WER AMG HEISST, DARF NEUERDINGS AUCH SCHON MAL KOMPAKT IM AUFTRITT
SEIN.
Gut, man könnte jetzt sagen, dass uns Mercedes-Benz vor rund 25
Jahren schon einmal ein rundum bespoilertes Einstiegsmodell vor die
Nase gehalten hat. Als Rechtfertigung dafür musste damals der
Rennsport herhalten, galt es doch, ein perfektes Basismodell für die
Rundstrecke im Programm zu haben. Aus dem 190 Evolution von damals
ist jetzt ein im Prinzip noch viel extremerer A45 AMG geworden, der
technisch in der Lage ist, den gesamten deutschen und erst recht den
japanischen Mitbewerb der Kompaktklasse in Grund und Boden zu fahren.
Schon am Papier wird klar, dass der kleine Benz genau in die Nische
stößt, die früher einmal von Mitsubishi und Subaru dominiert und
dazwischen von M, R, S und RS-Modellen bespielt wurde. 360 PS aus
zwei Liter Hubraum, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe und dazu
Allrad, das gab es zumindest in der Golf-Klasse (auf den R400 gilt es
noch zu warten) noch nie, eine A-Klasse mit (optionalem) Dachspoiler
auch nicht.
Es ist den Designern zu verdanken, dass es gelungen ist, aus einem
optisch erfreulichen Kompaktwagen ein Auto zu machen, das dank des
Zutuns von AMG schon am Stand wie ein eleganter Spitzensportler
wirkt. Angespannte Muskeln vom Frontspoiler bis in die Heckklappe,
dazu Bremsen, die hinsichtlich ihrer Größe wie ein billiger
Photoshop-Trick wirken und ein dezentes Dunkelgrau für die äußere
Hülle. WOW. Ähnlich der Innenraum, der sich optisch ans Auge schmiegt
wie die Hände ans Lenkrad. Kompromisse sind nirgends zu entdecken und
wenn doch, dann bestenfalls in den für die Rennstrecke zu sanftgeformten Sportsitzen. Im Alltag ist das natürlich kein Thema. Da
zählen die einfache Montage des Kindersitzes und der Kofferraum, der
mit etwas Übung auch große Kinderwagen schluckt, deutlich mehr. Im
Komfort-Modus fährt sich der A45 dann auch so, wie es sich für einen
noblen Kompakten gehört. Kraftvoll, aber nicht unruhig, kernig, aber
nicht laut und straff, aber nicht knallhart.
Wenn Frau und Kind aber mal nicht mit von der Partie, die Sporttaste
gedrückt und das ESP vollständig deaktiviert sind, dann ist die Zeit
gekommen, die schnellsten Kompakten in Grund und Boden zu fahren. Die
A-Klasse erledigt dies in einer derart ruhigen Art und Weise, dass
die Gefahr besteht, mit Tempo 200 plus die nasse Landstraße zu
verlassen, ohne schlussendlich zu wissen, warum das gerade passiert
ist.
Der kleine AMG ist ein Auto, an das es sich aber zuvor zu gewöhnen
gilt. Die ersten 100 schnellen Kilometer ist der Fahrer ständig damit
beschäftigt, den richtigen Gangwechsel im Manuell-Modus zu treffen
und ärgert sich gleichzeitig über den unnötigen Widerstand beim
scharfen Runterschalten. Auf den nächsten 100 Kilometern wird klar,
dass der Sport-Modus seinem manuellen Pendant überlegen ist und die
Bremsen die Fuhre stets im Griff haben, auch dann noch, wenn sie
bereits glühen. Nochmals 100 Kilometer später ist routinierten
Piloten klar, wie es gelingt, die als Frontantriebsmodell konzipierte
A-Klasse wie einen Allradler zu fahren und um denBezug zum realen
Tempo nicht zu verlieren, werden die Fenster einen Spalt geöffnet.
Wer bisher alles richtig gemacht hat, sollte spätestens jetzt an die
Tankstelle müssen, um anschließend eine möglichst lange Spielzeit auf
höchstem Niveau genießen zu können.
Jetzt erst, nach dreihundert Kilometernöffnet sich der A45 seinem
Nutzer, beschleunigt ihn genauso souverän, wie er ihn vor der
nächsten Kehre wieder einbremst, erlaubt dank des mehr als nur
gelungenen Fahrwerks unglaubliche Geschwindigkeiten an Stellen, die
dafür an sich denkbar ungeeignet sind und bietet dabei stets noch
ausreichend Reserven. Wichtig für all jene, die schon mal erlebt
haben, dass ihr Talent vielleicht doch einmal nicht ausreicht. Erst
im absoluten Grenzbereich zeigt sich das doch recht stattliche
Gewicht und wenn dann auch noch Schotter oder Schnee ins Spiel
kommen, werden die Schnellsten unter uns jene Transparenz vermissen,
die beispielsweise ein Mitsubishi EVO IX oder auch der leider nur
zweiradgetriebene Focus RS bieten.
Tags darauf, wenn sich bei aktivierter Launch Control vier
durchdrehende Räder in den klebrigen Asphalt beißen, während all die
anderen Verkehrsteilnehmer noch nicht einmal realisiert haben, dass
die Ampel längst Grün zeigt, kommt die Erinnerung an die letzte Nacht
und die vielen Stunden in der Kalten Kuchl wieder durch und während
die Parkplatzsuche schneller als mit jedem anderen AMG-Modell
abgeschlossen werden kann, wird endgültig klar, dass ein solches Auto
bisher gefehlt hat und bei allen Anbietern abseits von Mercedes-Benz
immer noch fehlt.
Mit ein paar Extras ausgestattet, steigt der Preis des A45 AMG zwar
recht rasch von ursprünglich knapp 60.000 auf runde 80.000 Euro, was
trotz der sehr hohen Materialqualität, des geringen Verbrauchs bei
normaler Fahrweise und der unglaublichen Vierjahres-Garantie immer
noch recht viel ist.
MERCEDES-BENZ A45 AMG
MOTOR Otto-Turbomotor
Zylinder: 4
Hubraum: 1.991 cm3
Leistung: 265/360 kW/PS
Drehmoment: 450 Nm bei 2.250-5.000 U
KRAFTÜBERTRAGUNG Siebengang-Doppelkupplungsgetr./permanenter
Allradantrieb
FAHRZEUGAUFBAU selbsttragende Karosserie/4 Türen/5 Sitzplätze
FAHRWERK (VORDER-/HINTERACHSE) VA Querlenker, HA Mehrlenker
BREMSEN Scheiben innenbelüftet
LENKUNG (ZAHNSTANGE) Zahnstange, servounterstützt
FELGEN/REIFEN 235/40 R18
ABMESSUNGEN; GEWICHTE
Länge/Breite/Höhe: 4.292/1.780/1.433 mm
Radstand: 2.699 mm
Kofferraumvolumen: 341-1.157 l
Leergewicht: 1.555 kg
zul. Gesamtgewicht: 2.050 kg
Anhängelast: keine
FAHRLEISTUNGEN
0-100 km/h: 4,6s
V-max: 250 km/h
VERBRAUCH
Stadt/Land/gesamt: 8,8/5,8/6,9 l
Testverbrauch: 9,4 l Benzin
CO2-AUSSTOSS 161 g/km
PREIS E: ab 54.740,-inkl. NoVA&MwSt.
Testwagenpreis E: 78.684,-inkl. aller Abgaben