Was hat ein Markenhändler zu erwarten, wenn ihm vom Kfz-Importeur der
Vertrag gekündigt wird? Eine Lösung, die Kia in Deutschland getroffen
hat, könnte auch für Österreich und andere Marken Vorbild haben.
Es ist eine Frage, die immer wieder in langwierigen Prozessen mündet,
die beide Seiten Zeit, Geld und Nerven kosten. Doch das muss nicht
sein: Anlässlich einer "Strukturkündigung" des gesamten Netzes haben
sich Kia und der deutsche Kia-Händlerverband vor einiger Zeit auf
eine einvernehmliche Regelung geeinigt.
"Kia Motors Deutschland GmbH hat es sich zum Ziel gesetzt, jedwede
Auseinandersetzung dieser Art im Zusammenhang mit der Beendigung des
Händlervertrages zu vermeiden", lautete das Motto des Herstellers
-vor dem Hintergrund, den mit einer Strukturkündigung verbundenen
Frust der Partner in Grenzen zu halten. "Auch wenn wir Ihr
Unternehmen nicht als Zukunftspartner für den Handel mit
Kia-Neufahrzeugen bestimmen konnten, möchten wiruns bei Ihnen für
die bisherige Zusammenarbeit bedanken." Mit diesen Worten wurden
höflich jene Händler verabschiedet, die nicht in die Netzplanung
passten. Denen aber die Möglichkeit eingeräumt wurde, als
Kia-Vertragswerkstätte weiter zu werken.
Genaue Regelungüber Margen, Boni und Prämien
In einem "Angebot zur Abwicklung" wurde fixiert, wie die
Zusammenarbeit bis zum Vertragsende 31.05.2013 aussehen soll. Bis
dahin konnten die Gekündigten verbindliche Kundenaufträge
entgegennehmen, die auch nachvertraglich zu den bisherigen
Händlerkonditionen ausgeliefert wurden.
Bis dahin waren auch Bestellungen von Lager-und Vorführfahrzeugen
möglich. Jedoch nur, soweit diese nach den für das gesamte Netz
geltenden Fristen noch bis Vertragsende ausgeliefert werden konnten.
Den ausscheidenden Händlern wurde auch für das Rumpfgeschäftsjahr
2013 bei Margen, Boni und Prämien die völlige Gleichbehandlung mit
den im Netz verbleibenden Partnern zugesagt.
Voraussetzung dafür war allerdings, dass die Standards im 1. Quartal
2013 noch erfüllt werden. Ausgenommen war nur die Schulungspflicht
für Modelle, deren Einführung erst nach Vertragsende geplant war.
Die Demontage der Signalisation sollte binnen zwei Monaten ab
Vertragsende abgeschlossen sein -und auf Kosten von Kia erfolgen.
Kia verzichtete auf die Möglichkeit, die beim Händler zum
Vertragsende noch vorhandenen Lagerbestände zurückzukaufen. Der
Gekündigte hatte damit die Möglichkeit, Lagerfahrzeuge ohne Zeitdruck
abzusetzen.
Anderseits wurde dem Händler das Recht eingeräumt, neue, unbenutzte
und unbeschädigte Fahrzeuge an Kia zu retournieren - zum
Händlereinkaufspreis abzüglich Rabatte und Nachlässe.
Für Vorführwagen wurde dabei ein Abzug von 0,67 Prozent pro gefahrene
1.000 km vereinbart. Für Tageszulassungen und gefahrene Lagerwagen
reduzierte sich das noch um eine Eintragungspauschale von 150 Euro.
Eine detaillierte Auflistung der zu retournierenden Fahrzeuge hatte
dabei bis spätestens 14Tage vor Vertragsende zu erfolgen. Die Kosten
des Rücktransports wurden von Kia übernommen.
"Dieses Rückkaufangebot beseitigt Unklarheiten des Händlervertrages
zugunsten der Händler und eröffnet beiden Parteien, die Möglichkeit
eines Rückkaufs ohne Streit abzuwickeln", betonte Kia die Vorteile
einer einvernehmlichen Vertragsauflösung.
Das galt auch für den dem Händler zustehenden Ausgleichsanspruch.
Bezahlt wurde ein Festbetrag von 1.300 Euro zuzüglich USt. für jedes
im Durchschnitt der letzten drei vollen Kalenderjahre an Endkunden
verkaufte Neufahrzeug und Tageszulassungen.
Für jene Händler, die als Vertragswerkstätten im Netz blieben,
reduzierte sich dieser Festbetrag um 7,5 Prozent. Die detaillierte
Auflistung dieser Verkäufe musste bis drei Monate vor Vertragsende
eingereicht werden. Der sich nach Kia-Überprüfung daraus
resultierende Betrag sollte dann binnen zwei Monaten ab Vertragsende
zur Auszahlung gelangen. Gleichzeitig hatte der Händler die Erklärung
abzugeben, auf weitergehende Ausgleichsansprüche zu verzichten.
"Damit ersparen wir Ihnen und uns die aufwendigeÜberprüfung aller
Rechnungs-und Lieferunterlagen der letzten fünf Vertragsjahre." Mit
dieser Begründung konnte mit dieser Regelung -unter Verweis auf die
Rechtsprechung des BGH -einer der häufigsten Streitpunkte
einvernehmlich umschifft werden.
Gleichzeitig wurde auch die Bewerbung um neue Werkstattverträge
geregelt. "Sollte die Zusammenarbeit lückenlos fortgeführt werden,
besteht für Kia keine Notwendigkeit, Ersatzteile zurückzukaufen, da
der Partner die Bevorratungspflicht des neuen Vertrages erfüllen
muss." Damit wollte Kia eine Aufblähung des eigenen Teilelagers
vermeiden.
Sollte der Gekündigte dennoch auf einem Rückkauf bestehen,
verpflichtete sich Kia zur Rücknahme neuer, unbeschädigter und
original verpackter Ersatzteile. Außer wenn Kia den Nachweis
erbringt, dass der Lagerbestand "tw. nicht bedarfsgerecht ist und die
vertragliche Verpflichtung für Kundendienst und Teilevertrieb
überstiegen hat".
Für den Fall, dass es trotz dieser Vereinbarungen zu
Auseinandersetzungen kommt, wurde eine "Schlichtungsordnung"
vereinbart. Die Schlichtungsstelle bestand aus je einem Vertreter von
Kia und des Händlerverbandes und einem gemeinsam zu bestimmenden
Obmann. Dieser war mangels Einvernehmen vom Präsidenten der IHK in
Frankfurt zu ernennen.
Keine Strukturkündigung in Österreich
Die Kosten des Schlichtungsverfahrens - das binnen vier Wochen
abzuwickeln war - wurden für den Händler mit 1.000 Euro begrenzt. Für
darüber hinaus gehende Kosten sollte Kia aufkommen.
Sollte es zu keiner Einigung kommen, war die Schlichtungsstelle zu
einer schriftlichen Entscheidung verpflichtet. "Diese ist für beide
Parteien verbindlich. Der ordentliche Rechtsweg ist ausgeschlossen."
So untermauerten Kia und der Händlerverband ihre Überzeugung, mit dem
"Vorschlag zur Abwicklung" eine endgültige und faire Lösung gefunden
zu haben. Was man von ähnlichen Vorschlägen -man denke an GM und
Chevrolet -nicht behaupten kann. Übrigens: In Österreich wurden
stattdessen neue Verträge ausgeschickt, mit der "Anpassung" an die
neue GVO. Laut Brancheninformationen sei aber auch in Österreich
ursprünglich eine Strukturkündigung angekündigt gewesen, die Kia
offenbar nicht riskieren wollte.