Es war die 4,0-Liter-Version mit 170 PS, manuellem Schaltgetriebe und zuschaltbarem Allradantrieb, die verriet, wie sportlich ein echter Geländewagen sein konnte. Zwei Jahre später, da hatte ich dann schon den Führerschein, zeigte mich ein Manta-Fahrer bei der Polizei an, weil ich ihn beim Ampelstart in die Schranken gewiesen hatte. Er war völlig im Recht gewesen, ich dank aktivierter Untersetzung aber deutlich schneller.

Rückblickend stellt sich die Frage, wann wir es eigentlich akzeptiert haben, dass ein Jeep Diesel tankt, Ausflüge ins Gelände mit rauchender Kupplung spontan beendet oder einfach nur hässlich ist. Gedieselt wird immer noch und das sogar bei der großen Mehrheit der hierzulande verkauften Modelle,die anderen Kritikpunkte konnte Fiat als neue Konzernmutter jedoch beseitigen.

Der neue Cherokee, deräußerlich völlig eigene Wege geht und sich im Innenraum nur sehr zaghaft am großen Bruder anlehnt, ist so etwas wie ein Neuanfang. Da sind Designer gezwungen, Dinge zu realisieren, die vielleicht nicht jedem gefallen, einfach nur, um aus der Masse herauszustechen. Mit den ersten Pressebildern hat sich Jeep auch keinen Gefallen getan, Entwarnung gab es erst bei der offiziellen Vorstellung am Genfer Automobilsalon. Die richtige Farbe und im Idealfall die robuste Trailhawk-Ausstattung gewählt, sieht der Cherokee richtig gut aus. Die für echte Offroad-Einsätze konzipierte und mit einer nachoben gezogenen Frontpartie ausgestattete Version wirkt dabei deutlich leichter als die ebenfalls lieferbaren Longitude- und Limited-Versionen, die auch an der Front die Wagenfarbe mehr oder weniger dick auftragen. Passend für den Trailhawk auch die graue Lackierung, die durch allerlei Aufkleber zusätzlichen Charme versprüht, auch wenn "Warn" nur am Auto draufsteht aber nicht in Form einer Winde im Auto vertreten ist. Optisch gelungen auch das grobe Yokohama-Profil, das auf Schotter und Erde deutlich besser aufgehoben ist als auf der Straße.

Abhängig vom Einsatzzweck stehen für den neuen Cherokee 3 Motoren und ebenso viele Allradtechniken zur Wahl. Das bietet sonst keine Marke und gerade deswegen erscheint es auf den ersten Blick unverständlich, warum das Offroad-Topmodell ausschließlich mit dem 272 PS starken Benziner offeriert wird,würde sich doch auch der eine oder andere Diesel-Fahrer (140 bzw. 170 PS) darüber freuen. Dazu gibt es mit Ausnahme vom Einstiegsmodell immer das schon aus dem Range Rover Evoque bekannte Neungangautomatikgetriebe, das den Verbrauch ebenso spürbar reduziert wie das Temperament des Motors und auchhier vor lauter Gängen den richtigen erst mit Verzögerung einlegt. Bei 272 PS spielt das nur eine untergeordnete Rolle, die Dieselfahrer aber werden es dann und wann spüren.

Den Tipp von Jeep-Offroad-Frontmann Rudi Kroker im Kopf, ist der Sport-Modus jener, der den Charakter des Trailhawk am besten zur Geltung bringt. Begleitet von einem feinen Fauchen sprintet der Cherokee (auf Schotter mit ganz kurz durchdrehenden Vorderrädern) los, drückt seinen Fahrer dabei spürbar in die für europäische Verhältnisse immer noch recht weichen Ledersportsitze und legt dabei die Gänge ziemlich rustikal nach. Autobahntempo auf sehr losem Schotter macht da richtig Spaß, auch wenn sich Beppo Harrach eine komplette Deaktivierungder Elektronik auf seiner Haus-und Heimstrecke wünschen würde. Auf der anderen Seite muss man kein Rallye-Staatsmeister sein, um den Trailhawk richtig fliegen zu lassen.

Immer dann, wenn der Fotograf eine Auszeit fordert, damit sich die Staubentwicklung reduzieren kann, bietet sich die Chance, in die komplexe Welt der Anzeigen und Funktionen einzutauchen. Tasten auf und hinter dem Lenkrad, dazu der große Touchscreen und die vielen Untermenüs. Dieses Auto verlangt nach viel Zeit, um wirklich alle vorhandenen Ressourcen zu entdecken. Hinsichtlich des Raumklimas rangiert der Cherokee dabei auf einem für diese Klasse üblichen Niveau, während beim Innenraumdesign europäische, amerikanische und auch japanische Einflüsse auffallen, ohne dass dabei der Amerikaner im Cherokee die Oberhand verliert. Schnell feststellen lässt sich, dass alles, was sicherheitstechnisch relevant ist, den Weg an Bord geschafft hat.

Auf Klassenniveau auch das Raumangebot auf allen 5 Plätzen und der Kofferraum, der mindestens 591 Liter fasst. Bei umgeklappten Rücksitzen stehen 1.267 Liter zur Verfügung. Aufhorchen lässt der Cherokee beim Thema Anhängelast, für die die Amis sonst nicht so berühmt sind. 2,2 Tonnen sind beim Benziner möglich, fast dreihundert Kilogramm mehr beim starken Diesel.

Hinsichtlich der Geländekompetenz allen Mitbewerbern in diesem Segment überlegen, bedarf es einer gewissen Übung, um das Gebotene auch wirklich nutzen zu können. Von den 2 Tonnen Eigengewicht ist beim Kraxeln jedenfalls nichts zu bemerken. Gut auch die Böschungswinkel und die Bodenfreiheit mit echten 22 Zentimetern. Einzig der Auspuff wirkt nicht ausreichend geschützt, das Testprozedere hinterließ dennoch keine sichtbaren Spuren.

Nach ein paar Tagen Cherokee ist klar, dass Jeep die Idee, gegen die deutschen SUV-Modelle vom Schlage eines BMW X3 oder eines Audi Q5 antreten zu wollen, gleich wieder vergessen sollte. Nicht weil er schlechter, sondern weil er einfach anders ist. Er vereint einen Schuss Amerika mit frischem Design und erstaunlich hoher Geländetauglichkeit und macht im Alltag einfach sehr viel Spaß. Seine Mitbewerber sind daher eher bei den Briten und den Japanern zu suchen, wobei die Preisgestaltung gerade noch so in Ordnung geht.

Anfänglich die Frage gestellt, wann wir uns an Dieselmotoren in Jeep-Modellen gewöhnt haben, darf hier angeführt werden, dass der 3,2-Liter-Sechszylinder deutlich sparsamer ist, als man dies vielleicht erwarten würde. Im bewusst rauen Testalltag waren es gerade mal 12 Liter, mit etwas Vorsicht gefahren sogar knapp weniger als 11 Liter. Auch hier hat Jeep kräftig dazugelernt und liefert damit einen guten Grund, den Trailhawk zu nehmen. Mehr Jeep wird sich in dieser Klasse jedenfalls nicht finden lassen. (JMM)