Dann machte sich Herr S. ans Recherchieren, welches Modell das für
ihn geeignetste sein würde, und kam auf einen smart fortwo electric
drive. "Ein Auto, das Sie nicht ausbremst. Mit einer Reichweite von
145 km erreichen Sie mit einer einzigen Batterieladung nicht nur Ihre
täglichen Ziele, sondern haben auch für spontane Fahrten genügend
Energie an Bord", versprach die Homepage.
In 50 Minuten zu 80 Prozent geladen: aber wo?
Dann ging Herr S. zum Händler, in diesem Fall zu Wiesenthal in
Wien-Donaustadt: "Von wenn und aber liest man auf der Homepage
nichts." Dass er künftig das Autofahren besser planen müsse als
bisher, war für den Finanzberater in Ordnung: "Schlimmstenfalls lade
ich den Wagen mit Starkstrom in 50 Minuten wieder auf 80 Prozent
auf", dachte er sich. Doch dieser Plan ging nicht auf -weil Herr S.
auf Christoph Weber, Teamleiter im smart-Verkauf, traf: "Er hat meine
Erwartungen an die Reichweite deutlich korrigiert -mein Glück und
danke für Ihre Ehrlichkeit!", sagte Herr S. "100 Kilometer Reichweite
im Sommer und vielleicht 70 km bei Minusgraden im Winter bei normalem
Gebrauchsverhalten kommen der Realität schon näher." Was der
Finanzberater am Anfang nicht bedacht hatte, machte ihm der Verkäufer
klar: "Wer will schon im Winter bei Schneefall auf Heizung und
Scheibenwischer und bei Gluthitze im Sommer auf seine Klimaanlage
verzichten? Damit liegt im Winter die Reichweite aber nur mehr bei
der Hälfte der angegebenen 145 Kilometer!"
Reichweite schmilzt im Winter rasch
Ernüchtert suchte Herr S. Rat im Internet: "Reger Erfahrungsaustausch
zur Reichweite findet zum Beispiel im Forum goingelectric.de statt."
Dort wurden die Angaben des Verkäufers bestätigt: "Mit Licht,
Scheibenwischern und Heizung schmilzt die Reichweite auch bei
Plustemperaturen gleich auf 90 km." Freilich gebe es auch in solchen
Fällen Lösungen: "Zum Beispiel auf Autobahnen mit 80 km/h hinter
Bussen und Lkws im Windschatten fahren. Da spart man zusätzlich noch
Energie für die Lüftung ein -die in diesem Fall abgeschaltet werden
muss, um nicht an den Brummi-Abgasen zu ersticken."
Für Herrn S. war der Traum vom verantwortungsvollen, einzigen
Elektroautofahrer im Freundeskreis vorbei. "Ich will einfach nicht
alle Stromverbraucher abschalten, um ein paar extra Kilometer
rauszuholen. Das ist mir zu anstrengend, und Konsum darf einfach
nicht anstrengen, wenn er Erfolg haben will."
Letztlich wurde es dann doch noch ein smart
Übrigens: Herr Weber, der Verkäufer bei Wiesenthal, ließ nicht los:
"Beim smart ist es geblieben", sagt Herr S.:"Aber der stärkste
Benzinmotor mit 102 PS und 5,2 Litern Verbrauch auf 100 Kilometer."
Hoffentlich stimmt"s.